Vermischtes
AFP/Von Francis Kohn

Schlichte Todesanzeigen mit Kreuz haben in Schweden ausgedient

"Der Boom begann vor etwa zehn Jahren", erzählt Christer Larsson, der die Familienanzeigen in Schwedens größter Tageszeitung "Dagens Nyheter" koordiniert. "Vorher gab es vor allem Kreuze. Aber dann haben die Zeitungen immer mehr Symbole akzeptiert." Auch eine Kerze, ein Violinschlüssel oder ein Teddybär stehen zur Auswahl. "Meistens haben die Symbole etwas mit der Arbeit oder einem Hobby des Verstorbenen zu tun", sagt Larsson. So deute beispielsweise ein Schraubenschlüssel auf einen Handwerker hin.

Stockholm, 29. Februar (AFP) - Ein kleines Boot, das in den Sonnenuntergang segelt. Eine Katze, die sich auf dem Sofa zusammenrollt. Oder doch lieber das Logo der Lieblingsmannschaft? Wer in einer schwedischen Zeitung eine Todesanzeige aufgibt, hat die Qual der Wahl: Anders als hierzulande, wo noch schlichte Anzeigen mit Kreuz dominieren, liegen in Schweden Abbildungen im Trend, die etwas über den Verstorbenen erzählen. Die Palette reicht von schön bis scheußlich.

Das Bildchen, das die Hinterbliebenen aus einem dicken Katalog auswählen, erscheint meist oben in der Anzeige, über den Informationen zum Verstorbenen und zum Begräbnis - ein wohl weltweit einmaliger Brauch, wie die Schweden stolz betonen. Dass die Seite mit den Todesanzeigen ein wenig wie ein Comic anmutet, stört sie kaum.

"Der Boom begann vor etwa zehn Jahren", erzählt Christer Larsson, der die Familienanzeigen in Schwedens größter Tageszeitung "Dagens Nyheter" koordiniert. "Vorher gab es vor allem Kreuze. Aber dann haben die Zeitungen immer mehr Symbole akzeptiert." Larsson holt eine Broschüre mit verschiedenen Abbildungen und Symbolen heraus, die Beerdigungsinstitute ihren Kunden vorschlagen. Sie sind nach verschiedenen Rubriken wie Religion, Tiere, Blumen oder Sport-Logos sortiert. Auch eine Kerze, ein Violinschlüssel oder ein Teddybär stehen zur Auswahl. "Meistens haben die Symbole etwas mit der Arbeit oder einem Hobby des Verstorbenen zu tun", sagt Larsson. So deute beispielsweise ein Schraubenschlüssel auf einen Handwerker hin.

Gerd Ljungbom wiederum scheint ein begeisterter Radfahrer gewesen zu sein: Über der Todesanzeige des im Alter von 76 Jahren Verstorbenen prangt ein großes Rennrad. Die Schachfigur über dem Namen des 88 Jahre alte gewordenen Aake Ericsson lässt auf einen passionierten Schachspieler schließen, und Göran Wirström muss zu Lebzeiten Lastwagen gefahren haben. Der Witwer von Maj-Britt Loddby hat sich für das Bild eines Walzer tanzenden Paares entschieden. Darunter finden sich ein paar Zeilen, wie sie typisch sind für schwedische Todesanzeigen: "Für meine geliebte Ehefrau, die Kameradin meines Lebens. Eine Kerze wurde ausgeblasen, ihr Licht ist erloschen."

Joy Nyström hingegen ließ die Todesanzeige ihres Mannes mit einer Glockenblume verzieren, "weil er die so gern hatte". Sie habe die Entscheidung gemeinsam mit ihren Kindern getroffen, erzählt die 85-Jährige. Für sich selbst aber hätte sie es lieber schlicht. Ihre fünf Jahre jüngere Schwester Mona will eine Zeichnung mit drei Möwen - "aber nicht für sofort", fügt sie mit einem Lachen hinzu. Meist ist es die Familie, die die Todesanzeige aussuche, sagt der Sprecher des renommierten Bestattungsinstituts Fonus, Bo Forslund. Manchmal aber auch haben die Verstorbenen "genaue Instruktionen" hinterlassen.

Pionierin der individuellen Todesanzeige war Ulla Nerman, Witwe eines schwedischen Schriftstellers. Sie wollte kein Kreuz über der Todesanzeige ihres Mannes, wie Christian Richette vom kulturhistorischen Museum in Stockholm erzählt. "Sie wollte eine kleine Blume. Erst weigerte sich die Zeitung, schließlich stimmte sie zu." Die Anzeige samt Blume erschien am 31. Dezember 1977. "Heute ist es vor allem ein urbanes Phänomen", sagt Richette. In ländlichen Gegenden bevorzugten die Leute eher den traditionellen Stil.

Soch auch in der Stadt hat die Kreativität der Hinterbliebenen ihre Grenzen. So gibt es beim "Dagens Nyheter" Regeln, damit die Seite mit den Todesanzeigen nicht pietätlos anmutet, wie Larsson erklärt. "Eine Zigarette wird nicht akzeptiert, wohl aber eine Pfeife. Ein Glas Bier können wir nicht zulassen, aber ein Glas Wein." Außerdem müssten die Anzeigen schwarz-weiß sein. Dfür können Familien auch eigene Zeichnungen einreichen. Abgelehnt werden die nur selten: "Einmal hat uns jemand das Bild eines Mannes geschickt, der mit nacktem Oberkörper Hamburger grillte", erinnert sich Larsson. "Das konnten wir nicht akzeptieren." jdx/ans