Vermischtes
KNA

Presserat rügt vor allem Online-Berichte

Der Deutsche Presserat hat weitere sechs Rügen ausgesprochen. Darin geht es um Verstöße gegen den Persönlichkeitsschutz und die Sorgfaltspflicht. Allein drei Rügen entfallen auf Boulevardmedien des Springer-Verlags.

Berlin (KNA) – Der Deutsche Presserat hat bei seinen letzten Sitzungen 29 Beschwerden behandelt und insgesamt sechs öffentliche Rügen erteilt. Wie das Selbstkontrollgremium am 9. April in Berlin mitteilte, wurden ferner fünf Missbilligungen und sechs Hinweise ausgesprochen. Zwölf der Beschwerden wurden von den zuständigen Ausschüssen als unbegründet erachtet.

 

Die zu Axel Springer gehörende Boulevardzeitung B.Z. und ihre Online-Präsenz erhielten eine Rüge wegen eines Verstoßes gegen den Persönlichkeitsschutz nach Ziffer 8 sowie wegen unlauterer Recherchemethoden nach Ziffer 4 des Pressekodex. Unter der Überschrift „Bringt dieser Magistrats-Direktor die Hauptstadt-Zulage zu Fall?“ hatte die Zeitung das Foto eines Beamten veröffentlicht, der vor Gericht geklagt hatte. Der Kläger hatte der Redaktion vor dem Gerichtssaal mitgeteilt, dass er nicht mit Foto abgebildet werden will. Daraufhin fotografierte der Reporter ihn heimlich, die Zeitung veröffentlichte das Bild. Dies war unzulässig, da der Kläger keine Person des öffentlichen Lebens ist. In der Online-Version verpixelte die Redaktion das Foto später. Nach Richtlinie 4.3 des Pressekodex hätte sie das heimlich erstellte Material jedoch komplett sperren oder löschen müssen.

 

Bild.de wurde für einen Bericht unter der Überschrift „Der Killer hielt die Waffe ins Auto und drückte dreimal ab“ gerügt, bei dem eine identifizierbare Abbildung des Opfers erfolgte. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung des Fotos bestand nicht, eine Einwilligung der Hinterbliebenen lag ebenfalls nicht vor. Daher sei der Opferschutz nach Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex verletzt. Eine weitere Rüge erhielt Bild.de wegen eines schweren Verstoßes gegen die Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex. In dem Beitrag „Unser Strom ist so schmutzig wie seit fünf Jahren nicht“ würde suggeriert, Deutschlands Stromproduktion sei trotz der Förderung erneuerbarer Energien vor allem von der Kohle abhängig. Tatsächlich sei die Kohleverstromung im berichteten Zeitraum rückläufig gewesen, so der Presserat, der eine grobe Irreführung der Leserschaft konstatierte.

 

Der Presserat rügte auch den Focus.de-Beitrag „Rentner dreht durch und erschießt Umweltdemonstranten auf offener Straße“. Der Artikel beschäftigte sich mit einem Vorfall, bei dem ein Mann bei einer Demonstration in Panama zwei Menschen erschossen hatte. Beigestellt war dem Beitrag ein Foto, das den Augenblick der Tat zeigen soll. Nach Ansicht des Presserats verstieß die Veröffentlichung dieses Bildes grob gegen Ziffer 1 des Pressekodex, da es mit dem Ansehen der Presse nicht vereinbar ist, aus Sensationsinteresse den Moment zu zeigen, in dem ein Mensch getötet wird.

 

Der Fachdienst Behörden-Spiegel.de wurde für den Beitrag „Gefahr durch Elektroautos?“ gerügt. In diesem wurde zu einem Bericht über die Gefahr von Bränden bei Tesla-Autos ein Video gestellt, das gar kein Elektroauto, sondern einen Unfall eines mit Propangasflaschen beladenen Lastwagen in Russland zeigte. Der Beschwerdeausschuss sah hier einen besonders eklatanten Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht gemäß Ziffer 2 des Pressekodex.

 

Ebenfalls wegen Irreführung und eines Verstoßes gegen die Sorgfaltspflicht wurde die Mitgliederzeitschrift des Landesjagdverbandes NRW, der „Rheinisch-Westfälische Jäger“ gerügt. Hier wurde unter der Überschrift „Mann nach möglichem Wolfsangriff schwer verletzt“ über einen Vorfall in Brandenburg berichtet und dieser mit Abbildung eines aggressiven Wolfs illustriert, obwohl - wie später im Text ersichtlich – das zuständige Landesamt für Umwelt annahm, es habe sich nach den vorliegenden Erkenntnisse um einen Hundeangriff gehandelt. Zudem habe der Beitrag eine zu hohe Angabe über die Gesamtzahl der Wölfe beinhaltet und im Wesentlichen die Kritik der Jägerschaft wiedergegeben.

 

Der Deutsche Presserat ist das Selbstkontrollorgan der Deutschen Presse, ihrer Online-Angebote sowie weiterer Angebote in Netz, die erklärt haben, die Kriterien des Pressekodex einzuhalten. Seine Ausschüsse sind paritätisch mit Vertretern aus Verlagen und Journalistengewerkschaften besetzt, die den Presserat über einen Trägerverein auch finanzieren. Öffentliche Rügen müssen von der gerügten Publikation veröffentlicht werden, die weniger gewichtigen Missbilligungen und Hinweise dagegen nicht.