Vermischtes
KNA – Steffen Grimberg

Trump gegen Murdoch – warum der Medienmogul am längeren Hebel sitzt

Rupert Murdoch hält Donald Trump für einen Idioten, der für ihn sehr nützlich ist. Stürzen wird er ihn deshalb wohl kaum – Milliardenklage und Ausschluss seiner Wall Street Journal-Journalisten hin oder her. Eine Analyse.

New York (KNA) – Das Verhältnis von Donald Trump und Rupert Murdoch gleicht nach außen einer Achterbahnfahrt. Mal erklärte Murdoch den heutigen US-Präsidenten zum Idioten, dann suchte er wieder seine Nähe. Noch im Januar 2021 wies Murdoch seine Chefetage nach den Ausschreitungen am Capitol an, Trump zur „Non-Person“, zu einer Nicht-Person in seinem Medienreich zu machen. Doch gleichzeitig sendete sein TV-Nachrichtenkanal Fox News weiter Trumps Lügen über den angeblich gestohlenen Wahlsieg – und musste im Verlauf eine 720-Millionen-Dollar-Strafe wegen verleumderischer Berichterstattung über angeblich manipulierte Wahlmaschinen zahlen.


Im Februar saß Murdoch mit im Oval Office, als Trump eine seiner improvisierten Pressekonferenzen gab und mal wieder großspurig Executive Orders mit dem Edding unterschrieb. Golf spielen ohnehin beide – seit Jahrzehnten mit- und gegeneinander.

 

Durch die Milliardenklage von Trump gegen Murdochs Wall Street Journal wegen dessen Enthüllungen über Trumps Verhältnis zum Sexualstraftäter und früheren Investmentbanker Jeffrey Epstein ist das Verhältnis gerade einmal wieder eher getrübt. Nach Darstellung der einflussreichen Wirtschaftszeitung soll Trump Epstein noch 2003 einen Geburtstagsgruß mit einer eigenhändigen, erotisch-pornografischen Zeichnung geschickt haben.

 

Hat Trump mit Epstein gebrochen?

Das passt nicht ganz zu den Darstellungen von Trumps Sprechern: Der Präsident habe mit Epstein, gegen den seit Mitte der 1990er-Jahre Anschuldigungen wegen sexualisierter Gewalt und Missbrauchs von Minderjährigen erhoben wurden, gebrochen und ihn auch aus einem seiner luxuriösen Golfclubs verbannt. Seitdem fordern selbst Anhänger von Trumps „Make America Great Again“-Bewegung (MAGA), weitere Akten zum Fall Epstein freizugeben.

 

Wer also ist Rupert Murdoch? Der ehrliche Nachrichtenmann, der seine Medien unerschrocken berichten lässt und deren investigative Recherchen unterstützt – wie es nun beim WSJ der Fall zu sein scheint? Oder doch der anbiedernde Spießgeselle, der Trump mit Fox News weiterhin weitestgehend den Rücken freihält?

 

Fox jedenfalls berichtet über die Causa Epstein aktuell mit deutlich angezogener Handbremse. Und dass Murdoch derzeit an jeder Entscheidung seiner Medien in Sachen Trump beteiligt ist, gilt als sicher. Zwar ist der 94-Jährige formal schon länger von der Spitze seines Medienimperiums abgetreten und agiert nur noch als „Chairman Emeritus“. Doch schon bei der Ankündigung, allmählich kürzertreten zu wollen, hatte Murdoch erklärt, er werde sich weiterhin „täglich einmischen“ – und seinen Führungskräften weltweit geschrieben: „Rechnet mit mir an einem Freitagnachmittag gegen 16.30 Uhr, wenn alle eigentlich schon Feierabend machen wollen.“

 

Die zwei Gehirnhälften des Rupert M.

Sind da also die „zwei Gehirnhälften des Rupert Murdoch“ am Werk, wie es Preston Padden beschreibt – ein langjähriges Mitglied der Fox-Chefetage seit den 1990er-Jahren? Eigentlich nicht. Murdoch hat zuvorderst immer nur einen Gedanken: seinen Gewinn – in politischer wie wirtschaftlicher Hinsicht. Wobei die wirtschaftliche Seite stets die Oberhand hatte. Dass sich Murdoch zwischendurch auch mal geläutert-journalistisch gibt, scheint auf Reste von Branchenethik zu verweisen – dient aber bei näherem Hinsehen immer nur diesem einen Zweck.

