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Robert Harsieber über Journalismus und PR: Grenzen endlich wieder klar abstecken

Grenzen zwischen Journalismus und PR müssen ganz klar abgesteckt werden, erklärt der Wiener Philosoph Robert Harsieber. Eine Antwort auf Kommunikationsberaterin Jana Riedmüller.

Wien - Sie brauchen einander und bekriegen einander. Letzteres müsste nicht sein, dazu müssten aber die Grenzen klar sein und jeder müsste zu seinem Job  stehen. Doch in der Praxis regiert das Geld und die Grenzen verfließen. Beziehungen sind nie einfach, besonders, wenn sich die Verwandten und Bekannten einmischen, oder noch schlechter, wenn massive Abhängigkeiten bestehen.

Vielleicht könnten Journalisten und PR-Leute ganz gut miteinander auskommen, man sitzt oft genug bei einem Glas Wein zusammen – zumindest früher war das so. Man ist einander näher gekommen und hat sogar begonnen, einander zu verstehen.

 

Der Wiener Philosoph Robert Harsieber fordert, dass wieder Vernunft in die Ehe von Journalismus und PR einzieht.

 

Die so entstandenen Seilschaften funktionierten, wenn beide Seiten zu ihrem Job und zu sich selbst standen und die Abhängigkeit vom Dienstgeber nicht größer als die Persönlichkeit der Agierenden war. Die Journalisten verstanden, dass es der Job der PR-Leute ist, PR zu verkaufen, und die PR-Leute verstanden, dass es nicht der Job der Journalisten ist, PR zu verkaufen.

Sobald das klar ist, funktioniert die Seilschaft.

Dann freuen sich die Journalisten über jede Information, die sie bekommen können, und dann freuen sich die PR-Leute über jeden Artikel, der ihren Bereich betrifft, und zwar umso mehr, je weniger PR darin steckt.

Leider sind viele PR-Leute und viele Journalisten mit dieser Tatsache überfordert.

PR-Leute glauben, dass Journalisten ihre PR-Texte möglichst 1:1 übernehmen sollten, Journalisten glauben, dass sie mit mehr oder weniger PR kurzfristig etwas (nämlich Inserate) erreichen könnten.

Abgesehen von der persönlichen Überforderung hat das auch andere Gründe, die auf der Hand liegen. Die PR-Leute haben einen Abteilungsleiter und die gesamte Hierarchie des Unternehmens hinter sich. Und meist haben sie diese nicht hinter, sondern nur über sich: in Form von Vorgaben, die zu erfüllen sind. Die Journalisten haben einen Chefredakteur, die Anzeigenleitung und den Verlagsleiter oft ebenfalls mehr über als hinter sich. Und auf beiden Seiten muss sich der Output rechnen. Und das verführt dazu, dass nur mehr gerechnet wird.

Großkonzerne haben heute oft eine Unternehmenskultur, die nichts mit Kultur zu tun hat.

Und Verlage – vor allem, wenn sie Fachmagazine verlegen – sind dermaßen von diesen Unternehmen abhängig, dass sie ebenfalls Kultur vergessen können oder müssen.

Es ist diese Abhängigkeit, die an der Front – zwischen Journalisten und PR-Leuten – ausgefochten wird. Da zählt nur mehr der Gewinn an Territorium, alles andere (auch die Mittel dazu) wird nebensächlich. Und wir wissen alle: Im Krieg herrscht Ausnahmezustand. Die PR-Leute haben dabei noch den persönlichen Vorteil, dass sie besser bezahlt werden. Die Journalisten müssten beinahe noch selbst was drauflegen, wenn sie so wahnsinnig wären und guten Journalismus machen wollten.

Natürlich gibt es Unterschiede, zumindest war es einmal so.

Als Journalist hatte man zu vielen PR-Leuten ein ganz gutes Verhältnis, mit manchen war man sogar befreundet.

Das war keine „Freunderlwirtschaft“, sondern erleichterte das Reden und Arbeiten. Jeder wusste, was der Job des anderen war, und man machte das Beste daraus. Und dann gab es die Mehrheit (leider) der PR-Leute, die nur glücklich waren, wenn sie ihr Produkt und am besten sich selber zitiert in irgendeinem Blatt wiederfanden.

Selbst in einer (PR-)Form, die der Firma mehr schadet als nützt. Und dann gab es die Journalisten, die sich kaufen ließen und PR, mehr oder weniger gut verpackt, lieferten. Natürlich standen Chefredakteur und Verlagsleiter hinter ihnen.

Es ist anzunehmen, dass das in Zeiten der Krise nicht besser geworden ist. Es nützt aber weder den PR-Leuten, noch den Journalisten, weder den Unternehmen, noch den Verlagen. Denn auf längere Sicht bringt das nur Schaden. Fachjournale werden zu PR-Blättern, die niemand mehr lesen will, und die gewünschten Inserate bleiben aus, weil sie den Unternehmen nichts bringen. So kann man mit Gewinnmaximierung den Geldfluss und die eigene Existenz abdrehen.

Dabei wäre es so einfach: PR-Leute sollten Informationen haben, Journalisten sollten spannende Storys haben. Beide Seiten wären aufeinander angewiesen, beide wüssten um die Interessen der anderen Seite, und beide wüssten, dass beide am besten fahren, wenn sie jeweils ihren Job, und nur ihren Job machen. Ohne Verflechtung, bei klar abgesteckten Grenzen. Aus der Hassliebe könnte wieder eine Vernunftehe werden.

Allerdings müssten hinter den PR-Leuten Abteilungsleiter, Marketingmanager und Konzernchefs stehen, die mehr können als nur zu zählen, wie oft der Firmenname in einem Artikel auftaucht.

Die begriffen haben, dass es zuerst und vor allem um das Image des Unternehmens geht, und erst dann um die Produkte. Dann würden PR-Leute auch ihre Aufgabe weniger als PR-Verteiler sehen, sondern als Drehscheibe, die die richtigen Leute im Unternehmen mit den richtigen Journalisten zusammenbringt.

PR-Leute wären keine Verkäufer, die sitzen in der Anzeigenabteilung, sondern Moderatoren.

Und hinter den Journalisten müssten Chefredakteure stehen, die sie arbeiten und ihre Ideen verfolgen lassen, und Verlagsleiter, die ihren Einsatz und Recherche unterstützen, auch finanziell.

Dann würde die Branche wieder Journalisten anziehen, die etwas zu sagen und zu schreiben haben, die zwischen Information und Meinung unterscheiden können, weil sie eine Meinung haben und diese auch vertreten (können). Die nicht nur Vordergründiges, sondern auch Hintergrundinformationen liefern können, weil sie in einem Thema eingearbeitet und damit vertraut sind.

Das braucht nicht nur Wissen und Charakter, sondern auch Rahmenbedingungen!

Robert Harsieber

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