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Warum zoffen sich die „Berliner Zeitung“ und der „Tagesspiegel“?

Warum zoffen sich die „Berliner Zeitung“ und der „Tagesspiegel“? Holger Friedrich (Foto: Markus Schreiber/Picture Alliance)

Kleinkrieg: Die „Berliner Zeitung“ von Verleger Holger Friedrich stänkert gegen den „Tagesspiegel“. Wer hat angefangen?

Berlin – „Warum zoffen sich die „,Berliner Zeitung‘ und der ,Tagesspiegel‘?“, fragt Chefredakteur Markus Wiegand in seiner „kress pro“-Kolumne und gibt auch gleich die Antwort:


Ende März erschien ein seltsamer Artikel in der „Berliner Zeitung“, der von Herausgeber Michael Maier, Chefredakteur Tomasz Kurianowicz und seinem Stellvertreter Moritz Eichhorn gezeichnet war. Unter dem sachlichen Titel „,Tagesspiegel‘ muss Sonntagsausgabe einstellen“ wurde einiges an Unsachlichkeiten verbreitet, ohne rechte Belege dafür zu liefern. Etwa, dass die DvH Medien als Muttergesellschaft des „Tagesspiegel“ in einer „schwierigen Lage“ seien und externe Hilfe in Finanzierungsfragen gesucht haben. Der „Tagesspiegel“ stehe unter Druck, weil im kommenden Jahr ein 95-Millionen-Euro-Kredit für eine Umschuldung fällig werde. Eine Reaktion auf die Krise sei die Umstellung auf das Tabloid-Format 2022 gewesen. „Das Format ähnelt dem der rechtspopulistischen ,Kronen Zeitung‘ aus Österreich“, schrieb die „Berliner Zeitung“ weiter.

Kurz gesagt: Das Ganze wirkte wie eine Attacke der „Berliner Zeitung“ auf den Konkurrenten. Und zwar eine der intellektuell schlichteren Art, um es mal vornehm auszudrücken. Zu dem Eindruck trägt auch bei, dass die „Berliner Zeitung“ die Pressestelle des „Tagesspiegel“ am Karfreitag mit wenigen Stunden Frist mit einigen dürren Fragen konfrontierte.

Was sollte das Ganze also? Hinter den Kulissen lässt sich in Erfahrung bringen, dass der Beitrag in den Reihen der „Berliner Zeitung“ nicht als Angriff, sondern vielmehr als Akt der Selbstverteidigung gesehen wird. Schließlich habe der „Tagesspiegel“ die „Berliner Zeitung“ zuvor in mehreren Beiträgen angegriffen. So etwa Anfang März, als Kolumnist Sebastian Leber der „Berliner Zeitung“ ein „geschöntes Interview“ mit dem Pink-Floyd-Mitgründer Roger Waters vorwarf und festhielt, dass die „Berliner Zeitung“ in dem publizierten Gespräch alle Passagen eliminierte, in denen der Musiker das Existenzrecht Israels infrage stellte. Bei der „Berliner Zeitung“ ärgert man sich zudem über etwas anderes, wie Michael Maier im Blatt festhielt: „Bis vor kurzem wurde der Wettbewerb zwischen den Zeitungen in Berlin hart, aber fair geführt. Seit einiger Zeit unterstellt der ,Tagesspiegel‘ der ,Berliner Zeitung‘, wie ein russisches U-Boot zu agieren.“

Zuvor hatte der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev die Berichterstattung der „Berliner Zeitung“ kritisiert und dabei auch auf den „Tagesspiegel“ verwiesen. Herausgeber Maier fragt offen in seinem Beitrag, ob der Artikel „über die wirtschaftliche Schwäche“ des „Tagesspiegel“ der Hintergrund „für die Attacke“ des Botschafters sei. Ganz schön wild. Von außen wirkt die Auseinandersetzung befremdlich. Denn beiden fehlt in der Berichterstattung übereinander eine Voraussetzung: Unabhängigkeit. Beide Titel sind in einem schwierigen Markt wirtschaftlich wackelig unterwegs. Eines scheint dabei aber klar: Sie sind nicht in einem Verdrängungswettbewerb. Dazu sind die publizistischen Konzepte zu unterschiedlich. Umso merkwürdiger wirkt der Zoff.

 

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