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Internationale Medienakademie startet heute: Wenn sich selbst der Regierungschef für den Nachwuchs Zeit nimmt

Heute startet die Internationale Medienakademie im Fürstentum Liechtenstein. Vier Wochen lang wird an der Universität Liechtenstein das journalistische Handwerk trainiert. Einblicke in den Journalismus bietet unter anderem „Weltwoche“-Vize-Chefredakteur Philipp Gut.

Vaduz – „Nachwuchsförderung fängt bereits in der Orientierungsphase an“, sagt Seminarchefin Claudia Schanza im NEWSROOM-Interview.

NEWSROOM: Frau Schanza, heute beginnt die Internationale Medienakademie in Liechtenstein. Was genau verbirgt sich dahinter?

Claudia Schanza: Vier Wochen intensives Training. Ich sage bewusst „Training“ und nicht „Lernen“. Gelernt haben die Allermeisten in der Schule und an der Uni bereits genug. Aber jetzt geht es um praktische Erfahrungen: Wie spreche in Leute auf der Straße für eine Umfrage an? Wie bringe ich sie dazu, sich fotografieren zu lassen, ihren Namen, Beruf, das Alter zu nennen? Oder: Wie verkaufe ich mein Thema dem Chefredakteur in einer Redaktionssitzung?

 

Claudia Schanza. Foto: Claudia Schanza/Wienerin

 

NEWSROOM: Gute Angebote kosten viel Geld. Was müssen die Teilnehmer bezahlen?

Claudia Schanza: Die Internationale Sommerakademie für Journalismus und PR ist dank der Stipendien der Liechtensteiner Regierung gratis. Wir nehmen nur 12, 13 Leute auf, in der Kleingruppe gibt es ständig intensives Feedback auf alle Arbeiten. So lernen die Teilnehmer von Tag zu Tag dazu, in Sachen Tempo, Schreibstil, Recherche und Gewichtung von Fakten.

NEWSROOM: Woher kommen die Teilnehmer?

Claudia Schanza: Die Ausschreibung der Stipendien richtet sich an journalistische Einsteiger aus dem Vierländereck Deutschland, Schweiz, Österreich und Liechtenstein. Heuer ist sogar ein junger Ungar dabei, 2010 hatten wir einen Südtiroler im Team. Die meisten sind Studierende oder Akademiker, aber die Voraussetzung für eine Bewerbung ist das Abitur oder die Matura.

NEWSROOM: Haben die Teilnehmer bereits alle Medienerfahrung?

Claudia Schanza: Manche haben schon erste Erfahrungen gesammelt, aber wir wollen die Brücke zum Berufsleben als journalistischer Vollprofi sein. Darum vermitteln wir jenen Absolventen, die es sich wünschen und dazu geeignet sind, nach Abschluss der Internationalen Sommerakademie Jobs bei Medien, in Pressestellen und PR-Agenturen. Etliche Leute der ersten beiden Jahrgänge konnten bereits Fuß fassen, ihnen haben die vielen praktischen Erfahrungen in Liechtenstein gewisse Anfängerpannen im Arbeitsalltag erspart.

NEWSROOM: Gibt es schon Absolventen der Internationalen Medienakademie, die es in die Redaktionen geschafft haben?

Claudia Schanza: Natürlich! Nur ein typisches Beispiel: Der damals 20-jährige BWL-Student Christoph Wagner hat es nach der Sommerakademie in eine Journalismus-FH geschafft, außerdem hatte er sofort regelmäßige Wochenenddienste bei einer Boulevardzeitung. Und seit einem Monat – also knapp zwei Jahre nach der Uni Liechtenstein - hat er einen fixen Vertrag beim österreichischen Magazin „News“.

NEWSROOM: Welche Themen werden bei der Internationalen Medienakademie behandelt? Welche Referenten konnten Sie verpflichten?

Claudia Schanza: Von lokalen Ereignissen über Porträts von Liechtensteinern bis zur Reportage vom Staatsfeiertag, der innenpolitischen Pressekonferenz oder der Bilanz der Bregenzer Festspiele – die volle Bandbreite journalistischer Berichtsformen und Themen ist vertreten. Natürlich auch im PR-Bereich: Auch da lernen die Studierenden, was einen guten PR-Text ausmacht und wie verwandt die Aufgaben in PR und Berichterstattung sind. Zu uns kommen unter anderem der Vize-Chefredakteur der „Weltwoche“ aus der Schweiz, Philipp Gut, ORF-„Bürgeranwalt“ Peter Resetarits, die „Kronen-Zeitung“-Kolumnistin und Bestsellerautorin Marga Swoboda oder Polizeihauptkommissar Christian Owsinski, der über die Zusammenarbeit von Polizei und Presse spricht.

NEWSROOM: Wie wichtig ist eigentlich Nachwuchsförderung im Journalismus?

Claudia Schanza: Sehr, sehr wichtig! Für mich beginnt die Förderung allerdings nicht bei der Jobvermittlung sondern bei der Orientierung: Was liegt mir, wofür bin ich geeignet, was macht mich glücklich? Das lernen die jungen Leute an keiner Fachhochschule und an keiner Uni. Mein Ziel als Lehrgangsleiterin ist, dass die Absolventen nachher ein klares Ziel vor Augen haben, wissen, wo ihr idealer Platz ist. Egal, ob im tagesaktuellen oder Magazin-Journalismus, in einer amtlichen Pressestelle oder als Krisenreporter. Je nach Temperament, Nervenkostüm und Interesse ist jeder woanders gut aufgehoben. Wer aus Vaduz abreist, weiß, wo sein Platz sein könnte, weil er in kurzer Zeit verschiedene Arbeitsbereiche kennen gelernt hat.

NEWSROOM: Sogar der Regierungschef Klaus Tschütscher lobt die Förderung der jungen Medienmacher in seinem Fürstentum. Wie hoch ist der Stellenwert der Internationalen Medienakademie tatsächlich in Liechtenstein?

Claudia Schanza: Dank der hervorragenden Zusammenarbeit mit den beiden Tageszeitungen im Land erscheinen noch während des Lehrgangs laufend Berichte der Nachwuchsjournalisten in „Vaterland“ und „Volksblatt“.  Die Studierenden interviewen und fotografieren die Liechtensteiner – vom Bauern bis zum Regierungschef –  und weil das Land sehr klein ist, fallen sie mit ihrem ausländischen Akzent natürlich auf. Der positive Effekt dieser Zeitungsartikel, abgesehen davon, dass unser Team Land und Leute nahe kennen lernt. Wer in seiner Bewerbungsmappe auf bereits erschienene Berichte verweisen kann, hat später einen klaren Startvorteil gegenüber Uni-Absolventen, die zwar gute Noten, aber keine journalistische Praxis aufweisen können.

Mit der Journalistin und Medientrainerin Claudia Schanza sprach NEWSROOM-Chefredakteur Bülend Ürük.