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Spaniens Fernsehen zensiert Pfiffe für den König

Der staatliche Sender TVE, der das Endspiel um den spanischen Fußballpokal live übertrug, schaltete genau im Moment des Abspielens der Hymne, als das Pfeifkonzert der Zuschauer begann, nach Bilbao um und zeigte Fans beim Public Viewing. In der Halbzeitpause des Finales strahlte TVE die Hymne in einer Aufzeichnung aus. Ein "menschliches Versagen" habe eine Live-Ausstrahlung verhindert, entschuldigte sich der Sender.

Madrid (dpa) - Als der spanische König Juan Carlos und Königin Sofía die Ehrentribüne des Mestalla-Stadions in Valencia betraten, ertönte auf den Rängen ein gellendes Pfeifkonzert. Tausende von Zuschauern taten ihren Protest gegen das Monarchenpaar und gegen die spanische Nationalhymne kund. Der König und die Königin werden die 54 Sekunden, die das Abspielen der Hymne dauerte, nicht so schnell vergessen. Einen solch massiven Protest gegen die spanische Monarchie hatte es seit langem nicht gegeben.

In dem Stadion wurde am Mittwochabend das Endspiel um den spanischen Fußballpokal ausgetragen, der offiziell "Copa del Rey" (Königspokal) heißt und traditionell vom Monarchen dem Sieger überreicht wird. In dem Finale standen sich der FC Barcelona und Athletic Bilbao gegenüber, mit 4:1 ging Barcelona als Sieger vom Platz. Die Fans auf den Rängen stammten fast ausschließlich aus Katalonien und dem Baskenland. Da es in beiden Regionen starke separatistische und antimonarchistische Bewegungen gibt, hatten die Verantwortlichen von vornherein mit einem Pfeifkonzert gerechnet. Daher hatten sie beim Abspielen der Nationalhymne die Lautsprecheranlage nach Presseberichten auf das Sechsfache der normalen Stärke gestellt.

Dennoch waren die Pfiffe nicht zu überhören. Gegenüber der Ehrentribüne entfalteten katalanische und baskische Separatisten zudem ein riesiges Spruchband mit der Aufschrift: "We are nations of Europe. Good bye Spain." (Wir sind Nationen Europas. Adieu Spanien). Juan Carlos und Sofía ließen die Szene mit regungslosen Gesichtern über sich ergehen. "So etwas gibt es in keinem anderen demokratischen Land der Welt", empörte sich die rechtsliberale Zeitung "El Mundo".

Millionen von Fernsehzuschauern bekamen von all dem zunächst nichts mit. Der staatliche Sender TVE, der das Finale live übertrug, schaltete genau im Moment des Abspielens der Hymne nach Bilbao um und zeigte Fans beim Public Viewing. In der Halbzeitpause des Finales strahlte TVE die Hymne in einer Aufzeichnung aus. Das TV-Publikum bekam aber nur eine geschönte Version zu sehen. Die Pfiffe des Publikums waren nur gedämpft zu vernehmen. Im Bild wurden nur solche Zuschauer gezeigt, die andächtig der Nationalhymne lauschten.

"Dies war eine Zensur im reinsten Stil der Franco-Diktatur", empörte sich das Sportblatt "Marca". Die Zeitung "ABC" fragte: "Wer stahl uns die Hymne?" Der Sender setzte am Donnerstag seinen Sportchef Julián Reyes ab. Er entschuldigte sich bei den Zuschauern und ordnete eine Untersuchung an. Die konservative Opposition forderte, die TV-Verantwortlichen sollten vor dem Parlament Rechenschaft ablegen.