Vermischtes
KNA

US-Präsident Trump wütet weiter gegen unabhängigen Journalismus

Seit seinem Amtsantritt zieht Donald Trump die Zügel gegenüber der freien Presse immer weiter an. Viele Medienhäuser gehen einer ungewissen Zukunft entgegen. Doch es gibt auch Widerstand.

Washington/Berlin (KNA) Die USA sind in der Liste der globalen Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) weiter durchgereicht worden. 2025 liegen sie auf Rang 57 nach Platz 55 im vergangenen Jahr. Für 2026 ist ein weiteres Abrutschen zu erwarten. Dem Hauptverantwortlichen für diese Entwicklung wird das sehr wahrscheinlich egal sein.


Präsident Donald Trump hat in den gut hundert Tagen seiner zweiten Präsidentschaft das Beleidigen und Bedrängen von Medien intensiv betrieben. Seine Argumentation folgt dabei einem Muster. Ob die Auslandssender wie Voice of America (VOA), die nicht-kommerziellen Sender National Public Radio (NPR) und Public Broadcasting System (PBS) oder das Network CBS: Sie alle werden von Trump mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden unangemessen, unfair und nicht unparteiisch berichten – insbesondere über ihn, den „Make-America-Great-Again“-Heilsbringer Donald Trump.

 

Der Rechtspopulist bedient sich dabei zweier Mittel. Gegen den privatwirtschaftlichen Sender CBS klagt er, den öffentlichen Medien streicht er die Bundesmittel zusammen. Besonders heftig hat es hier die Dachorganisation der Auslandssender, die United States Agency for Global Media (USAGM), getroffen, die wie VOA oder Radio Asia zum Ziel haben, Menschen in Ländern ohne oder mit eingeschränkter Pressefreiheit zu erreichen und mit einem unabhängigen Nachrichtenangebot zu versorgen.

 

Zweifel an Gerichtsurteilen

Gegen die Streichung der jährlich aufgewendeten 950 Millionen Dollar (837 Millionen Euro), nach der VOA den Sendebetrieb einstellen und über 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen musste, wurde mit Erfolg juristisch vorgegangen. Die avisierte Rückkehr zum Sendebetrieb steht aufgrund einer weiteren Gerichtsentscheidung nun aber wieder auf der Kippe.

 

Ein Berufungsgericht zweifelte die Gültigkeit einer im April ergangenen Entscheidung eines Bundesgerichts zur Wiederaufnahme der Finanzierung von VOA an. Zwei von US-Präsident Donald Trump ernannte Richter schrieben in ihrer Begründung, das Bundesgericht sei „mutmaßlich nicht zuständig“ für Personalentscheidungen der Dachorganisation USAGM. Eine dritte Richterin, die noch von Präsident Barack Obama ernannt worden war, kam in einem Sondervotum zu einem anderen Schluss.

 

Reporter ohne Grenzen hatte zuvor erklärt, ihre Anwälte seien vom Justizministerium darüber informiert worden, dass die Mitarbeiter des Senders zur Arbeit zurückkehren dürften. USAGM habe die E-Mail-Konten von 1406 Mitarbeitern der Behörde und von VOA wieder freigeschaltet. Wiederholt hatten die Senderverantwortlichen betont, ihr Journalismus sei unabhängig und keinerlei Ausrichtung oder Haltung verpflichtet. Was Trump nicht beeindruckt hat.

 

Zulieferung von ganz rechts

In dieser Woche wurde zudem bekannt, dass die Regierung künftig Nachrichten und Videomaterial des TV-Kanals One News America (ONA) bei der VOA einsetzen will. ONA gilt als Trump-nah und hatte dessen Falschaussagen über Wahlbetrug und angeblich manipulierte Wahlmaschinen bei den Präsidentschaftswahlen 2020 verbreitet. Während der Corona-Pandemie war der 2013 gegründete Kabelkanal durch Verschwörungsmythen aufgefallen, bis heute bedient er sogenannte Alt-Right-Ideologien rechter Kreise.

 

Kari Lake, Sonderberaterin der Trump-Administration bei der USAGM, bestätigte am Mittwoch, dass ONA „Nachrichtenmaterial und einen Video-Service“ zuliefern werde. „Ich bemühe mich jeden Tag, das Geld amerikanischer Steuerzahler zu sparen“, erklärte die frühere Fox-News-Journalistin Lake. Man sei „dankbar für die Großzügigkeit“ von ONA.

 

Angriff auf die Sesamstraße

In seinem Vorgehen gegen angeblich „linke“ Medien nimmt der US-Präsident auch den öffentlichen Rundfunk ins Visier. Per Dekret ordnete er die weitgehende Einstellung der Finanzierung für das TV-Netzwerk PBS an, das mit der „Sesamstraße“ weltweit und auch in Deutschland große Erfolge erzielt.

 

Genauso betroffen ist NPR, das mit seinen Morgennachrichten hohe Einschaltquoten erreicht. Die Rundfunkanstalten berichteten nicht „fair, präzise und unvoreingenommen“ über seine Politik, begründete Trump seinen Schritt. Dass für die Beschlüsse zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunks in den USA klar der Kongress zuständig ist und dieser das 500-Millionen-Dollar-Budget (442 Millionen Euro) der hinter PBS und NPR stehenden Dachorganisation Corporation for Public Broadcasting (CPB) zudem bereits bis 2027 gebilligt hat, interessiert den Präsidenten nicht.

