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Wenn's knallt: Wie sich Medienprofis bei einer Kündigung richtig verhalten

Wenn's knallt: Wie sich Medienprofis bei einer Kündigung richtig verhalten Arbeitsrechtler Jörg Thomas (Foto: Christoph Söder)

„Eine Trennung sollte still, leise, aber teuer verlaufen“, rät Arbeitsrechtler Jörg Thomas im aktuellen „kress pro“-Titelinterivew. Thomas vertritt Führungskräfte aus der Medienbranche. Wie sie sich verhalten sollten, wenn Medienunternehmen die Zusammenarbeit beenden wollen – und warum es für Abfindungen keine Faustformel gibt.

Berlin – „Eine Trennung sollte still, leise, aber teuer verlaufen“, rät Arbeitsrechtler Jörg Thomas im aktuellen „kress pro“-Titelinterivew – ein Auszug:

 

Wenn es dann doch knallt: Worüber wird zwischen Führungskraft und Medienunternehmen am meisten gestritten?

Jörg Thomas: Nach meiner Erfahrung leben sich beide Seiten oft eher schleichend auseinander. Es ist nicht so, dass man einander hasst oder jemanden plötzlich für total unfähig hält. Meistens wollen Medienunternehmen einen Impuls setzen und hoffen, mit einer Neubesetzung Schwung in die Organisation bringen zu können. Man hat einfach das Gefühl, ein anderer könne die Aufgabe besser erfüllen.

 

Wie ist der Ablauf und wann kommen Sie ins Spiel?

Typisch wäre: Die Führungskraft wird zum Gespräch gebeten und dann eröffnet man ihr, dass man sich trennen möchte. In der Regel lässt man das Ganze dann sacken und spricht erst dann darüber, wie man die Zusammenarbeit genau beendet. In dieser Phase arbeitet die Führungskraft weiter und wird noch nicht freigestellt. Im Idealfall einigt man sich im Grundsatz und ich komme dann erst gegen Ende dazu, wenn es darum geht, das Ganze zu prüfen und rechtlich zu fixieren. Manchmal überlassen die Parteien die Verhandlungen aber auch schon von Anfang an primär ihren Anwälten.

 

Was raten Sie Führungskräften in einer solchen Situation?

Sie sollten sich möglichst besonnen verhalten und nicht zu emotional reagieren. Dazu gehört, dass die anstehende Trennung nicht nach außen dringt. Das gilt natürlich auch für das Unternehmen.

 

Für manche Führungskraft ist eine Kündigung ein Schock. Gelingt es immer, die Emotionen rauszuhalten?

Das ist individuell ganz unterschiedlich. Ältere Führungskräfte, die das eventuell schon hinter sich haben, reagieren vielleicht abgeklärter. Es gibt dabei oft Parallelen zum Ende einer Liebesbeziehung. Zwar wussten beide, dass es nicht ewig halten würde, dennoch reagiert die verlassene Seite eher beleidigt. Daher sollte man sich Zeit nehmen, die Nachricht zu verdauen.

 

Und dann?

Das Interesse des Unternehmens besteht meist darin, die Führungskraft möglichst schnell freizustellen, um den Weg für eine neue Konstellation freizumachen. Das kommt dann aber auch der Führungskraft zugute. Für diese heißt es dann: Eine Trennung sollte still, leise, aber teuer verlaufen.

 

Am meisten Diskussionsbedarf gibt es vermutlich bei der Höhe der Abfindung. Können Sie mit einer Faustformel helfen?

Nein, nicht in Deutschland. Die Österreicher haben Regelungen zur sogenannten Abfertigung: Wenn Unternehmen da jemanden kündigen wollen, können sie ins Gesetz schauen und genau sehen: Was kostet mich das? Bei uns gibt es hier keinen gesetzlichen Anspruch, alles ist – außer es gibt einen Sozialplan oder konkrete Angebote des Arbeitgebers – Verhandlungssache, hängt von den Parteien und den Umständen, insbesondere den Kündigungsgründen, ab und ist damit unvorhersehbarer.

 

Im Internet findet man für normale Arbeitnehmer die Faustformel: Bruttomonatsgehalt mal Betriebszugehörigkeit mal Faktor 0,5.

Diese Praxis hilft bei Führungskräften in der Medienbranche nicht weiter. Unter dem Faktor 1,5 würde ich hier bei einer eher wackeligen Kündigung bei größeren Medienunternehmen auch gar nicht erst anfangen. Der entscheidende Punkt ist, wie lange jemand mit welchem Alter in welcher Position für ein Unternehmen gearbeitet hat und wie dringend man ihn wirklich loswerden möchte. Früher wurden hier bei Chefredakteuren auch Millionen – meist noch in DM – gezahlt, weil es da auch um den Rufschaden gehen kann, wenn sie Kaiser waren und plötzlich zum Herzog runtergestuft werden. Dabei ist immer klar: Bis zum Vertragsende müssen Führungskräfte auch bezahlt werden. Daher lohnt es sich eben, eine längere Kündigungsfrist auszuhandeln. Wenn beide Parteien gut beraten sind, kann man sich dann auf eine sogenannte Sprinterklausel einigen. Das bedeutet: Die Führungskraft wird freigestellt. Wenn sie nach zwei Monaten einen neuen Job hat, beendet sie das Arbeitsverhältnis mit vereinbarter kurzer Frist und bekommt den Rest der vertraglich zugesicherten Kündigungsfrist dann als zusätzliche Abfindung. Der Sinn dahinter ist, dass man möglichst schnell voneinander loskommt.

 

Wie Medienprofis vorgehen, wenn man sich nicht einig wird. Wie man von der Abfindung bis zur Sprachregelung am meisten rausholt. Worauf Medienprofis unbedingt achten sollten, wenn sie einen Arbeitsvertrag unterschreiben. Jetzt die „kress pro“-Titelstory lesen.