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Wieso Julia Becker spannender als Mathias Döpfner ist

Wieso Julia Becker spannender als Mathias Döpfner ist Alexander Graf

Und warum viel von dem, was Becker auf Podien und in Gastbeiträgen so von sich gibt, auch für Stirnrunzeln sorgt, erklärt „medium magazin“-Chefredakteur Alexander Graf.

Mannheim – Chefredakteur Alexander Graf schreibt in seinem aktuellen „medium magazin“-Editorial: 

 

Alle reden gerade über Mathias Döpfner. Von der „Zeit“ veröffentlichte Chatnachrichten werfen kein gutes Licht auf die privaten Ansichten des Springer-Bosses und legen den Eindruck nahe, er habe seinen Redaktionen inhaltliche Schwerpunkte souffliert. Ähnliches lässt ein Text im „Stern“ vermuten, der Döpfners Verbindungen zur in den Cum- Ex-Skandal verwickelten Warburg- Bank aufzeigt. Und nicht zuletzt ist da ja auch noch Benjamin von Stuckrad-Barre. Der Autor und ehemalige Döpfner-Freund hat die Seiten gewechselt und einen Roman geschrieben, dessen Handlung nur ganz zufällig an die Machtmissbrauchs-Affäre um Julian Reichelt erinnert. Die ästhetische Bewertung von „Noch wach?“ überlasse ich gerne den Kolleginnen und Kollegen aus dem Feuilleton – die vom Autor und aufgeregten Medienmenschen aufgeführte Hype-Performance vor Veröffentlichung war aber in jedem Fall große aufmerksamkeitsökonomische Kunst.

 

Verdient Döpfner die ganze Aufregung? Ich denke schon. Es ist ohne Frage relevant und veröffentlichungswürdig, wenn der Chef eines der größten deutschen Medienhäuser seine politischen Präferenzen per Whatsapp der „Bild“-Chefredaktion mitteilt: „Please Stärke die FDP“. Aber seien wir ehrlich: So richtig überraschend kommt das alles nicht. Zum einen, weil Döpfners teils fragwürdige Positionen sowie die kumpelige Nähe zwischen ihm und dem damaligen Chefredakteur Julian Reichelt längst bekannt sind. Man erinnere sich nur an die Nachricht vom Herbst 2021, in der er Reichelt als „letzten und einzigen Journalisten“ bezeichnete, der noch gegen „den DDR-Obrigkeitsstaat“ aufbegehre. Zum anderen überrascht  es nicht, weil FDP und CDU bei „Bild“ schon immer deutlich besser wegkommen als Grüne und SPD – ob Reichelt für seine überambitionierte FDP-Kampagne vor der Bundestagswahl daher wirklich noch ein „Please“ von Mathias Döpfner benötigte?

 

Aber wer weiß, vielleicht bin ich ja mittlerweile auch einfach nur etwas abgestumpft von den regelmäßigen Skandalen um den Springer-Boss. Viel spannender und überraschender finde ich daher, was Funke-Chefin Julia Becker eigentlich so treibt. Die Aufsichtsratsvorsitzende des Essener Medienkonzerns hatte sich im Zuge der Reichelt-Affäre schließlich als schärfste Kritikerin des damaligen BDZV-Präsidenten Döpfner positioniert. Becker prangerte damals das „unerträgliche Schweigen“ der „Herren“ im Verband an, und tat auch im Anschluss einiges, um sich als Gesicht einer neuen Verlegergeneration zu inszenieren.

 

Doch viel von dem, was Becker auf Podien und in Gastbeiträgen so von sich gibt, sorgt auch für Stirnrunzeln: Mehr Qualitätsjournalismus, Glaube ans Lokale, Kritik an Klicklogiken – ziemlich gewagt für einen Konzern, der große Summen mit Clickbait-Portalen und Klatschblättern verdient. Spätestens, als Becker im vergangenen Jahr auf dem European Publishing Congress in Wien davon sprach, dass es ein Fehler gewesen sei, bei den Lokalredaktionen zu sparen, stand für mich fest, dass wir Beckers Worte einmal gründlich an ihren Taten messen sollten. Ist doch gerade Funke dafür bekannt, den eigenen Gewinn gerne durch radikale Stellenkürzungen zu maximieren. Die Frage war also: Was tut Julia Becker konkret dafür, damit es nicht bei „Sonntagsreden“ bleibt? Lesen Sie hier das Ergebnis unserer Recherche.