Vermischtes
Newsroom

Was Medienexperte Hans-Jürgen Jakobs jetzt in der Krise Mathias Döpfner rät

Was Medienexperte Hans-Jürgen Jakobs jetzt in der Krise Mathias Döpfner rät Hans-Jürgen Jakobs (Foto: Frank Beer Photography)

Jakobs hat ür den viel gescholtenen Döpfner drei konkrete Tipps – und empfiehlt ihm die Helmut-Kohl-Strategie.

Berlin – Hans-Jürgen Jakobs, ehemals „Handelsblatt“-Chefredakteur und seit vergangenem Jahr offiziell im Ruhestand, blickt im „kress pro“-Interview auf die Medienerschütterungen bei Bertelsmann und Springer. Für den viel gescholtenen Mathias Döpfner hat Jakobs drei konkrete Tipps – und empfiehlt ihm die Helmut-Kohl-Strategie.

 

Was würde denn passieren, wenn das neue RTL-G+J-Konstrukt doch wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt und Thomas Rabe hinwirft oder vielleicht sogar aus dem Unternehmen entfernt wird?

Hans-Jürgen Jakobs: Weder wird Thomas Rabe hinwerfen noch wird er entfernt. Zum einen ist er krisenerprobt, zum anderen ist das Verhältnis zu Christoph Mohn eng. Unter solchen Voraussetzungen wirkt bei Managern eine Teflon-Schicht. Rabe ist jetzt 57 Jahre alt, die traditionelle Altersgrenze bei Bertelsmann ist 60. Bis dahin wird er es wohl machen. Dann scheint es in der Familie Mohn Überlegungen zu geben, den Generationswechsel zu wagen und möglicherweise mit Carsten Coesfeld ein Mitglied der eigenen Dynastie in die CEO-Position zu bringen. Es scheint ein lang gehegter Traum insbesondere von Liz Mohn zu sein, die eigene Familie wieder an erster Stelle präsentiert zu sehen. Deutsche Familienunternehmen ticken oft in diese Richtung.

 

Es gab den nachvollziehbaren, aber vielleicht auch fast naiven Versuch von der Belegschaft, aber auch aus der Außenwelt, auf Liz Mohn einzuwirken. Genauso dürften sich aktuell auch auf dem Tisch von Friede Springer Zuschriften stapeln, im Trubel um Springer, Mathias Döpfner und Julian Reichelt stärker einzugreifen. Haben Liz Mohn und Friede Springer denn – auch ohne operative Titel – überhaupt noch Einfluss auf die großen Medienhäuser?

Sie sitzen beide in den Aufsichtsräten ihrer Unternehmen – sie haben aber vor allem „atmosphärischen Einfluss“. Liz Mohn und Friede Springen leben im Bewusstsein der Verpflichtung, das Erbe gut zu verwalten. Es handelt sich in beiden Fällen um Hinterlassenschaften von vorausschauenden, auch kühnen Unternehmern – Reinhard Mohn bei Bertelsmann und Axel Caesar Springer bei Springer. Beide waren Strategen, politisch vernetzt und auf ihre Art Menschenfänger. Ihre Ehefrauen haben Firmenanteile, aber keine unternehmerischen Gaben geerbt – und halten sich in der Öffentlichkeit bis auf ein bisschen PR-Pflege weitgehend zurück. Sie sind mit dem Prozedere nicht befasst, die entscheidenden Impulse geben andere. Das war bei Axel Caesar Springer und Reinhard Mohn anders.

 

Männer mit großem Machtanspruch.

Auch wenn sie viele Jahre nicht CEO waren, so lief zu ihren Lebzeiten doch nichts ohne sie. Beide haben bis zum Schluss im Detail die Geschäftspolitik vorbestimmt. Bei Liz Mohn und Friede Springer ist das anders. Sie vertrauen aus ihrer Sicht starken Managern. Im Fall Springer ist das Mathias Döpfner, der mittlerweile seit 21 Jahren CEO ist, trotz gelegentlicher Fehlschläge. Ein einsamer Rekord. Döpfner hatte mit dem Verkauf der Regionalzeitungen und Zeitschriften den stärksten Schritt bei der Transformation getan und ist entschiedener abgebogen in Richtung digitales Geschäft. Weitaus entschiedener als Gruner + Jahr und Bertelsmann.

 

Springer als Vorbild?

Döpfner wird durch den Verkauf der nicht  digitalen Marken Gütersloh wahrscheinlich darin bestätigt haben, dass man an diesem Geschäft nicht festhalten muss. Die Botschaft von Mathias Döpfner ist viel klarer als die von Thomas Rabe. Der Springer-Chef sagt einfach: Ich will weltweit der größte und bedeutendste digitale Verleger sein. Diesen Satz versteht jeder, an ihm wird er allerdings auch gemessen werden. Übrigens: Man muss starke Marken wie das „Hamburger Abendblatt“ nicht verkaufen, man kann sie auch digital weiterentwickeln. Der Maschinenraum macht mehr Mühe als ein Deal.

 

Experteneinschätzung: Wie wird Döpfner es schaffen, die heftige Kritik an seinem Führungsstil sowie seine Rolle in der Aufarbeitung der „Bild“-Skandale rund um Julian Reichelt zu überleben und seine Stellung auch mit Blick auf den US-Markt wieder zu festigen?

Mit der Helmut-Kohl-Strategie: Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter. Wer soll ihn auch stürzen? In der Rolle als Großaktionär mit 44 Prozent der Stimmen müsste er sich selbst überzeugen, den CEO Döpfner abzusetzen und ihn in den Aufsichtsrat zu schicken. Dafür ist jetzt aber nicht der richtige Zeitpunkt. Er muss in den USA und anderswo „Politico“, „Business Insider“ und „Morningbrew“ zum Glänzen bringen sowie mit dem Börsengang von Stepstone überzeugen. Nur gute Fakten schlagen schlechte Stimmungen.

 

Was würden Sie Döpfner aktuell raten?

Einer Biografie über ihn zuzustimmen. Mit Friede Springer ein Interview geben. Sich in Hintergrundgesprächen zu erklären. Aber ich verdiene mein Geld nicht als Kommunikationsberater von Springer.

 

Zum kompletten Interview

 

Die Top-Themen im neuen „kress pro“:

  • So gelingt der KI-Einstieg: Ippen-Digital-Chefredakteur Markus Knall sagt, wo sich der Einsatz in der Redaktion schon lohnt und was er kleinen Häusern strategisch rät.
  • Plus: Wie andere Top-Digitalköpfe (u.a. Andreas Arntzen, Wort & Bild Verlag, Wolfgang Neubauer, ProSiebenSat.1, Karin Immenroth, RTL, Malte Schwerdtfeger & Ludger Schulze Pals, Landwirtschaftsverlag, Michael Schenk, Vogel, Volker Zota, Heise Online) die KI-Herausforderung angehen.
  • Ranking: Welche Redaktionssysteme die meisten Kunden haben.
  • Reichelt-Affäre: Warum sie sich zum Medienskandal ausweitet.