Jobs
Newsroom

Wie Medienprofis den Job finden, der wirklich passt

Wie Medienprofis den Job finden, der wirklich passt Attila Albert

Viele berufliche Entscheidungen werden pragmatisch getroffen. Doch mit einem ganzheitlichen Blick lassen sich oft mehrere Wünsche gleichzeitig erfüllen. Mediencoach Attila Albert sagt, was Sie bedenken sollten, wenn Sie mehr als eine attraktive Arbeitsstelle wollen, nämlich gut leben.

Berlin – Eine Redakteurin wechselte von Springer in Berlin zu Burda nach Offenburg. Ihr Job war dort nicht viel anders, auch wenn sie die Atmosphäre als familiärer empfand. Aber sie hatte bald das Gefühl, ein neues Leben zu führen. In Berlin hatte sie 35 Minuten mit der U-Bahn zur Arbeit gebraucht. Sie war dort immer Single gewesen und hatte ihre Freizeit vor allem im Sportstudio, in Bars und Clubs verbracht. Nun brauchte sie nur noch eine Viertelstunde mit dem Fahrrad in der Redaktion, besuchte am Wochenende romantische Weingüter und die Städtchen des Elsass, wanderte viel, kochte daheim und hatte bald einen Partner.


Ein neuer Job ist wie ein neues Leben, lässt sich in Abwandlung eines Schlagers sagen. Selbst, wenn es anfangs wirklich nur um eine neue Arbeitsstelle ging, kann sich daraus ein weitgehender Wechsel des Lebensstils ergeben. Überlegt geplant, lassen sich so oft mehrere Wünsche gleichzeitig erfüllen, manchmal besonders effektiv. Das setzt voraus, eine mögliche berufliche Veränderung – beim aktuellen Arbeitgeber, durch Aufstieg oder interne Versetzung, oder außerhalb – ganzheitlich zu denken. Was könnte sich, neben der Arbeitsstelle, damit noch alles verbessern lassen? Dazu heute einige Gedanken.

 

Regelmäßig prüfen, ob Sie noch am richtigen Ort sind

Berufliche Veränderungen werden aus den unterschiedlichsten Gründen angestoßen. In jungen Jahren geht es um den Ein- und Aufstieg sowie um mehr Geld. Später kommen praktische Erwägungen dazu, etwa ein Arbeits- und Wohnort näher bei den Eltern, damit diese gelegentlich bei der Kinderbetreuung unterstützen können. Wer sich etabliert hat, denkt oft darüber nach, ob seine Tätigkeit sinnvoll ist – und muss sich bald um ältere Angehörige kümmern, die Hilfe brauchen. So ändern sich die Bedürfnisse immer wieder, und es lohnt sich, etwa alle drei bis fünf Jahre zu überlegen: Bin ich da, wo ich sein will?

 

Meine Empfehlung ist, für einen ganzheitlichen Blick folgende acht Lebensbereiche mit ihren Einzelaspekten zu durchdenken. 

1. Beruf und Karriere: Welche Position wollen Sie erreichen, sich mit welchen Aufgaben auseinandersetzen, wie arbeiten (z.B. Firmengröße, Büro)?

2. Persönliche Finanzen: Wie viel Geld brauchen Sie für Ihr Leben, wie viel halten Sie für Ihre Leistung für angemessen, müssen Sie noch etwas abzahlen?

3. Gesundheit und Alter: Wie viel können Sie leisten, wie viel Zeit wünschen Sie sich für Sport und Wellness, wie viel brauchen Sie für Ruhe und Erholung?

4. Beziehung und Familie: Wie stark wollen Sie sich Ihrem Partner und Kindern widmen bzw. eine Familie gründen, müssen Sie Angehörige unterstützen?

5. Enge soziale Beziehungen: Haben Sie genug Zeit für Freundschaften, können Sie berufliche und private Kontakte pflegen, was machen Sie gern gemeinsam?

6. Persönliche Entwicklung: Was ist Ihr höchster Abschluss, was haben Sie zuletzt gelernt, was möchten Sie beruflich oder privat noch ausprobieren?

7. Lebenssinn und Spiritualität: Was finden Sie in Ihrem Leben sinnvoll, wo fühlen Sie sich in ein größeres Ganzes eingebunden, bleibt Zeit für ein Ehrenamt?

8. Spaß und Lebensfreude: Was macht Sie glücklich, wann vergessen Sie mal alle Sorgen und Probleme, können Sie noch lachen und ausgelassen sein?

 

Möglichst konkret klären, was Sie sich wünschen

Beantworten Sie diese Fragen möglichst konkret für sich. Notieren Sie Ihre aktuelle Situation und Wünsche in jedem der acht Lebensbereiche vielleicht auch in einigen Stichpunkten. Eher abstrakte, offene Begriffe füllen sich so mit Leben. Viele Medienprofis wünschen sich beispielsweise „mehr Wertschätzung”. Was heißt das für Sie konkret: Mehr Geld, dass man Ihnen von sich aus eine Beförderung oder Weiterbildung anbietet, mehr Lob? Gleiches gilt für Wünsche nach „mehr Zeit” (Fragen rund um Schichtdienste, Pendeln, Homeoffice), „netten Kollegen”, einer „guten Firmenkultur” (Atmosphäre, Ausstattung, Organisation). Eine hilfreiche Branchenübersicht über die Gehaltszufriedenheit in deutschen Medienhäusern finden Sie in der aktuellen Ausgabe von „kress pro“.


Selbstverständlich bringt es Sie nicht weiter, in allen Bereichen maximale, damit insgesamt unerfüllbare Forderungen zu stellen. Aber es hilft, eigene Prioritäten zu erkennen und zu schauen, wo sich Wünsche verbinden lassen. Beispiel: Sie wollen wechseln, weil Sie seit Jahren weder eine Beförderung noch eine Gehaltserhöhung erhalten haben. Gleichzeitig wären Sie gern wieder näher bei Ihren Eltern, träumen auch von einem Haus mit Garten. Also konzentrieren Sie sich auf mögliche Arbeitgeber in dieser Region, erwägen aber auch eine Selbstständigkeit. Mit Optionen, die nicht dazu passen, halten Sie sich nicht auf.

 

Prioritäten helfen auch dabei, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Würden Sie für ein hohes Gehalt auch in einer Branche arbeiten, die andere zweifelhaft finden? Sind Sie eigentlich lieber im Büro als daheim? Arbeiten Sie gern im Team oder nur, wenn es sein muss? Die wahren Antworten müssen Sie nicht bei jedem Bewerbungsgespräch verraten. Aber zumindest Sie kennen sie dann und verfolgen nichts weiter, was nicht zu Ihren erkannten Wünschen passt. Dieser Ansatz ist präziser als ein vages Bauchgefühl („Ich fühle mich damit nicht richtig wohl”). Ihre Aktivitäten erhalten damit eine Richtung.

 

Viele berufliche Entscheidungen werden pragmatisch getroffen, und das kann durchaus gut funktionieren. Aber es hilft der eigenen Zufriedenheit auf lange Sicht, Grundsatzfragen für sich zu entscheiden und danach als gesetzt zu behandeln. Beispiel: Nach vielen Jahren keine Wochenenddienste mehr, weil das zu lange zulasten Ihrer Gesundheit, Familie und Freundschaften ging. Damit würden Sie sich ausschließlich auf Arbeitgeber und Stellen mit regulären werktäglichen Arbeitszeiten konzentrieren. Manches vermeintlich attraktive Angebot relativiert sich dann von selbst: Gut für andere, Sie wollen etwas anderes.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Stress im Team

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.