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Was Mathias Döpfner aus der Reichelt-Affäre lernte – offenbar wenig

Was Mathias Döpfner aus der Reichelt-Affäre lernte – offenbar wenig Mathias Döpfner (Foto: Axel Springer)

Die Reichelt-Affäre gilt bei Springer als abgeschlossen. Doch die Aufarbeitung wirkt halbherzig – und Reichelts Vertraute sitzen fester im Sattel denn je.

Berlin – Wenn der Laden ihm nicht zufällig gehören würde, hätte er sich selbst rauswerfen müssen. Die Sprachregelung bei Springer zur Reichelt-Affäre lautet ja, dass Döpfner von dem unsäglichen Führungsgebaren nichts wusste und dass er mit Ex-„Bild“-Chef Julian Reichelt auch längst nicht so eng war, wie viele dachten. Beides halten eine Reihe interner Quellen für Unsinn, schreibt Chefredakteur Markus Wiegand im aktuellen „kress pro“. Und weiter: 

 

Es ist auch schlicht nicht glaubhaft, dass Döpfner von den seltsamen Führungsangewohnheiten seines wichtigsten Journalisten nichts mitbekommen haben will. Deutlich wahrscheinlicher ist, dass er Julian Reichelt als Grenzgänger in einem Geschäft voller Grenzgänger nicht nur toleriert, sondern gefördert hat.

 

Abgesehen davon fanden viele in der Springer-Führung die Verfehlungen Reichelts auch nach der „Spiegel“-Aufdeckung nicht so wild, weil es beim Thema Machtmissbrauch viele Grauzonen gibt und einige Zuspitzungen in der Berichterstattung sich nicht als haltbar herausgestellt haben. Die Strategie Springers ist es, Gras über die Sache wachsen zu lassen – was auch ganz gut gelingt, wenn sich nicht mal das „Manager Magazin“ zu einer Frage zum Thema Vergangenheitsbewältigung aufraffen kann.

 

Eigentlich gab es für Springer nur zwei Möglichkeiten für den Umgang mit der Reichelt-Affäre: Entweder man sieht Schwächen im eigenen Haus und versucht, die abzustellen. Oder man hält das Ganze für überzogen. Vieles spricht dafür, dass bei Springer Haltung zwei stets dominierte. Andernfalls hätte man zum Beispiel das Verhalten der Reichelt-Getreuen in der Redaktion nach der Affäre sanktionieren müssen. Das ist nicht passiert.

 

Im Gegenteil: Paul Ronzheimer, der eng mit Reichelt befreundet war, ist seit der Affäre immer weiter aufgestiegen und heute der große Star des Hauses Axel Springer – als erfolgreicher Podcaster und Teil des internationalen Global Reporters Network. Genau jener Ronzheimer hatte nach dem Rauswurf seines Freundes bei Bild TV, den Tränen nahe, gesagt: „Julian, wir denken an dich.“ Unvergessen auch sein Tweet nach dem Abgang Reichelts: „Er wird auch immer einer der besten Journalisten bleiben! Axel Springer, Bild und ganz viele Reporter haben @jreichelt so, so viel zu verdanken. Und auch das sollte nicht untergehen! Danke, mein Freund!“ Er versah das Ganze mit einem Herzchen.

 

Während Ronzheimer sich seither zu allen wichtigen nationalen und internationalen Themen mit einem beeindruckenden Pensum zu Wort meldet, hat er sich zu seiner Rolle in der Reichelt-Affäre nie öffentlich geäußert. Welches Verhältnis er heute zu seinem einstigen Chef, Freund und Vertrauten pflegt: keine Ahnung.

 

Nach der Reichelt-Affäre hatte Verleger Mathias Döpfner „Welt“-Chefredakteur Johannes Boie ins Amt des „Bild“-Chefs bugsiert. Der, so sagen ernst zu nehmende Stimmen im Haus, wollte Ernst machen mit dem Kulturwandel und eine Entmachtung von Reichelts Getreuen. Das Ergebnis: Er wurde schnell wieder abberufen. Kürzlich heuerte er beim KI-Rüstungs-Start-up Helsing an.

 

  • Warum hat das „Manager Magazin“ Döpfner nichts zu Reichelt gefragt?
  • Setzt Julia Klöckner „Nius“ und „taz“ gleich?
  • Finanzieren NOZ und sh:z ihre Redaktionen echt ganz aus Digitalerlösen?

Zu den Antworten

 

Must Reals im neuen „kress pro“:

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