Vermischtes
Newsroom – Steffen Grimberg

Urteil im „Compact“-Verbotsprozess am 24. Juni – Zweitägige Hauptverhandlung abgeschlossen

Wird „Compact“ verboten? Das Bundesverwaltungsgericht verkündet am 24. Juni sein Urteil im Verfahren gegen das rechtsextreme Magazin. Es geht um die Frage: Pressefreiheit oder Angriff auf die Verfassung?

Leipzig (KNA) – Das Bundesverwaltungsgericht will am 24. Juni sein Urteil im Verbotsverfahren gegen das rechtsextreme Magazin „Compact“ verkünden. Das kündigte der Vorsitzende Richter Ingo Kraft nach zwei Tagen mündlicher Verhandlung am Mittwochabend in Leipzig an. Seit Dienstag hatten sich das Bundesinnenministerium – das das Verbot im Sommer 2024 erlassen hatte – und das Magazin um Chefredakteur und Herausgeber Jürgen Elsässer vor dem 6. Senat des obersten Bundesgerichts eine kleinteilige Auseinandersetzung geliefert.


Im Zentrum steht die Frage, ob das Magazin und die weiteren Angebote und Veranstaltungen der Compact-Magazin GmbH Teil einer Bewegung sind, die die verfassungsmäßige Ordnung in Deutschland untergraben und durch ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftsmodell ersetzen will. „Compact“ argumentiert, mit den teils zugespitzten Aussagen des Blattes keine Umsturzstrategie zu verfolgen – diese seien von Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt.

 

Die Klägerseite um Herausgeber Elsässer hält das im Juli 2024 verfügte Verbot nach dem Vereinsrecht für nicht haltbar. Es verstoße gegen die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit. Die Bundesregierung sieht das anders: Über das „Compact“-Magazin werde nicht nur eine verfassungsfeindliche Agenda verfolgt, sondern diese auch aggressiv-kämpferisch vertreten. „Wenn sich ein Medium aggressiv gegen die verfassungsgemäße Ordnung richtet, ist ein Verbot möglich“, sagte Wolfgang Roth als Vertreter der Bundesregierung. Dass ein Verbot von Presseunternehmen über das Vereinsrecht möglich sei, sei Konsens zwischen Bundes- und Landesgesetzgebern, so Roth.

 

„Compact“ durfte zunächst weiter erscheinen

Das Magazin hatte unmittelbar nach Erlass des Verbots geklagt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte daraufhin am 14. August 2024 im Eilverfahren entschieden, dass „Compact“ bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren weiter erscheinen darf. Auch andere vom Verbot betroffene Angebote wie die YouTube-Kanäle blieben zugänglich.

 

Laut Innenministerium wird die Presse- und Meinungsfreiheit durch das Verbot nicht verletzt: Betroffen sei nur die Compact-Magazin GmbH. Einzelne Journalisten könnten weiterhin arbeiten und neue Medien gründen – sofern es sich nicht um Nachfolgeorganisationen handle, so Roth. Der Verfassungsschutz des Bundes und des Landes Brandenburg stuft „Compact“ als „gesichert rechtsextrem“ ein.

 

Anwalt Ulrich Vosgerau entgegnete, die Compact-Magazin GmbH sei als Ein-Personen-GmbH nicht mit einem Verein gleichzusetzen. Presse- und Medienrecht sei zudem Ländersache. Nur das Bundesverfassungsgericht könne über ein Verbot von Medien entscheiden. Das Verfahren nannte er die „Todesstrafe für eine juristische Person“. Elsässer selbst sagte: „Im Verlag bin ich der Diktator.“

 

Elsässer: Zuspitzung in Medien üblich

Der 6. Senat prüft nun die zahlreichen Belege, die beide Seiten vorgelegt haben. Roth präsentierte viele Aussagen aus „Compact“ und Reden Elsässers, die eine völkische Ausrichtung nahelegen sollen. Elsässer wies das zurück: „Der Grundirrtum ist, mich und ‚Compact‘ als rechts oder rechtsextrem einzustufen.“ Das Blatt habe zwar rechte Autoren, sei aber nicht „rechts“. Zuspitzung sei üblich, so die Verteidigung: Medien dürften sich einer „scharfen, angreifenden Sprache“ bedienen.

 

Am zweiten Verhandlungstag bewertete das Gericht exemplarische Aussagen aus dem Magazin und seinen Videoformaten. Das Innenministerium hatte über 240 Seiten Text- und Videobelege vorgelegt – darunter Aussagen wie „Passdeutsche“, „Gebärprämie für Umvolkung“ oder „Volksaustausch durch Turbomigration“. Diese seien laut Verteidigung von der Meinungsfreiheit gedeckt. Auch eigene Belege, etwa positive Berichte über Migranten, wurden vorgelegt.

 

Enge Verbindung zu Martin Sellner

Ein weiterer Streitpunkt ist die Verbindung zu Martin Sellner, dem Vordenker der Identitären Bewegung in Österreich. Er schreibt eine Kolumne für das Magazin und tritt in mehreren Videos auf. Während das Innenministerium dies als eindeutige Nähe zur sogenannten Remigration interpretiert, erklärt Elsässer: „Sellner ist beim Magazin nur Print-Autor.“ Persönlich schätze er ihn: „Er ist der Rudi Dutschke von rechts.“

 

Die Bundesregierung präsentierte jedoch Belege, dass Videos von Sellner als „exklusiv für Compact“ veröffentlicht wurden. Auch „Compact TV“ habe sie beworben.

 

Verbot tritt sofort in Kraft

Bestätigt das Gericht das Verbot am 24. Juni, tritt es sofort in Kraft. Das Magazin und seine Online-Angebote müssten eingestellt werden. Ein Gang vor das Bundesverfassungsgericht wäre noch möglich, hätte jedoch keine aufschiebende Wirkung. Elsässer kündigte bereits an, im Fall einer Niederlage ein neues Medium unter anderem Namen gründen zu wollen.

 

Das Verfahren gegen die ebenfalls betroffene Produktionsfirma Conspect Film wurde eingestellt – sie befindet sich in Liquidation.