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Was Klaus Brinkbäumer dem Spiegel noch zu sagen hat

Was Klaus Brinkbäumer dem Spiegel noch zu sagen hat Klaus Brinkbäumer: „Mein Trauermonat war der November 2018.“

„Ich stelle mir manchmal vor, wie der ,Spiegel‘ über den ,Spiegel‘ schreiben würde. Schön wär’s nicht“: Vor rund einem Jahr stand fest, dass Chefredakteur Klaus Brinkbäumer den „Spiegel“ verlassen muss. Das erste Interview seit seinem Abgang hat er „kress pro“ gegeben.

Berlin – Vor einem Jahr musste Klaus Brinkbäumer als Chefredakteur des „Spiegel“ gehen. Im ersten Interview seit dem Abgang spricht er über eigene Fehler, kritisiert den Einfluss der Mitarbeiter KG und 

sagt, welche Ratschläge er anderen Führungskräften gibt. 

 

Sie sind mittlerweile Autor bei der „Zeit“. War das auch ein Zeichen an Ihren früheren Arbeitgeber? 

Klaus Brinkbäumer: Sie meinen, wie bei einem Fußballer, der von Borussia Dortmund weggeht und zufällig bei Bayern München landet?

 

In Ihrem Fall vielleicht ja auch umgekehrt? 

Nö, schon exakt so herum, aber Dortmund wird langsam gefährlich, nicht wahr? (Lacht.) Die Antwort ist trotzdem Nein. Neid, Wehmut, Bitterkeit - mit solchen Gefühlen wollte ich nicht die kommenden Jahre bestreiten. Es gibt einige ehemalige „Spiegel“-Leute, die es nicht schaffen, den Laden hinter sich zu lassen; ich wollte das anders hinkriegen. Mein Trauermonat war der November 2018, und ich brauchte für die Verarbeitung der Trennung tatsächlich einige Wochen – auch weil ich die viel zu schnellen Wechsel beim „Spiegel“ für so grundfalsch halte und in meinem Fall natürlich besonders unerhört fand. 

 

Wieso? 

Wissen Sie, in diesem ersten Interview seit dem Abschied vom „Spiegel“ könnte es verlockend sein, Rechnungen zu begleichen. Aber ich mag den „Spiegel“ sehr und hatte dort 25 wundervolle Jahre. Außerdem ist die etwas ruppige Trennung auch schon wieder zehn Monate her, und meine Gedanken sind längst bei Projekten für die „Zeit“ und bei den Büchern und Filmen, an denen ich arbeite. Bleiben wir darum im Abstrakten: Der „Spiegel“ hat eine große Geschichte, viele sehr gute Leute und hätte eben deshalb jene ruhige Stabilität und vor allem die strategische Klarheit verdient, mit der die Sulzberger-Familie und Dean Baquet die „New York Times“ oder Giovanni di Lorenzo, Rainer Esser und die Holtzbrinck-Familie die „Zeit“ führen. 

 

Geht es etwas konkreter? 

Ein wenig: Der „Spiegel“ bräuchte eine Definition der Rollen auf seiner höchsten Ebene. Welche Aufgaben haben Gesellschafter, Geschäftsführer, Chefredakteure? Wie lernen sie aus Fehlern, wie kommunizieren sie, wie verständigen sie sich auf welche Ziele - und wer wird eigentlich woran gemessen?

 

All das gab es zu Ihrer Zeit nicht? 

(lacht) Ich verstehe die Frage und bleibe trotzdem abstrakt: Gut geführte Unternehmen wissen, was sie wollen, lernen aus Fehlentscheidungen und entscheiden dann schnell und sicher. Sie müssen nicht die eigene Dysfunktionalität durch die Suche nach Sündenböcken kompensieren. Der „Spiegel“ hat jedenfalls eine gewisse Begabung darin, Leute, die er gestern noch für seine Besten hielt, heute bei der Konkurrenz wiederzusehen. 

 

Über den Einfluss der Mitarbeiter KG des „Spiegel“ wird immer wieder diskutiert. Wie groß ist das Problem wirklich? 

Groß. Manche KG-Geschäftsführer und in Wahrheit sogar die meisten stillen Gesellschafter fühlen sich bei allen Fragen mächtig und kompetent, auch wenn sie Letzteres, wer weiß, womöglich nicht bei jedem Thema sind. In der KG werden dann auch noch persönliche Kränkungen aufgearbeitet und individuelle Karrieresprünge vorbereitet. So etwas kann für kein Unternehmen der Welt gesund sein.

 

Gesellschafter und Chefredakteure bräuchten also nur miteinander zu reden und schon wären alle Probleme gelöst? 

Nein, aber ich stelle mir manchmal vor, wie der „Spiegel“ über den „Spiegel“ schreiben würde. Schön wär's nicht. Den Wert ständiger Zerrüttung könnte vermutlich auch jener Text nicht erklären.

 

Woran sind Sie letztlich gescheitert? Was haben Sie sich vorzuwerfen? Gab es Versäumnisse in der Relotius-Affäre? Was raten Sie anderen Führungskräften? Braucht es heute an der Spitze von Redaktionen eher gute Manager oder publizistische Schwergewichte? ... Sie möchten das komplette 4-seitige Interview mit Klaus Brinkbäumer in kress pro lesen. Hier gehts zur aktuellen Ausgabe.