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Presseverband MVFP sieht wirtschaftlich vorsichtigen Optimismus – Sorge um Demokratie

Der Medienverband der Freien Presse zieht eine positive Vorjahresbilanz, fordert aber weiter effizientere Regulierung für KI und große Tech-Konzerne. Man sei im „Schmerzzentrum der Demokratie angekommen“, da in sozialen Medien Meinungsfreiheit immer mehr eingeengt werde.

Berlin (KNA) – Burda-Vorstand Philipp Welte hat bei der Jahrespressekonferenz des Medienverbands der Freien Presse (MVFP) eindringlich vor einer Bedrohung der demokratischen Freiheit gewarnt. "Wir sind im Schmerzzentrum der Demokratie angekommen - ihr Lebenselixier ist in Gefahr, nämlich die Freiheit", sagte Welte, der Vorstandsvorsitzender des aus dem Zeitschriftenverlegerverband VDZ hervorgegangenen MVFP ist.

 

Er beklagte eine „Einengung der Meinungsfreiheit in den sozialen Massenmedien“. Wenn in aktuellen Studien immer mehr Menschen erklärten, sie würden sich im Internet seltener, weniger offen und bewusst vorsichtiger äußern, sei das ein „Alarmsignal für die Demokratie“.

 

Umso wichtiger werde der Auftrag an die Verlage, hier ein „wertegebundenes Gegenstück zu bieten“. Dazu brauche es eine marktgebundene, freie Verlagswirtschaft mit gerechten und einklagbaren Rahmenbedingungen, so Welte. Daher fordere der MVFP eine Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Presseprodukte, der aktuell bei sieben Prozent liegt. Dies könne die Bundesregierung auch ohne Zustimmung der EU beschließen.

 

Steigende Digitalumsätze

Die deutsche Presse habe die Herausforderungen der Digitalisierung früh und erfolgreich angenommen, fügte Welte hinzu. In keinem anderen Land sei das journalistische Nachrichtenangebot im Netz so stark durch Verlage geprägt. Die digitalen Umsätze lägen im Schnitt aktuell bei 40 Prozent, bei Fachmedien sogar bei 60 Prozent.

 

Im Geschäftsjahr 2023 hat sich nach MVFP-Angaben der Gesamtumsatz der Zeitschriftenpresse über alle Gattungen auf Vorjahresniveau gehalten. Die Publikumszeitschriften, Fachpresse und konfessionelle Presse setzten unter Einbeziehung sonstiger Geschäftsfelder rund 19,3 Milliarden Euro um, dabei sei das digitale Werbegeschäft um 3 Prozent, Erlöse aus dem Digitalvertrieb um 8 Prozent und der Bereich Paid Content um 10 Prozent gewachsen. Dem gegenüber stand ein Umsatzrückgang von 9 Prozent bei den Print-Anzeigen, die Umsätze aus dem Vertrieb gedruckter Zeitschriften gingen nochmals um 4 Prozent zurück. Stark gewachsen sind auch die sonstigen Erlöse. Hier erwirtschafteten die Verlage 2023 rund 5,1 Milliarden Euro mit E-Commerce, Vergleichsportalen und Online-Rubriken-Märkte. Zu diesem Bereich zählen auch Bildungsangebote sowie das Geschäftsfeld Veranstaltungen, das insbesondere für die Fachpresse immer wichtiger werde, so der MVFP.

 

Die Digitalisierung habe aber auch zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen geführt, die es erschwerten, weiter hochwertigen Journalismus zu finanzieren. Große Tech-Konzerne verfolgten ausschließlich eigene Interessen – und dazu gehöre nicht unbedingt klassischer Journalismus. Nach neuen Prognosen würden 10 der insgesamt für 2024 erwarteten 26 Milliarden Euro im deutschen Werbemarkt an die fünf großen US-Konzerne fließen – „und die großen chinesischen Unternehmen kommen jetzt noch dazu“.

 

„Nicht die Digitalisierung selbst ist gefährlich, sondern die realen Machtverhältnisse im digitalen Raum“, ergänzte Welte. Das werde durch KI nochmals verschärft, die "heimlich, still und leise unsere kreativen Inhalte" abgreife: „Hier wird es ohne sinnvolle Regulierung nicht gehen, und das schaffen nur noch die Politik und Brüssel.“ Doch die Regierenden seien weit davon entfernt, diese Probleme zu lösen. Ohne eine Eindämmung der Marktmacht der Großkonzerne sei aber die „Zukunft des Journalismus der Verlage in Deutschland keine Selbstverständlichkeit mehr“.

 

KI-Nutzung steigt weiter

Das heiße aber nicht, dass die im Verband zusammengeschlossenen Verlage den Einsatz von KI ablehnten, so der MVFP. KI habe sich vielmehr innerhalb kürzester Zeit „als Transformationsbeschleuniger, Innovationstreiber und anerkanntes Arbeitsmittel“ in zahlreichen Medienhäusern erwiesen. Ein Einsatzschwerpunkt von KI-Anwendungen sei nach einer aktuellen MVFP-Trendumfrage die Bearbeitung von Texten für digitale Angebote, die 44 Prozent der Verlage bereits nutzten und 42 Prozent planten. Bei der Textbearbeitung für Print-Angebote lägen die Werte für KI-Anwendungen bei 30 Prozent Nutzung und 37 Prozent in Planung. Bei der Illustrierung seien ebenfalls KI-Anwendungen verbreitet: Während bei den Digital-Angeboten diese bereits von 33 Prozent genutzt und von weiteren 28 Prozent geplant würden, sind es bei den Print-Angeboten 23 Prozent beziehungsweise 28 Prozent.

 

Für das laufende Geschäftsjahr 2024 zeige die MVFP-Trendumfrage, dass bei den Verlagen „verhaltener Optimismus“ herrsche. Bei den Print-Auflagen belaste aber die „dringend verbesserungsbedürftige Zustellqualität“ das Geschäft. Fast zwei Drittel der Verlage beklagen häufige beziehungsweise immer wieder auftretende Beschwerden aus dem Abonnentenkreis und gut jeder vierte Verlag gab an, durch den schlechten Service der Post Abonnenten zu verlieren.

 

Der MVFP vertritt nach eigenen Angaben Verlage, die über zwei Drittel des Branchenumsatzes in Deutschland ausmachen. Er steht nicht nur Zeitschriftenhäusern, sondern auch anderen Pressemedien offen.