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"Wie kommen Sie darauf, dass Herr Weimer zur journalistischen Elite gehörte?"

Die „Medien-Elite ist ein Club von Weicheiern“, hat Markus Wiegand im „Wirtschaftsjournalist“ festgestellt. Zu seinem Editorial haben uns zahlreiche Zuschriften erreicht. Eine Auswahl. Von Bülend Ürük.

Berlin - Auch in den sozialen Medien, auf Twitter und Facebook wurde offen über den Beitrag diskutiert.

"Die Autorisierung des "Wirtschaftsjournalist"-Titel-Interviews mit Wolfram Weimer war mehr als mühsam. Man muss es mal sagen: Die Medien-Elite ist ein Club von Weicheiern“, so Markus Wiegand.

 

Markus Wiegand ist Chefredakteur vom "Wirtschaftsjournalist". Das Editorial stammt aus der neuen Ausgabe. Hier können Sie das   Schwesterblatt von Newsroom.de bestellen.

 

In seinem Editorial schildert Wiegand die Begegnung mit Weimer in einem Restaurant, natürlich nicht irgendwo, sondern im feinen Englischen Garten in München.

Markus Wiegand schreibt:

„Mühsam wie selten zuvor war allerdings die anschließende Autorisierung. Weimer verlängerte das Gespräch um ein Drittel (auf rund 26.000 Zeichen), relativierte etliche Aussagen und schliff an vielen Formulierungen mit dem Ehrgeiz der Eigen-PR. Das war alles hart an der Grenze des Akzeptablen. Darüber hinaus ging der preisgekrönte Journalist allerdings, als er an den exakt so gestellten Fragen des Gesprächs Hand anlegte.

Frage im Original: „Bei Ihrer letzten Station, dem „Focus“, sind Sie nach öffentlicher Leseart gescheitert. Hat Ihr Wechsel auf die Verlegerseite auch damit zu tun?“

Frage nach der Autorisierung Weimers: „Bei Ihrer letzten Station, dem „Focus“, lief es für Sie nicht so erfolgreich wie sonst. Hat Ihr Wechsel auf die Verlegerseite auch damit zu tun?“

Weimer wollte in der Druckfassung auch nicht mehr gefragt werden, warum die Angebote seines Verlages „kaum wahrgenommen“ werden und, dass der Eindruck von außen entstehe, er sei jetzt „in der dritten Liga“ unterwegs.“

Lesen Sie das komplette Editorial hier: Markus Wiegand: Medien-Elite ist ein Club von Weicheiern.

Leser-Reaktionen

Newsroom.de-Leserin Cornelia Stolze lobt das Editorial, findet es „klasse“: „Von derlei kritischen Analysen der Medienbranche bräuchten wir in Deutschland viel mehr.“

 

 

 

 

 

Ich weiß nicht, ob Herr Wiegand Recht hat. Aber ausgehend davon, dass er keine Märchen verbreitet, kratzen die von ihm geschilderten Erfahrungen mit Wolfgang Weimer mächtig an dem "Präfix Alpha". Und das ganz sicher völlig zu Recht und wahrscheinlich nicht nur bei Weimer. Wer – außer dem (selbstgemachten!) Personalityhype in der Medienblase (wie in anderen Szenen auch!)  - hat diese Tierchen denn zu "Alphas" gemacht?“ schreibt Newsroom.de-Leser Frank Martini. Er fügt hinzu: „Sich latent selbst zu wichtig zu nehmen, steht ohnehin seit ehedem im Verdacht, eine Krankheit unseres Berufs zu sein. Wenn man das auch noch durch  alle mögliche Foren, Preise, Podien und all das andere unendlich "wichtige Zeugs"   kollektiver Selbstbeweihräucherung kultiviert, muss man sich am Ende über das, was Wiegand schildert, doch nicht einmal wundern, oder?“, so Frank Martini.

 

#Autorisierung ist die größte Lüge unserer Zeit. Sie ist dumm, hässlich und falsch. danke @newsroom_news http://t.co/mrzbpstaXn

— Frédéric Schwilden (@totalreporter) 16. Juli 2014

Journalistische Elite?

„Wie kommen Sie darauf, dass Herr Weimer zur journalistischen Elite gehört oder gehörte?“, fragt Tageszeitungsredakteur und Newsroom.de-Leser Jochen Remmert: „Einen exponierten Job zu haben oder gehabt zu haben, ist noch längst kein Qualitätsmerkmal. Auch im Journalismus nicht.“

„Nach meiner ca. 25-jährigen Erfahrung gibt es in Deutschland überhaupt keine Elite-Journalisten, sondern in diesen Kreisen nur Lügner und korrupte Feiglinge, die sich nicht scheuen am Untergang Deutschlands mitzuhelfen“, so Dieter Rüggeberg.

„Interview ist berufsethisch grenzwertig“

Wer so forsch den moralischen Zeigefinger hebt, hält sich selbst sicherlich für ziemlich integer. Herzlichen Glückwunsch dafür. Ihr Interview erscheint mir allerdings etwas anders: Moralisch intakter Journalismus ist zuerst einmal wertfrei (es sei denn er bedient sich der dafür vorgesehenen Darstellungsformen).  „Dazu zählt ein Interview sicherlich nicht“, schreibt Diplom-Journalist Thomas Masuch.

