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Wann Sie sofort den Job wechseln sollten

Wann Sie sofort den Job wechseln sollten Attila Albert begleitet Medienprofis bei der beruflichen Neuorientierung.

Gesundheitliche Schäden, finanzielle Verluste, vertane Zukunftschancen: Es gibt Jobs, bei denen sollte man nicht länger warten, sondern so schnell wie möglich weiterziehen. Mediencoach Attila Albert über berufliche Situationen, in denen jedes Zögern zu viel kostet.

Berlin – Ein früherer Redaktionsleiter, 40 Jahre im selben Medienhaus, pflegte sich bei jedem Ärger mit Vorgesetzten oder den Arbeitsumständen mit einer Bemerkung zu trösten: „Dafür gibt’s am Monatsende auch Geld! Wenn 60 Prozent eines Jobs in Ordnung sind, kann man schon zufrieden sein.“ Er verdiente gut, die Arbeit war interessant und abwechslungsreich, er konnte sich schöne Wohnungen und Reisen leisten. Das schien die vielen Momente der Frustration oder des Eindrucks, nichts besonders Sinnvolles zu tun, auszugleichen.

 

Das ist durchaus eine praktikable Einstellung, die zu respektieren ist. Gleichzeitig stellt sich die Frage: Wann ist es genug? Wann sollte man Ärgernisse am Arbeitsplatz nicht mehr einfach hinnehmen oder auf bessere Zeiten – neuer Chef, die nächste Umstrukturierung, günstigere Wirtschaftslage – hoffen? Das ist natürlich immer eine persönliche Entscheidung. Hier aber einige Situationen, in denen es sich empfehlen kann, nicht mehr zu warten, sondern sich nach einem neuen Job umzusehen und so schnell wie möglich zu kündigen.

 

Ihre Gesundheit leidet langfristig

Es wird zwar oft gesagt, dass die Gesundheit das Wichtigste überhaupt sei. Gleichzeitig gibt es, wenn man ehrlich ist, viele Jobs, die nur zu schaffen sind, wenn man bereit ist, sich zumindest für eine gewisse Zeit die Gesundheit zu ruinieren. Zu bestimmten Berufsbildern gehören fast unvermeidbar Schlafmangel, ungeregelte Arbeitszeiten, keine Zeit und Kraft für Sport, viele Dienstreisen mit hektischen An- und Abreisen, schlechtem Schlaf in Hotels und ungesundem Essen unterwegs. Man kann ein wenig gegensteuern, aber nur begrenzt.

 

Ein gutes Gehalt, spannenden Aufgaben, interessante berufliche Reisen und andere Vorteile gleichen das für viele so weit aus, dass sie sich das für eine Phase oder sogar den längsten Teil ihrer Karriere antun. Wenn Ihre Gesundheit jedoch deutlich gelitten hat, Sie beispielsweise Suchtverhalten, hohes Übergewicht, Herz- oder Kreislaufprobleme oder dauerhaft Zeichen einer Überlastung (z.B. Augenzucken, Schlafstörungen) zeigen, ist es Zeit zu gehen. Aus reinem Selbstschutz, etwa vor einem Infarkt oder Burnout.

 

Sie verlieren jeden Monat Geld

Man kann schon für den Anfang einer Karriere darüber diskutieren, ob es wirklich sinnvoll ist, länger als einige Wochen kostenlos oder völlig unterbezahlt zu arbeiten, beispielsweise 1,5 Jahre als Praktikant in einem Unternehmen, finanziert von den Eltern. Doch es gibt Fälle, in denen der Job auch in späteren Karrierephasen fast mehr Geld kostet, als er bei allem Aufwand einbringt. Ganz typisch dafür sind hohe Kosten für das Pendeln zum Arbeitsplatz, der Aufwand für eine Zweitwohnung oder ein Zimmer in einer anderen Stadt.

 

Aber auch scheinbare Banalitäten gehören dazu. Wer beispielsweise auf viele Veranstaltungen oder Kundentermine muss, benötigt ständig formelle Garderobe, Fest- und Abendkleidung mit entsprechenden Accessoires. Da geht es dem Chefredakteur und dem Key-Account-Manager im Anzeigenverkauf nicht anders als der People-Reporterin. Wer da keine „pauschalen Repräsentationsspesen“ erhält, zahlt drauf. Jobs, in denen sie im Grunde von ihren Ersparnissen oder Zuwendungen anderer (Partner, Eltern) leben oder ständig im Minus sind, sollten Sie schnell verlassen.

 

Sie vertun wertvolle Zukunftschancen

Jeder Tag hat eine begrenzte Zahl an Stunden, und jedes Leben nur eine begrenzte Zahl an aktiven Jahren. Auch wenn man im redaktionellen Alltag nicht ständig daran denkt, sollte man sich gelegentlich daran erinnern. Möglicherweise haben Sie den Eindruck, Sie könnten mit Ihrer Arbeits- und Lebenszeit etwas Sinnvolleres anfangen als bisher: Woanders an einem Projekt oder mit einem Team arbeiten, das besser zu ihnen passt, ihre eigene Firma aufbauen, eine Ausbildung nachholen, mehr Zeit mit Partner und Kindern verbringen.

 

Gewisse Abstriche muss man immer machen, gleichzeitig gibt es schon sehr verschiedene Arten, wie Menschen ihre Leben gestalten. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie verschwenden durch die acht (oder zwölf) Stunden an Ihrem aktuellen Arbeitsplatz wertvolle Chancen für Ihre berufliche oder persönliche Zukunft, sollten sie gehen. Möglicherweise funktioniert nicht alles so, wie Sie es sich vorgestellt haben, oder Ihr Ziel stellt sich rückwirkend als Irrtum heraus. Aber Sie haben es dann zumindest ausprobiert, selbst überprüft und erlebt.

 

Wenig empfehlenswert ist es, in derartigen Situationen ewig gar nichts zu tun. „Ich überlege noch“: Das führt entweder zu einer zunehmenden Resignationen und Trägheit, weil jeder mögliche Ausweg irgendwie schwierig scheint, oder – bei genug aufgestautem Frust – zu unüberlegten Kündigungen ohne Plan für die Zeit danach. Beschäftigen Sie sich lieber früh mit dem, das Ihnen nicht passt, und überlegen Sie in Ruhe, was Sie vorbereiten, bedenken und organisieren wollen. Dann müssen Sie nie „die Notbremse ziehen“, sondern können, um im Bild zu bleiben, bei der nächsten Weiche einfach eine andere Richtung abbiegen.

 

Zum Autor: Attila Albert (46) begleitet mit seiner Firma Media Dynamics seit mehreren Jahren Medienprofis bei der beruflichen und persönlichen Neuorientierung. Albert hat selbst mit 17 Jahren als Journalist zu arbeiten begonnen. Anfangs bei der "Freien Presse" in Chemnitz, eine der größten deutschen Regionalzeitungen, später insgesamt 23 Jahre bei Axel Springer, unter anderem als Textchef und für Sonderaufgaben bei der „Bild“-Bundesausgabe, danach als Autor bei der Ringier AG in Zürich. Berufsbegleitend hat er sich in den USA zum Coach ausbilden lassen sowie vorher ein dreijähriges Webentwickler-Studium absolviert. Auf kress.de (wie newsroom.de im Medienfachverlag Oberauer) schreibt Attila Albert eine wöchentliche Job-Kolumne.