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Fünf Regeln für gute Onlinetexte

Fünf Regeln für gute Onlinetexte

Die Regeln für guten Schreibstil gelten auch online – und zwar verschärft! Sätze wie Pfeile gehen so ...

„Was immer Du schreibst – schreibe kurz, und sie werden es lesen, schreibe klar, und sie werden es verstehen, schreibe bildhaft, und sie werden es im Gedächtnis behalten.“ Als Joseph Pulitzer, Stifter des Pulitzerpreises für Literatur und Journalistik, das sagte, gab es noch lange kein Internet. Aber die Regeln für guten Schreibstil gelten auch online – und zwar verschärft! Denn User lesen hastig und auch unverständliche Sätze kein zweites Mal.


1. In der Kürze liegt das Aha!

 

- Textverstehen folgt einem Drei-Sekunden-Takt. Sinneinheiten, die länger als drei Sekunden Lesezeit erfordern, kann das Gehirn kaum erfassen. Kurze Sätze sind angenehmer zu lesen als lange, weil der Leser weniger Informationen auf einmal verdauen muss.

 

- Kurze Sätze machen den Text flüssig und verständlich. Die Großschreibung am Satzanfang strukturiert den Inhalt besser.

 

- Sieben Wörter pro Satz reichen oft. Drei-Wörter-Sätze „knallen“ am dollsten: Schreiben ist geil. Ich liebe es. Print ist tot. Faustregel fürs Web: maximal 15 Wörter pro Satz. Aber Vorsicht vor Kalaschnikow-Wortsalven: Nur kurze Hauptsätze im Stakkato wirken monoton.

 

- Entlasten Sie Satzklammern: Stehen Subjekt und Prädikat (das wichtigste Verb im Satz) nah beieinander, kann der Leser die Bezüge im Satz gut erkennen – und den Satz schnell verstehen. Je weiter sie voneinander entfernt sind (das Subjekt am Anfang, das Verb am Ende des Satzes), desto schwerer wird’s. Machen Sie aus langen Sätzen lieber zwei!

 

- Stellen Sie das Wichtigste an den Satzanfang: Den Satzanfang nehmen Leser aufmerksamer wahr als die Satzmitte oder das Ende. Zentrale Aussagen bringen Sie daher besser nach vorn – möglichst mit einem Hauptsatz. Das signalisiert dem Leser, was das Wichtigste ist; er versteht Ihre Botschaften leichter.

 

2. Aktiv lebt!

 

Aktive Formulierungen verstehen wir besser als passive. Sie machen den Text lebendiger, schaffen Bilder im Kopf. Und sind zudem meist kürzer. Also:

 

- Aktive (starke) Verben benutzen: Die Aktion steckt im Verb selbst. Besser „klatschen“, „stürzen“, „sagen“ als „eignen“, „sich befinden“, „meinen“. Auch Pressetexters Lieblinge wie „stattfinden“ und „beinhalten“ würgen jedes Leben ab. Statt „Die Aktion findet von Montag bis Freitag statt“ schreiben Sie lieber „Die Aktion startet Montag und endet Freitag“.

 

- Modalverben meiden: „dürfen“, „können“, „müssen“, „sollen“, „haben“, „tun“ … Ein Beispiel: „Selbst wenn ich die Augen zu mache, habe ich Kopfschmerzen.“ Aktiver: „Selbst wenn ich die Augen schließe, schmerzt mein Kopf.“

 

- Passiv meiden: „Sie werden gebeten …“ Das Passiv erlaubt es, Sätze ohne handelnde Subjekte (zum Beispiel Personen, Unternehmen) zu verfassen. Folglich beantworten Passivsätze nicht die wichtige Wer-Frage. Das Passiv ist typisch für unpersönliche Verwaltungssprache und ungeeignet für Texte, die attraktiv und lebendig sein sollen. Ausnahme: Nutzen Sie das Passiv bewusst, wenn Sie den Akteur verschweigen wollen: „Es wurden 120 Mitarbeiter entlassen“ – Ihr Unternehmen bleibt außen vor.

 

- Verben nicht substantivieren: In deutschen Sätzen wimmelt es vor Substantiven. Verben fehlen oft schmerzlich oder es sind nur Hilfsverben („sein“, „haben“). Substantive sind dafür da, etwas beim Namen zu nennen („Tisch“, „Trafohäuschen“, „Schauspielerin“). Problematisch wird’s, wenn Handlungen mit einem Substantiv ausgedrückt werden statt mit einem Verb: Plötzlich „fragen“ Menschen nicht mehr, sondern „führen eine Befragung durch“. Substantivierte Verben sind unschön und schwer zu verstehen. Durchforsten Sie Ihre Texte nach substantivierten Verben und verwandeln Sie diese blutleeren Zombies zurück! Man erkennt sie meist an den Endsilben „-ung“, „-heit“, „-keit“.

 

3. Ballast über Bord!

 

Texten Sie für Online so präzise und knapp wie möglich. Denn der User ist von Natur aus ungeduldig und unaufmerksam. Je konzentrierter Sie schreiben, desto nutzerfreundlicher. Wenn Sie alles Unnötige rauswerfen, werden Ihre Texte zudem kürzer – beim flüchtigen „Scannen“ bleibt mehr hängen.