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Thomas Masuch fügt hinzu: „Ich muss zugeben, ich kannte Herrn Weimer auch nicht bevor ich Ihr Interview gelesen habe. Deshalb musste ich feststellen: Ihre Fragen suggerieren aber in sehr deutlicher Form ein recht negatives Bild von Herrn Weimer ("gescheitert", „Verlagsangebote ohne Resonanz“). Wer Herrn Weimer und seine beruflichen Aktivitäten nicht kennt, hält ihn wohl wirklich für jemanden, der gescheitert ist und jetzt recht erfolglos etwas neues versucht. Aus meiner Sicht sind solche Formulierungen nicht mehr fair – zumal sie auch nicht damit begründet werden können, den Interview-Partner „aus der Reserve locken“ zu wollen. Rechtlich ist das sicherlich ok, berufsethisch mindestens grenzwertig.

Auch wenn Herr Weimer ein alter Profi ist - Sie sollten eins nicht vergessen: Der publizierende Journalist sitzt immer am längeren Hebel. Und das sind in diesem Fall Sie. Dieser Verantwortung sollten sie sich bewusst sein und damit maßvoll umgehen. Auch wenn Sie es in diesem Fall mit einer Person zu tun haben, die mindestens auf Augenhöhe ist“, so Newsroom.de-Leser Thomas Masuch.

 

Markus Wiegand sagt die Medien-Elite ist ein Club von Weicheiern http://t.co/7URwxvuLEf - und er hat vollkommen Recht.

— Florian Zettel (@FZettel) 16. Juli 2014

 

So sieht es aus, das Cover vom aktuellen "Wirtschaftsjournalist". Auf dem Titelbild: Publizist und Verleger Wolfram Weimer. Das Editorial stammt aus der neuen Ausgabe, dort finden Sie auch das lesenswerte Interview. Hier können Sie das   Schwesterblatt von Newsroom.de bestellen.

 

Für Thomas Masuch steht fest: „Übrigens zu ihrer Bewertung der jüngsten verlegerischen Aktivitäten von Herrn Weimer: Auf meiner eigenen beruflichen Erfahrung weiß ich, dass manche Journalisten gerade im wirtschaftlichen Bereich Projekte sehr kritisch und eher negativ bewerten. Nach dem Motto: Wenn man mit irgendetwas Geld verdient, kann es ja moralisch nicht gut sein. Diese Journalisten verwechseln leider allzuoft ihre voreingenommene Kritik mit dem Hand zur realen Darstellung. Ich hoffe, Sie gehören nicht zu dieser Gattung.“

„Empfindliche Chefredakteure“

Newsroom.de-Leser Peter Berger schreibt: „Herr Wiegand hat völlig recht. Leider reagieren Chefredakteure auch so empfindlich, wenn es um ihre Freunde aus Politik, Show und Sport geht - von der Geburtstagsfeier für Herrn Ackermann im Kanzleramt bis DSDS-Bohlen. Dann klatscht die ganze Stadt oder die ganze Branche oder der ganze Verein über ein Thema, das in Zeitungen und Zeitschriften tot geschwiegen wird. Für mich der wahre Grund, warum die Verlage mehr und mehr Leser verlieren.“


„Natürlich geht es nicht, dass Fragen im Nachhinein vom Interviewten redigiert werden. Das weiß jeder Profi“, so Newsroom.de-Leserin Melanie Contoli. „Aber wenn eine Frage eine subjektive Meinung beinhaltet wie in diesem Fall – „Bei Ihrer letzten Station, dem „Focus“, sind Sie nach öffentlicher Leseart gescheitert.“ – hat der Interviewte völlig Recht, wenn er es zumindest versucht. Dann aber eine so offenkundlich von der Eigen-PR getriebene Alternativ-Formulierung zu liefern - „Bei Ihrer letzten Station, dem „Focus“, lief es für Sie nicht so erfolgreich wie sonst“ – ist natürlich nicht besonders zielführend. Das hätte sich auch Herr Weimer denken können.“

 

Lesen! Wie der Ex-"Top-Journalist" Wolfgang Weimer versuchte, Fragen in Interview nachträglich zu schönen http://t.co/oeJ92MbOB5

— Stefan Niggemeier (@niggi) 16. Juli 2014

„Der Stein des Anstoßes – die Formulierung „sind Sie nach öffentlicher Lesart gescheitert“ ist übrigens auch nicht mehr als der häufig von Journalisten verwendete Trick, den Gesprächspartner zu provozieren, sich dabei aber hinter der vermeintlichen Meinung der Masse zu verstecken. Nach dem Motto: „ICH würde Ihnen das ja nie so sagen, aber die ÖFFENTLICHE LESART (was ist das überhaupt???) ist dieser Meinung…“. Auch das ist wenig professionell. Und ebenfalls ein bisschen Weichei“, erklärt Melanie Contoli.

Bülend Ürük

 

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