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Ukraine-Krieg: Welche Bilder dürfen wir zeigen, welche müssen wir zeigen?

Ukraine-Krieg: Welche Bilder dürfen wir zeigen, welche müssen wir zeigen? Michael Pfister (Foto: Zeit online)

Bilder können aufrütteln, verstören, verängstigen. Wie soll man das Leid vor Ort darstellen? Wo verläuft die Grenze zum Zynismus? Michael Pfister, Leiter der Bildredaktion von Zeit Online, gibt eine Antwort.

Mannheim –  „Es gibt Bilder, die sind so schlimm, dass man sie nicht publizieren kann. Jedenfalls nicht als Massenmedium“, schreibt Samantha Zaugg im Dossier „Tabu“ des „medium magazins“. Bilder von verstümmelten Leichen. Ein Kopf mit ausgekratzten Augen. Verbrannte Gesichter, die Haut von der Hitze zusammengezogen, die Zähne zur Fratze gebleckt. Leichen auf Müllbergen, angefressen von Ratten. Tote Kinder, die Gliedmaßen verkrümmt, die Gesichtlein zerfetzt.

 

Diese Bilder gibt es. Doch wir sehen sie nicht. Zumindest nicht in den Medien. Die beschriebenen Bilder gibt es in einem Buch des deutschen Fotografen Christoph Bangert. Es heißt „War Porn“. Das Buch sammelt Bilder, die der Fotograf gemacht hat, die aber nie veröffentlicht wurden.

 

Bangert im Vorwort seines Buches: „Sie sollten diese Bilder nicht sehen. Niemand sollte das. Die meisten wurden nie publiziert. Bei vielen erinnere ich mich nicht daran, dass ich sie gemacht habe. Als ob jemand in meinem Kopf eine Löschtaste gedrückt hätte. Du wachst am Morgen auf und erinnerst dich nicht an deinen Alptraum. Aber du weißt, dass er da war. Ich war da. Ich bin derjenige, der all diese Bilder gemacht hat. Ich weiß es.“

 

Gerade im Krieg wird Bildern viel Macht zugeschrieben. Von gewissen Fotografien wird sogar gesagt, dass sie den Verlauf der Geschichte verändert haben. Etwa dass das „Napalm Girl“ von Nick Ut den Vietnamkrieg beendet hat. Dass Bilder so mächtig sind, ist wissenschaftlich umstritten. Dass sie zu Recht einen Ikonenstatus haben, sich ins kollektive Gedächtnis einbrennen, ist derweil klar. Dieser Verantwortung müssen sich Medien bewusst sein. Wie gehen die Bildredaktionen mit dieser Verantwortung um? Welche Strategien und Argumente wenden sie dabei an? 

 

Michael Pfister, Leiter der Bildredaktion von Zeit Online:

„Im Februar 2018 wurde die Bombardierung in Ost-Ghouta außerhalb von Damaskus immer extremer. Das syrische Regime wollte diese letzte Rebellenenklave stürmen. Uns lagen verstörende Bilder vor, die mir noch bei heutiger Betrachtung sehr nahegehen. Beobachtern zufolge wurden damals fast 200 Zivilisten getötet, unter ihnen viele Kinder. Wegen der vielen toten Kinder veröffentlicht Unicef eine leere Pressemitteilung. Wir waren mit der Publikation dieser Bilder nahe am Tabu. Aber wir würden es wieder so machen. … Leise Bilder können, ohne ein Tabu zu brechen, kraftvoll sein. … Es ist wichtig, sich an schwierige Themen zu wagen, über Dinge zu berichten. Denn es ist auch jedes Mal ein Tabu, wenn man sich entscheidet, in der Redaktionsstube zu bleiben und nur aus Agenturmaterial auszusieben, statt rauszugehen und mit echter Autorenschaft Verantwortung zu übernehmen. Es geht darum, journalistisch zu entscheiden und so die Dimensionen von Schicksal zu zeigen.“

 

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