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Wie sich Journalistinnen und Journalisten nicht im Recherchematerial verlieren – 10 Tipps

Wie sich Journalistinnen und Journalisten nicht im Recherchematerial verlieren – 10 Tipps Florian Sturm

Investigationen und Reportagen können Monate dauern und riesige Datenberge erzeugen. Wie Journalisten den Überblick behalten, erklärt Florian Sturm.

Mannheim – Je intensiver und länger ich mich mit einem Thema beschäftige, desto größer wird mein Archiv an Notizen, Audiomitschnitten, digitalen Unterlagen. Einerseits ein beruhigendes Gefühl, sich so tief in eine Story einzuarbeiten. Allerdings kann es leicht in Panik umschlagen, wenn ich mich in meinem Material nicht mehr zurechtfinde und von all meiner Arbeit wie erschlagen fühle. Wenn ich wahllos abspeichere und unüberlegt Gedanken ergänze. Wenn ich nach langer Pause wieder reinkommen muss ins Thema. Mit diesen zehn Tipps von Florian Sturm im aktuellen „medium magazin“ entkommen Sie diesem Gefühl – egal ob bei der investigativen Großrecherche, der Langstrecken-Reportage oder im journalistischen Alltag:

 

1. Von Anfang an strukturieren

Manchmal ist sofort klar, dass der Materialberg riesig wird. Meistens jedoch wächst der Rechercheumfang mit jedem Telefonat, Vor-Ort-Besuch, mit jeder Google-Suche. Es muss von Anfang an Struktur her. Allein die Gewissheit, jederzeit ein wichtiges Zitat, Datum, Gerichtsurteil oder Studienergebnis ohne großen Aufwand zu finden, lässt jede Rechercheohnmacht im Handumdrehen verfliegen … 

 

2. Hierarchie ist alles

Bei der Art der Sortierung gibt es mehrere Optionen: chronologisch, nach Materialart, thematisch und bei großräumigen Recherchen geografisch …

 

3. Das Master-Dokument

Das wohl wichtigste Element jeder (Langzeit-)Recherche. Hier wird alles dokumentiert, was man irgendwie herausfindet. Nicht als journalistischer Text, sondern in Form kurzer, aber ausreichend ausformulierter Gedanken, Kommentare, Zitate, Notizen …

 

4. Quellenschutz

Beides muss geschützt werden: die Quellen und die Recherche …

 

5. Digital-analog-Symbiose

Manche arbeiten konzentrierter und fokussierter, wenn sie die wichtigsten Unterlagen ausdrucken und mit handschriftlichen Anmerkungen versehen … 

 

6. Das Gedächtnisprotokoll

Die wohl am meisten unterschätzte Methode – und eine mit riesigem Potenzial. Wir sind geschult zusammenzufassen und zu erkennen, welche Aspekte inhaltlich, emotional oder szenisch hervorstechen. Und gerade das Longform-Storytelling lebt von der Ebene jenseits der Fakten …

 

7. Die Story-based Inquiry

Nach der Vorrecherche oben im Master-Dokument die Hauptthese formulieren, die wichtigsten Aspekte unterstreichen und notieren, was wie belegbar ist, wer oder was dem entgegensteht und worüber man noch einmal nachdenken sollte …

 

8. Das Netzwerk wächst ein Leben lang 

Im Journalismus weiß man nie, welcher Kontakt später noch mal hilfreich ist. So wie andere Listen mit Redaktionskontakten führen, archivieren andere auch ihr Recherchenetzwerk …

 

9. Auch mal abschalten

Neben dem gut geführten Materialarchiv ist das beste Mittel gegen Rechercheohnmacht: Abstand vom Thema … 

 

10. Sonderfall: Freelancer

Für Freelancer Oliver Franklin-Wallis bestimmen Deadline und Honorar, wie viel Zeit und Energie er investiert: „Den Gesamtaufwand versuche ich bereits bei der Honorarverhandlung mitzudenken. Und die Redaktionen wissen, dass ich für 400 Dollar deutlich weniger intensiv recherchieren kann, als wenn sie mir für die gleiche Geschichte 2.000 Dollar zahlen.“ …

 

Zu den 10 Tipps im Detail


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