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Trotz Krise einen Wechsel wagen: Warum Medienprofis nicht ewig warten sollten

Trotz Krise einen Wechsel wagen: Warum Medienprofis nicht ewig warten sollten Attila Albert

Schon in ruhigen Zeiten fällt es den meisten schwer, eine überfällige Veränderung endlich anzugehen. Umso mehr scheuen sie viele in Zeiten voller Unklarheiten und Risiken, wie wir sie seit 2020 erleben. Attila Albert sagt, wie Sie die Chancen der Krise für sich entdecken und nutzen.

Berlin – Eine Chefredakteurin dachte seit Jahren darüber nach, wie es für sie weitergehen könnte. Sie war unzufrieden mit der Strategie ihres Arbeitgebers, zermürbt von den ewigen Stellen- und Budgetkürzungen. Es frustrierte sie, dass die Auflagen ihrer Titel immer nur sanken, wie sehr sich die Redaktion auch bemühte. Zwar war ihr klar, dass es anderen nicht besser ging. Aber sie zögerte aus verschiedenen Gründen immer, hatte auch noch keine rechte Idee für ihre Zukunft. Als sie einen Wechsel endlich ernsthaft angehen wollte, begann Anfang 2020  die Zeit der Krisen, die bis heute anhält. War es nun zu riskant, noch etwas zu wagen?

 

Bereits in normalen Zeiten fällt es den meisten schwer, freiwillig eine größere Veränderung anzugehen, selbst wenn sie überfällig ist. Man hat sich in seinem Leben eingerichtet, wenn es auch nicht perfekt ist. Freut sich lieber auf das Wochenende und den nächsten Urlaub, als sich Unbequemlichkeiten und Risiken (z. B. Umzug, neue Probezeit) auszusetzen. Umso größer die Bedenken in Krisenzeiten, wenn die Unsicherheiten und Risiken unbestreitbar größer sind. Das ist verständlich, aber nicht die beste Strategie: Gerade in Zeiten besonderer Umbrüche eröffnen sich Gelegenheiten, die es sonst nicht gibt.

 

Jede Krise hat ihre Gewinner

Vor einigen Tagen unterhielt ich mich darüber mit einer Gruppe von Journalistik-Studenten, die sich für die Folgen einer Krise auf die Gesellschaft interessierten. Zwei Punkte waren mir dabei besonders wichtig: Krisen gibt es immer, die Pausen dazwischen sind die Ausnahme, und sie sind nie allgemein. Die Krise des einen ist die Chance des anderen. Auch in diesen, für alle nicht einfachen Monaten habe ich als Karriere-Coach mit Medienprofis gearbeitet, die attraktivere Jobs gefunden, eine Selbstständigkeit begonnen oder sich einen Lebenstraum erfüllt haben, z. B. aufs Land gezogen oder sogar ausgewandert sind.

 

Niemals waren die anfänglichen Umstände ideal, das genaue Ziel und der Weg bereits klar. Das ist normal, ebenso Ängste und Unsicherheiten. Die Gewinner einer Krise, die es immer gibt, lassen sich davon aber nicht abhalten: Sie reduzieren Unsicherheiten und Risiken auf ein verträgliches Maß, anstatt sie ganz vermeiden zu wollen. Im Detail hängt das von den Umständen (z. B. Familiensituation, Finanzen) ab, von der inneren Einstellung und wie stark Ihr Wunsch nach einem Neuanfang ist. Ob Sie also wirklich bereit sind, etwas dafür zu tun.

 

Nicht ewig ängstigen und lähmen lassen

Wenn eine Krise einsetzt, ist es immer sinnvoll, zuerst kurz innezuhalten, um sich einen Eindruck zu verschaffen und zu sammeln. Die Lage bleibt aber unklar und dynamisch. Das Ende ist für keinen absehbar. Hier sind nun Entschlossenheit und Mut gefragt, um sich nicht ewig ängstigen und lähmen zu lassen. Verschiedene Gründe sprechen dafür:

 

Eine Krise bringt Verwerfungen mit sich, die gleichzeitig Chancen sind. Unternehmen können überfällige Anpassungen nicht lange verschieben, brauchen entschlossene Führungskräfte und neue Spezialisten. Hier könnten Sie jetzt gefragt sein.

 

Was auch immer Sie anfangen, braucht Vorbereitung: Aktuelle Lage und Ziel klären, einen Plan entwerfen, mit der Umsetzung beginnen. Das können Sie in der Krise erledigen und verlieren so nicht noch weitere Monate oder gar Jahre.

 

Je spezieller oder höher angesiedelt Ihre aktuelle Tätigkeit ist, desto länger wird es dauern, bis Sie eine passende neue Option gefunden haben. So beginnt Ihre Suche zwar in der Krise, aber Sie wechseln wahrscheinlich sowieso erst danach.

 

Sie sind wegen knapperer Ressourcen (Zeit, Geld und Kraft) gezwungen, stärker Schwerpunkte in Ihrem beruflichen und privaten Leben zu setzen. Das zwingt Sie zu mehr Entschlusskraft, Mut und Konsequenz, als sie bisher hatten.

 

Die Krise wühlt Sie möglicherweise sehr auf (wenn Sie z. B. ständig auch privat die Nachrichten mitverfolgen). Arbeiten Sie an einem konkreten Plan für sich, stärken Sie Ihre Zuversicht, Selbstwirksamkeit und Konzentration aufs Wesentliche.

 

Auch Selbstständigkeit lässt sich gut vorbereiten

Gleiches gilt für den Aufbau einer nebenberuflichen Selbstständigkeit - für Angestellte der bevorzugte Weg, sich mit wenig Risiko eine berufliche Alternative und einen Zusatzverdienst aufzubauen. Auch dafür sind viele Vorbereitungen nötig, die sich gut in der Krise erledigen lassen und keine großen Investitionen erfordern: Grundsätzliche Idee und Strategie erarbeiten, Webseite und andere Marketingmaterialien erstellen, erste Gespräche mit potenziellen Kunden. Schon dann können Sie wahrscheinlich erste Umsätze erzielen, sind vor allem aber startklar, wenn sich die allgemeine Lage wieder normalisiert hat.

 

Eine Krise erfordert mehr Klarheit, Fokus und Konsequenz, verzeiht weniger Versäumnisse und Fehler. So sollten Sie für sich klären, was für Sie die höchste Priorität hat. Einen erschöpfenden Job verlassen, um nicht krank zu werden? Mehr verdienen, um die Inflation besser verkraften zu können? Mehr Spaß, Lebensfreude und Zeit für eigene Projekte? Vermeiden Sie Ausweichmanöver, insbesondere lange Krankschreibungen als Flucht oder Weiterbildungen, bevor Sie wissen, welches Ziel Sie überhaupt erreichen wollen. Dann bleibt die Krise zwar eine anstrengende Zeit, die Sie aber weitergebracht hat.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Flucht in die Krankschreibung

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.