 

Das zeigte sich bereits bei den Kongressanhörungen zum von Trump befeuerten Sturm aufs Capitol im Januar 2021. Zu den Vorwürfen, Murdoch habe mit Fox News nach den Wahlen 2020 den Unterstellungen Trumps breiten Raum gegeben – der Wahlsieg sei ihm durch Manipulation und Betrug „gestohlen“ worden –, sagte Murdoch damals: „Im Rückblick“ hätte er sich gewünscht, „dass wir das stärker angeprangert hätten“ – schob aber die Schuld auf andere. Nicht der Sender als solcher, erklärte Murdoch, habe sich die Darstellung zu eigen gemacht, „sondern nur einzelne Moderatoren“. In Wahrheit hatte Fox-News-Chefin Suzanne Scott noch am 5. Januar 2021 in einem Gespräch mit Murdoch davon abgeraten, Trumps Niederlage und den Sieg von Joe Biden zuzugeben: „Wir müssen vorsichtig sein, dass wir die Zuschauer nicht vergrätzen“ („pissing off the viewers“) – so ist es in den Gerichtsakten dokumentiert. Die Zuschauer zu vergrätzen und damit den wirtschaftlichen Erfolg des Senders zu gefährden, kam und kommt für Murdoch natürlich nie in Frage.

 

Das war auch in Großbritannien so, wo sich Murdoch 2010/11 wegen des sogenannten „Phone Hacking“-Skandals zu verantworten hatte. Damals waren die Telefone und Mailboxen von Prominenten, Verbrechensopfern und sogar Mitgliedern der Royal Family von seinen Boulevardblättern Sun und News of the World abgehört worden. Vor einer von der britischen Regierung eingesetzten Untersuchungskommission fraß Murdoch Kreide und sprach vom „demütigsten Tag meines Lebens“ („the most humble day of my life“). Als Zeichen des guten Willens stellte er sogar das Sonntagsblatt News of the World ein. Doch auch das war reine Augenwischerei: In London bekam einfach Murdochs werktägliche Boulevardzeitung Sun eine eigene Sonntagsausgabe – und machte mit allen miesen Methoden weiter.

 

Trump ist der Schwächere

Mit Fox News und dem Wall Street Journal bedient Murdoch zudem ganz unterschiedliche Klientels, die beide für seinen wirtschaftlichen Erfolg wie den politischen Einfluss wichtig sind. Das Ostküsten-Elitenblatt aus New York sichert ihm Zugänge auch in die parteipolitisch demokratisch tickenden Wirtschaftskreise. Fox News ist dagegen weiter das große Medium der MAGA-Bewegung – auch wenn sich parallel dazu einige Dutzend weitere, zum Teil noch deutlich radikalere Sender und Alternativmedien entwickelt haben. Die nationale Reichweite über „Middle America“ und in die Mitte der US-Gesellschaft hinein werden diese wohl nie erzielen. Das schafft nur Fox News.

 

Trump ist bislang der Schwächere in diesem zur Abwechslung einmal nicht auf dem Golfplatz ausgetragenen Turnier der Macht. Das zeigt schon seine reflexhafte Reaktion, neben der Nachrichtenagentur AP jetzt eben auch die Journalisten des Wall Street Journals nicht mehr an Bord der Präsidentenmaschine „Air Force One“ mitzunehmen und von diversen Terminen auszuschließen. Im Kampf Trump gegen Murdoch kommt dem Präsidenten zudem sein überzogenes Ego in die Quere. Murdoch ist natürlich ebenfalls ein Narzisst – aber ohne die kleinkindhaften Züge von Trump. Und vor allem: ein Geschäftsmann, der den eigenen Narzissmus zugunsten wirtschaftlicher Interessen zügeln kann.

 

So zeigt sich in der Auseinandersetzung lehrstückhaft, wo die Abgründe bei kommerziellen Medienunternehmen liegen, die nur auf Geld – und vielleicht noch auf politischen Einfluss – aus sind. Murdoch hatte sich Trump schließlich stets nur immer dann an den Hals geschmissen, weil er – leider zu Recht – ein gutes Geschäft witterte. Dass dabei als Kollateralschaden die Demokratie in den USA ein Stück weit unter die Räder gekommen ist, lächelt er dabei kalt weg. Und Trump ist und bleibt für Murdoch weiter ein Idiot – aber ein sehr nützlicher.