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Richtig schreiben für Journalistinnen und Journalisten: Zusammen oder getrennt?

Richtig schreiben für Journalistinnen und Journalisten: Zusammen oder getrennt? Stephan Töngi gibt Sprachtipps für Journalistinnen und Journalisten.

„Vorsicht, Sprachfalle!“ Teil 105: Stephan Töngi erklärt den Unterschied zwischen den Verben „gerade stehen“ und „geradestehen“.

Mannheim – Beim Lesen meiner Sprachfallen könnte der Gedanke entstehen, Manuskripte oder Zeitungstexte steckten voller Schreibfehler. Dieser Eindruck täuscht. Dennoch: Es gibt Schwierigkeiten in der deutschen Orthografie, an denen Schreiber immer mal wieder scheitern. Abzulesen an folgender Dachzeile: 
„Unternehmen sollen künftig für Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltstandards bei Zulieferern gerade stehen.“ 
Da frage ich mich doch: Stehen die Unternehmen ansonsten schief da? 

Der Fehler steckt im Infinitiv „gerade stehen". Diese Kombination von Adjektiv und Verb wird dann in einem Wort geschrieben, wenn sie in übertragener Bedeutung verwendet wird. Hier geht es jedoch weniger darum, dass jemand gerade steht (also nicht schief), sondern für etwas die Konsequenzen übernimmt, für etwas einsteht. 
Zum Beispiel: „Der Verursacher des Unfalls muss für den Schaden geradestehen.“ 
Aber: „Am Ende des feuchtfröhlichen Abends konnte kaum noch einer gerade stehen.“ Das heißt, die Schluckspechte schwankten ganz ordentlich, standen also schief, sofern sie sich überhaupt noch auf ihren Beinen halten konnten. 

Die Perfektbildung von geradestehen besitzt eine Besonderheit: Laut Duden erfolgt sie in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz auch mit „ist", ansonsten mit „hat“. 
Also Fall 1: „Der Verursacher des Unfalls ist für den Schaden geradegestanden.“ 
Fall 2: „Der Verursacher des Unfalls hat für den Schaden geradegestanden.“ 

Dieses Beispiel erinnert mich an „Sprachfalle 11“: Damals ging es um Ex-Fußball-Nationalspieler Mesut Özil sowie den Unterschied zwischen schieflaufen (im Sinne von misslingen) und schief laufen (mit einem Drall nach rechts oder links laufen). 


In der nächsten Sprachfalle geht’s um das manchmal überflüssige Adverb „vorherig“.

Die vorherige (!) Sprachfalle beschäftigte sich mit „weismachen“

 

Stephan Töngi war beim „Mannheimer Morgen“ zuletzt für die Qualitätssicherung zuständig. Zuvor arbeitete er als Redakteur, später stellvertretender Ressortleiter in der Politikredaktion. Bei seiner Tätigkeit begegneten ihm typische Schreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Mit seiner wöchentlichen Kolumne möchte er Kolleginnen und Kollegen davor bewahren, in die Fallen der deutschen Sprache zu tappen.

 

Zum Thema „Besser Schreiben“ sind im Medienfachverlag Oberauer die „Journalisten-Werkstätten“ „Kreatives Schreiben“, „Titel und Teaser“, „Wie Wörter wirken“, „Wie Sätze wirken“, „Wie Texte wirken“ erschienen.

 


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