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Warum Christian Drosten ein Podcast-Star ist

Warum Christian Drosten ein Podcast-Star ist Tina Jürgens (Camille Blake)

Podcast-Expertin Tina Jürgens, Geschäftsführerin von Zebra Audio, analysiert im Interview, wie sich die Podcast-Nutzung in Corona-Zeiten explosionsartig verändert und was den Virologen Christian Drosten zum Naturtalent macht.

Frau Jürgens, das derzeit mit Abstand wichtigste Medium im Alltagsleben vieler Deutscher scheint Christian Drostens Corona Update zu sein. Warum hebt es sich Ihrer Ansicht nach so klar ab?

Zunächst handelt es sich ja um ein journalistisches Angebot von NDR Info und ist letztlich ein sehr informatives Interview-Format mit einem Experten. Damit nutzt der Podcast sowohl die redaktionellen Stärken einer seriösen öffentlich-rechtlichen Marke und dem Sicherheit vermittelnden Fachwissen von Christian Drosten. Diese Kombination wird in der deutschen Medienlandschaft sehr geschätzt und macht den Podcast so erfolgreich.

Drosten war vor der Corona-Krise nur Spezialisten bekannt. Was macht er als Podcaster genau richtig?

Christian Drosten hat ein überzeugendes Fach- und Detailwissen, was er gleichzeitig gut verständlich vermitteln kann. Er findet z.B. immer wieder anschauliche Beispiele und Metaphern, um komplexe Sachverhalte herunterzubrechen und damit leichter erfassbar zu machen. Dabei hat er einen sehr unaufgeregten und sachlichen Ton und wirkt nicht nur kompetent, sondern auch nahbar und sympathisch, weil er ebenso klar kommuniziert, wenn er etwas nicht weiß oder keine Daten dazu hat. Diese Art kommt der Gattung Podcast besonders gut entgegen: Vermittlung von Detailwissen bei gleichzeitig ausführlicher und persönlicher Kommunikation.

(Tipp: So gehen Podcasts in der PR – Was das Medium bringt und wie Sie Podcasts selber machen können, zeigen wir Ihnen in einer PR-Werkstatt.)

Bis vor kurzem galten Podcasts ja noch als Unterwegs- und Zwischendurch-Medien. Jetzt sitzt fast die gesamte Republik zuhause und hört trotzdem Audio-Inhalte auf dem Sofa. Müssen Sie Ihre Argumente für die Podcast-Vermarktung komplett umdefinieren?

An unserer Argumentation ändert sich nichts, weil sich die Faktoren, warum Podcasts so spannend für die Vermarktung sind, nicht ändern: Podcasts werden sehr aufmerksam gehört und die Nutzer schätzen die besonders intime, nahbare Tonalität. Das erzeugt einen sehr glaubwürdigen, authentischen und positiv besetzten Werbe-Kontext. Ob man beim Hören dabei im Auto, Büro oder in der U-Bahn sitzt, macht darauf bezogen keinen großen Unterschied.

Wer mit Familie und Kindern in den eigenen vier Wänden lebt, benötigt Rückzugsorte. Was empfehlen Sie: Kopfhörer rauf und ausklinken?

Jetzt bin ich bestimmt keine Expertin für das Leben mit Kindern. Es können mehrere Dinge funktionieren: klar definierte Auszeiten, wo man sich mit Kopfhörern zurückzieht, um seinen Lieblingspodcast zu hören. Oder man verbindet das Hören mit Tätigkeiten im Haushalt. Es gibt aber auch Podcast-Inhalte, die man – sicherlich abhängig vom Alter der Kinder – auch zusammen als Familie hören kann. Aus den neuesten Studien sehen wir, dass sich der Podcast-Konsum auf den Nachmittag und zum Wochenende verschiebt. Das zeigt auch, dass Podcast-Hören flexibler an den Alltag angepasst wird. Ob mit Kopfhörern oder ohne.

Im Fahrwasser von Christian Drostens Lage-Einschätzungen gibt es immer mehr Corona-Podcasts und Update-Mitläufer. Wie trennen sich für Sie Spreu vom Weizen?

Für mich ist bei jeder Art von Medienkonsum die Absenderschaft wichtig, also handelt es sich um ein vertrauenswürdiges Medium. Gerade bei Kategorien wie "News" und in Zeiten der Corona-Krise vertraue ich gut aufgestellten, seriösen Medienhäusern und höre mir auch verschiedene Formate unterschiedlicher Quellen an. Allerdings beschränke ich meinen News-Konsum auf bestimmte Zeiten am Tag. Das ist mir sonst einfach irgendwann zu viel Aufgeregtheit.

