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Verlegerin Friede Springer 65

Nach dem Tod ihres Mannes 1985 begann für Friede Springer ein zweites Leben. Mit 43 Jahren wurde sie Haupterbin und Testamentsvollstreckerin.

Berlin (dpa) - Der Auftritt gehört zu den bleibenden Bildern von Angela Merkels Amtsübernahme. Als am 22. November 2005 die CDU- Politikerin zur Kanzlerin gewählt wurde, saß auch Friede Springer auf der Parlamentstribüne. Die Mehrheitseigentümerin von Europas größtem Zeitungshaus («Bild, «Die Welt») bekannte sich demonstrativ zur ersten Frau an der Spitze einer bundesdeutschen Regierung. Wie Merkel wurde auch Friede Springer lange unterschätzt. Doch die Verlegerwitwe hat sich nie in den Vordergrund gedrängt. Auch ihren 65. Geburtstag an diesem Mittwoch (15. August) wird sie im kleinen Kreis feiern.

Aus dem Privatleben der Witwe von Axel Springer, der nicht nur mit der «Bild»-Zeitung die Bundesrepublik der 60er und 70er Jahre mitprägte, war lange nicht viel bekannt. Als vor zwei Jahren die Journalistin Inge Kloepfer eine autorisierte Biografie Friede Springers veröffentlichte, drangen erstmals Einzelheiten aus dem Leben der 1942 auf der Insel Föhr als Friede Riewerts geborenen Unternehmerin an die Öffentlichkeit.

Es ist der Lebensweg einer Frau, die als einstiges Kindermädchen im Hause Springer an die Spitze eines Medienkonzerns aufstieg, eine Mischung aus Liebes- und Wirtschaftsgeschichte, die auch den Stoff für einen Entwicklungsroman der Bundesrepublik liefern könnte. Über eine Zeitungsanzeige gelangte die 23-jährige Tochter eines Gärtnermeisters in den Hamburger Haushalt von Axel Cäsar Springer. Der 30 Jahre ältere Verleger war zum vierten Mal verheiratet, in der Ehe kriselte es. Dass sich Springer auf den ersten Blick in die blonde Friesin verliebte, wurde erst später bekannt.

Der Großverleger, der nach seiner Scheidung Friede Springer 1978 heiratete, setzte die fünfte Frau seinem starken Besitzanspruch aus. «Sie hatte sich auf den Verleger zu konzentrieren - die Bedingung dafür, dass sie bleiben konnte - und sie blieb», schreibt Biografin Kloepfer. «Ich bin sein Produkt», gestand Friede Springer später in einem «Welt»-Interview uneitel ein.

Es war die Zeit, in der der Verleger zur Personifizierung all dessen wurde, wogegen die 68er-Studentenbewegung kämpfte. Springer suchte Zuflucht in der Beziehung zu seiner Frau, bei ihr fand er Verständnis. Für Friede Springer wurden die Gespräche zum wichtigsten Startkapital in das Verlagsgeschäft. «Während Axel sprach, hatte ich Zeit, die Menschen genau anzuschauen», sagte sie später.

Nach dem Tod ihres Mannes 1985 begann für Friede Springer ein zweites Leben. Mit 43 Jahren wurde sie Haupterbin und Testamentsvollstreckerin. Doch auch als sie jeden Morgen in Springers einstiges Büro im Berliner Verlagshaus ging - als Verlegerin hat sie sich nie gesehen. «Ich verlege höchstens meine Brille», wird sie dazu immer wieder zitiert. Diese Jahre wurden zur Feuerprobe. Gegen viele hausinterne Intrigen hielt sie den Verlag zusammen, den Springer mit einer komplizierten Unternehmensstruktur hinterlassen hatte.

Auch im Kampf mit dem Münchner Medienunternehmer Leo Kirch, der die Mehrheit am Verlag anstrebte, und im Erbstreit mit den Springer- Enkeln kam Friede Springer ihre Beharrlichkeit zugute. Sie schrieb den Mehrheitsbesitz der Familie am Medienhaus Axel Springer fest und baute mit viel Geschick ihre Aktienmehrheit aus. In das operative Geschäft mischte sie sich nicht ein. Die Manager müssten aber «Bodenhaftung» bewahren und die Familie in ihre Entscheidungen einbeziehen. Springers maßgeblicher Einfluss wurde hinter wichtigen Personalien vermutet, wie bei der Absetzung des Vorstandsvorsitzenden Jürgen Richter und dem Aufstieg des Journalisten Mathias Döpfner zum heutigen Unternehmenschef.

In den vergangenen Jahren hat Friede Springer, die auch eine Stiftung zur Erforschung von Herz- und Kreislauferkrankungen gegründet hat, das Medienhaus konsequent dem Kapitalmarkt geöffnet und auch amerikanische Finanzinvestoren beteiligt. Das einstige Zeitungs- und Zeitschriftenhaus wurde so zu einem international tätigen Medienunternehmen.