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Verdacht auf fragwürdige Abrechnungen bei Netzwerk Recherche erhärtet

Bericht von Wirtschaftsprüfern - Leif: Gezielte Auslassung zentraler Belege.

Hamburg/Berlin (dapd). In der Affäre um Fördergelder für die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche hat sich der Verdacht auf fragwürdige Abrechnungen erhärtet. Ein knapp 30-seitiger Prüfbericht legt laut "Spiegel" den Verdacht nahe, der frühere Vorsitzende Thomas Leif habe mehrfach falsche Abrechnungen eingereicht, um an Fördergelder der Bundeszentrale für politische Bildung zu kommen. Leif sagte der dapd am Sonntag, der Bericht sei eine Auftragsproduktion "mit gezielter Auslassung zentraler Belege und entlastender Argumente".

Die BPB hatte die Jahrestagungen des Netzwerks, das kritisch-investigativen Journalismus fördert, den Angaben zufolge mit bis zu 20.000 Euro pro Jahr unterstützt, um Verluste auszugleichen - die es wohl gar nicht gab, wie der "Spiegel" berichtete. Laut Bericht wurden Teilnehmerbeiträge für die Tagungen 2007 bis 2010 um gut 33.000 Euro zu niedrig angegeben. Spenden und Zuschüsse seien offenbar falsch zugeordnet worden. Ein Sprecher des Netzwerks sagte, die Angaben des Nachrichtenmagazins über den Bericht seien zutreffend.

Neben der WAZ-Gruppe und der Online-Bank ING DiBa habe etwa 2008 die Rudolf-Augstein-Stiftung 30.000 Euro für den Journalistengipfel überwiesen - dies sei aber gegenüber der BPB nicht korrekt angegeben worden, berichtete der "Spiegel". Laut Leif habe es sich um Gelder für die allgemeine Vereinsarbeit gehandelt. Die Prüfer sehen das dem Magazin zufolge anders: Zumindest der Zuschuss der Augstein-Stiftung hätte der BPB mitgeteilt werden müssen. Zudem habe Leif Kosten von rund 43.000 Euro für den Druck von Büchern, die mit der Tagung nichts zu tun gehabt hätten, auf die Veranstaltungen umgelegt.

Ungeklärte Abgrenzungsfragen

Leif sagte der dapd, es handele sich um ungeklärte Abgrenzungsfragen, welche Einnahmepositionen in die komplizierten Antragsverfahren eingehen müssten und welche nicht. "Ich habe die Bundeszentrale bereits am 15. Juni vor dem Bericht über alle Einschätzungsfragen informiert und habe bis heute keine Antwort erhalten", monierte er. "Alle Streitfragen könnte man mit der BPB problemlos lösen", betonte Leif. Die BPB habe der Ansetzung der Kosten nie widersprochen. "Es gab ein absolutes Einvernehmen mit der BPB, unsere Arbeit für eine journalistische Qualität zu fördern, daher war das Vorgehen legitim und nicht zu beanstanden."

Die weiteren Nachforschungen könnten für die Behörde dem Magazin zufolge noch unangenehm werden. So verzichtete sie 2007 laut Bericht offenbar auf eine Detailprüfung und legte die Fördersumme selbst fest. Netzwerk Recherche will daher von den an die BPB zurückgezahlten 75.000 Euro Fördermitteln knapp 20.000 wieder einfordern.

Vor anderthalb Wochen wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Wiesbaden gegen Leif ermittelt. Es bestehe der Verdacht des Betrugs beziehungsweise der Untreue, weil das Netzwerk Fördergelder in Höhe von 75.000 Euro der BPB zu Unrecht vereinnahmt habe. Anlass für die Ermittlungen sei die Strafanzeige eines Rechtsanwalts.

Der kommissarische Chef des Netzwerks, Hans Leyendecker, sagte laut "Spiegel", der Verein werde "seinen Mitgliedern alle Zahlen offenlegen".