TV-Streaming boomt. Gleichzeitig gehen immer mehr Wissenschafts- und News-Podcasts an den Start. In wie weit gibt Ihnen die Krisenlagen eine Art Beschleunigungshilfe?

Dass Krisen ein Katalysator für gesellschaftliche und technische Weiterentwicklungen sind, zeigt ja die Menschheitsgeschichte sehr deutlich. Und das wird hoffentlich auch das "Gute" an dieser Zeit sein. Unsere Branche hat gezeigt, dass wir dank des Internets sehr schnell und flexibel reagieren können – sowohl in Bezug auf Prozesse als auch was die Kreation von passenden Inhalten betrifft. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir neben der medizinischen auch die technische Infrastruktur auf ein neues Niveau heben und gleichzeitig ein steigendes Interesse an "meaningful content" in allen Formen, Längen und Genres sehen werden. Diese Krise zeigt ja, dass wir gut recherchierte, erzählte und produzierte Inhalte brauchen, die neben Eskapismus auch Raum für Reflektion und Imagination ermöglichen.

Von Reichweiten allein kann kein Publisher leben. Mit welchen Argumenten bearbeiten Sie derzeit Ihre Kunden, um beim Boom-Medium Podcast Werbung zu schalten?

Es gibt keine bessere Zeit, um sich Podcast-Werbung genauer anzuschauen, weil wir sehen, dass weiterhin viel gehört wird und Marken damit eine direkte Verbindung zu ihren Kunden haben. Podcasts haben sich von einer Nerd-Gattung zu einem Must-Listen entwickelt. Mit der für die Werbewirtschaft attraktiven Zielgruppe ist auch die Qualität des Contents gewachsen. Es handelt sich also um ein hochwertiges inhaltliches Umfeld, das gerade jetzt sowohl ein hohes Maß an Aufmerksamkeit als auch Glaubwürdigkeit bieten kann. Es macht also mehr denn je Sinn, diese Art der authentischen Kommunikation für sich zu nutzen.

Wie kann Ihrer Meinung nach gute Werbung in Podcasts funktionieren und auch dauerhaft in hoffentlich wieder beruhigteren Zeiten akzeptiert werden?

Auch da ändert sich in der Krise nichts im Vergleich zu "normalen" Zeiten: It should be meaningful to the user. Damit will ich sagen: Habe ich für mein Angebot den richtigen inhaltlichen Kontext, also Podcasts, ausgewählt, mit der für mich passenden Zielgruppe und kann ich ihnen authentisch und auf die Tonalität des Mediums angepasste Services oder Produkte anbieten, dann wird Werbung in Podcasts zu jeder Zeit gut funktionieren.

Welcher Podcast beruhigt nach Feierabend eigentlich Ihre Nerven am besten?

Meine Nerven beruhige ich meistens mit Meditieren. Aber ich hören über den Tag hinweg ganz unterschiedliche Podcast-Formate. Welche das genau sind, findet sich hier.

 

Interview: Rupert Sommer (Dieses Interview erschien zuerst bei unserem Schwestermedium kress.de)

 

Tipp: Podcasts liegen schwer im Trend. Was das Medium in der PR bringt und wie Sie Podcasts selber machen können, zeigen wir Ihnen in der neuen PR-Werkstatt. Lesen Sie darin (in unserem Online-Shop erhältlich):

Wie andere Audio machen: Ansätze für PR-Podcasts aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft.

Planung ist der halbe Podcast: Mit diesen vier Schritten schaffen Sie die Grundlage.

Strategie: Was bringen Podcasts in der PR?

Von Mikrofon bis Software: Welche Technik Sie brauchen und was sie kostet.

Ein guter Schnitt: Die richtige Software.

Der Weg zum Hörer: Was Sie über die Distribution und Vermarktung von Podcasts wissen müssen.

Ein guter Sound: Die richtige Musik.

Vorsicht, Anfängerfehler: Vier praktische Tipps für bessere Podcast-Aufnahmen.

Podcast-Kompetenz: Was man können muss.

Mehr als ein Hype? Sechs Experten über die Zukunft von Podcasts.

Es muss nicht immer ein Interview sein: Schluss mit dem Gequatsche.

 

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