 

Beide Sender sind allerdings nur zu einem kleinen Teil von den Bundesmitteln abhängig, sie werden überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden oder über Sponsoring finanziert. PBS etwa erhält rund 15 Prozent seines Etats von der CPB, der Radiosender NPR weniger als fünf Prozent.

 

Die Trump-Administration beschränkt sich bei ihrem Kreuzzug nicht auf der Einschränkung ihr nicht genehmer Medien, sie wird selbst mit einer neuen Website aktiv. „Die Trump-Regierung lässt vom Kongress bewilligte Finanzmittel für öffentliche Medien streichen, verwendet aber gleichzeitig Steuergelder für Desinformation und Propaganda“, kritisierte Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen Deutschland. „Die neue Website soll Inhalte verbreiten, die dem Narrativ der Trump-Administration entsprechen und meist von Trump-freundlichen Medien und Plattformen stammen. Damit wird die Meinungsvielfalt in den USA weiter eingeschränkt.“

 

Klage auf Schadensersatz

Aber es gibt Widerstand gegen Trumps Medien-Regime. CPB-Präsidentin Patricia Harrison schrieb in einer Stellungnahme, CPB sei keine Bundesbehörde, die der Autorität des Präsidenten unterliege. „Der Kongress hat CPB direkt autorisiert und mit Geldmitteln versehen, um eine private, gemeinnützige Gesellschaft zu sein, die von der Regierung völlig unabhängig ist.“ Trumps Vorgehen sei „ungesetzlich“, man werde hart zurückschlagen. Der Ausgang der Auseinandersetzung ist wie bei den Auslandssendern offen.

 

Trump und seine Gefolgsleute wissen sehr genau, wo sie die aus ihrer Sicht missliebigen Medien treffen können – beim Geld. Sehr direkt geht es bei der Reduzierung der Bundesmittel, bei privaten Medien wie dem Network CBS geht es um eine geldbewehrte Klage und eine geplante Fusion.

 

Hier verschränken sich zwei Vorgänge. Trump hat gegen CBS eine Klage auf Schadenersatz in Höhe von zehn, manche Quellen sagen 20 Milliarden Dollar eingereicht. Trump wirft dem Medienunternehmen vor, ein Interview mit Kamala Harris, seiner Kontrahentin um das Präsidentenamt, zugunsten der Demokratin manipuliert zu haben. In der Klageschrift wird das Interview im Magazin „60 Minutes“ von CBS News als irreführend bezeichnet, der Sender habe Antworten von Harris auf eine Frage zum Thema Israel „zurechtgerückt“. CBS wies die Manipulationsvorwürfe zurück und sprach von einem normalen redaktionellen Vorgang.

 

Die von Trump beauftragte Anwaltskanzlei warf CBS „absichtliche Nachrichtenverzerrung“ vor und reichte Beschwerde bei der Federal Communications Commission (FCC) ein. Die Behörde, die Sendelizenzen vergibt, wies die Beschwerde ab. Das war im Januar, noch vor Trumps Amtseinführung. Nach dem Amtsantritt bekam die FCC einen neuen Chef, den Republikaner Brendan Carr, der die Ermittlungen wieder aufgenommen hat. In mehreren Interviews gab Carr, der als Trump-Getreuer gilt, zu verstehen, dass in der Causa noch keine Entscheidung gefallen sei, er sprach davon, dass seine Behörde „ihrer Linie treu bleiben“ werde. Welche Linie das ist, blieb unklar.

 

Kontrolle von oben

Die FCC hat außerdem noch eine weitere Angelegenheit auf dem Tisch. CBS News gehört zum Medienkonzern Paramount, dessen Haupteignerin Shari Redstone ihn gerne an die Skydance-Gruppe verkaufen möchte. Bei dem kartellrechtlichen Verfahren sind mehrere Hürden zu nehmen, eine Genehmigung der FCC gehört dazu.

 

Shari Redstone steckt in der Klemme, ob sie sich nun auf einen sehr langen Verfahrens- und Gerichtsweg begibt oder die Abkürzung nimmt, indem sie Trump bei dessen Klage gegen CBS News entgegenkommt. Der langjährige „60 Minutes“-Redaktionsleiter Bill Owens hat den Sender bereits verlassen, nachdem Paramount Global die Berichterstattung über den Gaza-Krieg und Präsident Trump zu prüfen begonnen hatte. „Paramount begann, unsere Inhalte auf neue Weise zu kontrollieren“, sagte Moderator Scott Pelley. „Keine unserer Geschichten wurde blockiert, aber Bill hatte das Gefühl, die Unabhängigkeit zu verlieren, die ehrlicher Journalismus erfordert.“ Und genau diese Unabhängigkeit ist es, die Präsident Trump immer wieder als Voreingenommenheit interpretiert und attackiert.

 

In seinem Furor über die medialen „Volksfeinde“ hat er zudem die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) von Terminen im Oval Office und von Präsidentenflügen ausgeschlossen und ignoriert auch hier ein Gerichtsurteil, das diese Blockade für verfassungswidrig erklärt hat. Gegen die „New York Times“ wettert er regelmäßig und kündigt Klagen an, deren finanzielle Konsequenzen für die renommierte und mit Pulitzer-Preisen überhäufte Zeitung erheblich werden könnten. Und hier wie dort und überall steht die Presse-, Meinungs- und Medienfreiheit in den USA auf dem Spiel.