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Zoff vor Gericht: Was ist Springer wirklich wert?

Zoff vor Gericht: Was ist Springer wirklich wert? Philipp Freise, KKR: Der Springer-Anteilseigner plant mit Teilen des Konzerns eine Rückkehr an die B

Rund vier Jahre nach dem Abschied von der Börse wird in Berlin verhandelt, ob der Konzern Aktionäre höher entschädigen muss, die zum Verkauf gezwungen wurden. Allen, die ihre Aktien nicht freiwillig verkauft haben, winkt ein Nachschlag.

Berlin – Nach dem Einstieg von Finanzinvestor KKR 2019 war Axel Springer nicht zimperlich vorgegangen. Das Unternehmen hatte den Aktionären 63 Euro pro Aktie geboten, um die Papiere von der Börse zu nehmen. Nur wenige Kleinaktionäre, die 0,93 Prozent der Aktien hielten, ließen die Frist verstreichen. Wer nicht verkaufte, wurde per Squeeze-out aus dem Unternehmen gedrängt, berichtet „kress pro“.

 

Rechtlich lässt sich dagegen nicht vorgehen. Was sich aber sehr wohl juristisch überprüfen lässt, ist die Frage, ob die Höhe der Entschädigung, die die verbliebenen Aktionäre bekommen haben, gerechtfertigt war. Dies passiert derzeit in Berlin vor dem Landgericht. 59 Antragsteller möchten, dass Springer mehr berappen muss als die 60,24 Euro pro Aktie, die Springer schließlich zahlte.

 

Streit um die Bewertung
Anwalt Peter Dreier hat die Bewertung im Februar scharf kritisiert. Es handele sich um eine der „signifikantesten Fehlbewertungen“ im Rahmen von Strukturmaßnahmen der letzten Jahrzehnte, berichtet sein Anwaltskollege Martin Arendts, der ebenfalls am Verfahren beteiligt ist, in seinem Blog „Spruch Z“. Dreier selbst mochte sich nicht äußern.

 

Springer hatte das Unternehmen beim Squeeze-out mit rund 6,5 Milliarden Euro bewertet. Allein die Jobbörse Stepstone sei aber heute schon 8 bis 10 Milliarden Euro wert, wenn man das Unternehmen wie geplant an die Börse bringe, argumentierte Dreier. Der Anwalt ist auf Spruchverfahren spezialisiert und hatte in der letzten Hauptversammlung vor dem Squeeze-out zahlreiche Fragen gestellt. Wohl, um Argumente für das Spruchverfahren zu sammeln.

 

Dreier argumentierte weiter, dass das Immobilienportal Aviv, das ebenfalls an die Börse gebracht werden könnte, mindestens weitere 8 Milliarden Euro wert sei.

 

Es ist offen, ob das Gericht der Argumentation folgt. Trotz umfangreicher statistischer Methoden und eines Gutachtens, das Springers tiefere Bewertung stützt, gibt es immer Spielräume. Dreier möchte, dass das Gericht einen unabhängigen Sachverständigen beauftragt, eine Neubewertung vorzunehmen.

 

Wann die Entscheidung im Spruchverfahren fällt, ist laut Pressestelle des Landgerichts nicht absehbar. Zudem zieht die unterlegene Seite das Verfahren in der Regel in die nächste Instanz.

Angesichts des Gesamtpreises von rund 2,9 Mrd. Euro für den Kauf der Aktien geht es für den Konzern nicht um viel Geld. Sollte Springer z. B. 20 Euro pro Aktie nachzahlen müssen, würde dies nur 20 Mio. Euro kosten.

 

Eine Besonderheit am Spruchverfahren ist übrigens, dass alle Aktionäre, die das Angebot nicht angenommen haben, in den Genuss einer Nachzahlung kommen, wenn das Gericht die Bewertung anhebt. Auch wenn sie nicht Teil des Verfahrens sind. Alle Mitarbeiter, die Aktien als Teil ihrer Entlohnung bekommen haben und den Lockrufen ihres Arbeitgebers für einen Verkauf widerstanden, könnten also einen Nachschlag bekommen.

 

Das Beispiel zeigt auch: Das Vorgehen passt nicht so recht zum Bild, das Axel Springer gerne von sich selbst zeichnet. Unabhängig von den genauen Zahlen ist es letztlich das Ziel, den Unternehmenswert zu steigern. Das große Geschäft damit allerdings machen dann KKR, Mathias Döpfner und Friede Springer. Die Kleinaktionäre, die das Risiko gerne getragen hätten, wurden rausgeworfen. Liberal war das nicht.