 

- Füllwörter: „wohl“, „quasi“, „eigentlich“, „letztendlich“, „gewissermaßen“, „irgendwie“, „mehr oder weniger“, „ziemlich“, „grundsätzlich“, „insbesondere“ sind unnötiger Ballast: Sie haben keine eigenständige Aussage und schwächen die Aussagekraft Ihrer Argumente. „Ich liebe es grundsätzlich“ – mit diesem Slogan würde sich McDonald’s ins Knie schießen. Texte werden kürzer und prägnanter, wenn Sie Füllwörter streichen.

 

- Worthülsen: Modewörter wie „innovativ“, „optimieren“, „maßgeschneidert“, „kundenorientiert“ sind wenig präzise in der Aussage – und wirken schnell werblich. Konkrete Fakten bieten mehr Informationswert. Ebenfalls unnötig und unschön: aufgeblähte Wörter, etwa „Aufgabenstellung“ statt „Aufgabe“, „Zielsetzung“ statt „Ziel“. Blähwörter klingen vielleicht besonders bedeutsam, erschweren aber das Verstehen. Denn längere Wörter kann der User schwerer aufnehmen als kurze.

 

- Fach- und Fremdwörter: Der Einsatz von Fremdwörtern hängt von der Zielgruppe ab. Fachsprache erleichtert die Kommunikation zwischen Fachleuten. Die meisten Webseiten richten sich aber an alle. Dann heißt es: Verwenden Sie Fachwörter nur, wenn zwingend erforderlich. Und dann erklären Sie sie am besten allgemeinverständlich: „Router“ = „Netzwerkgerät“; „Police“ = „Versicherungsvertrag“. Das geht am Bildschirm prima mit einem Mouseover. Ihr Techniker weiß, wie.

 

- Anglizismen und überhaupt Fremdsprachliches setzen Sie besser nur ein, wenn unbedingt nötig. „Come in and find out“ – dieser Slogan der Parfümeriekette Douglas ließ viele Kunden den Ausgang suchen. Ein Großteil der Deutschen – auch die Jungen – versteht wenig Englisch. Nur geben sie es ungern zu. „Access Point“- ja klar! Mit Anglizismen ist es ein bisschen wie mit der Bodywear im Märchen „Des Kaisers neue Kleider“.

 

- Abkürzungen und Akronyme erschweren oft das Verstehen, besonders wenn sie von fremdsprachlichen Ausdrücken kommen. Schreiben Sie statt „FAQ“ lieber „Häufige Fragen“. Firmeninterne Abkürzungen für Abteilungen, Gebäude und Produkte stoßen Außenstehende vor den Kopf. Aber Abkürzungen und Akronyme, die zum Grundwortschatz Ihrer Zielgruppe gehören, nutzen Sie ruhig für Ihre Onlinetexte, denn sie sind kürzer. Also lieber „Der Werksstudent bezieht Bafög“ als „... Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz“.

 

- Synonyme: Variation im Wortschatz sollen Texte abwechslungsreich machen und Zusatzinformationen vermitteln. Aber Vorsicht: Variation kann verwirren, vor allem beim flüchtigen Lesen am Bildschirm. Konsequente Bezeichnungen sind ein wichtiges Hilfsmittel, um den User durch den Text zu führen. Verwenden Sie dasselbe Wort lieber noch mal, wenn Sie es vorher nicht schon hundert Mal benutzt haben. Das gilt auch für Fachtermini, die Sie einmal eingeführt (und definiert) haben. So können sich die Leser besser auf den Inhalt konzentrieren, da sie nicht überlegen müssen, ob mehrere Begriffe dasselbe heißen. Indes gilt: Unnötige Wortwiederholungen vermeiden! Sie langweilen den Leser.

 

4. Positiv ist positiv!

 

Das Wörtchen „nicht“ ist oft ein Wort zu viel. Denn das Gehirn stolpert leicht über Negationen. Kinder können erst im sprachreifen Alter von zirka drei Jahren überhaupt etwas damit anfangen. Positive Formulierungen sind kürzer – und verständlicher. Statt „Strommasten sind für Vögel unsicher, wenn sie nicht entschärft sind“ schreiben Sie besser „Strommasten sind für Vögel sicher, wenn sie entschärft sind.“ Für ganz gewiefte PR-Schreiber: doppelte Verneinung dient der Verschleierung. Beispiel: „Das ist nicht unproblematisch.“

5. Fehler fehlen besser!

 

Tipp- und Rechtschreibfehler sind zwar menschlich, aber sie irritieren und erschweren die Lesbarkeit eines Textes. Und sie wirken unprofessionell – die Glaubwürdigkeit schwindet. Nicht nur die Ihres Textes, sondern die Glaubwürdigkeit Ihres Unternehmens oder Ihrer Marke. Schalten Sie am Computer Rechtschreib- und Grammatik-Checker ein! Aber verlassen Sie sich nicht darauf. Denn auch sie irren. Am besten: Texte gegenlesen lassen. Von Kollegen oder vom professionellen Korrektorat. Das kostet weniger, als man glaubt.

Tipp: Dieser Text ist ein Auszug aus der PR-Werkstatt "Wirksam schreiben für das Web" von Udo Taubitz. Taubitz schrieb für Stern, Spiegel Online, Financial Times Deutschland und viele andere. Heute leitet er im Hamburger Kreativenverbund Kasper Kommunikation den Bereich Content und gibt Seminare, unter anderem an der Deutschen Presseakademie – wenn er nicht gerade Kinderbücher schreibt.


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