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dpa

Presserat leitet Verfahren zu polizeikritischer „taz“-Kolumne ein

Für die Prüfung spielt die Ziffer 1 des Pressekodex eine Rolle, wonach die Wahrung der Menschenwürde oberstes Gebot der Presse ist.

Berlin (dpa) − Der Deutsche Presserat hat ein Verfahren gegen die Tageszeitung „taz“ wegen der umstrittenen Kolumne über die Polizei eingeleitet. Das teilte der Rat als freiwillige Selbstkontrolle der Presse der Deutschen Presse-Agentur mit. Grundlage für die Einleitung des Verfahrens am Mittwoch seien bis dahin 340 vorliegende Beschwerden gewesen. Damit ist nun auch klar, dass ein Beschwerdeausschuss des Rates über den Fall berät, voraussichtlich am 8. September.

 

Für die Prüfung spielt den Angaben zufolge unter anderem die Ziffer 1 des Pressekodex eine Rolle, wonach die Wahrung der Menschenwürde oberstes Gebot der Presse ist.

 

Die polizeikritische Kolumne erschien am Montag vor einer Woche in der „taz“. Darin ging es um ein Gedankenspiel, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde, der Kapitalismus aber nicht. Zum Schluss hieß es in dem Text der „taz“-Mitarbeiterin: „Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.»

 

Aus der Berufsgruppe und von Politikern kam danach harsche Kritik. Es folgten Strafanzeigen gegen die Autorin und Hunderte Beschwerden beim Presserat. Die „taz“-Chefredakteurin Barbara Junge äußerte ihr Bedauern.

 

Vor vier Tagen hatte auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in der „Bild“-Zeitung angekündigt, am Montag Anzeige zu erstatten, dies dann aber nicht getan und weitere Prüfungen angekündigt. Am Donnerstag teilte das Bundesinnenministerium mit, dass es nun doch keine Strafanzeige geben werde. Seehofer will stattdessen mit der „taz“-Chefredaktion über die umstrittene polizeikritische Kolumne sprechen und sich an den Presserat wenden. Die „taz“-Chefredakteurin hatte die angekündigte Anzeige als Angriff auf die Pressefreiheit gewertet − wie viele andere kritische Stimmen aus der Medienbranche auch.