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Ursula Wienken gegen Zertifizierung: „Wer Anforderungen nicht erfüllt, wird schlicht nicht mehr gebucht“

Ursula Wienken, Geschäftsführende Gesellschafterin der MedienQualifizierung GmbH - Akademie für Hörfunk und Medien - sowie Inhaberin von WIE.QM, hält eine Zertifizierung von journalistischer Weiterbildung für unnötig.

Köln - Zertifizierungen sollen eigentlich inhaltliche und methodische Qualität für Teilnehmer gewährleisten. Soweit so sinnvoll. Im Weiterbildungsbereich sind Zertifizierung aktuell überall da verpflichtend, wo Fortbildung durch Fördergelder oder sonstige öffentliche Mittel anteilig oder voll finanziert wird.

Zertifizierungen helfen so den Fördermittelgebern sicherzustellen, dass ihre Mittel angemessen und gut verwendet werden und dabei geeignete Anbieter von weniger geeigneten Anbietern zu unterscheiden. Ob und inwieweit die Teilnehmerin, der Teilnehmer davon profitiert – das ist in der Praxis sehr unterschiedlich. Nach meiner Erfahrung sagt das Zertifikat allein in der Praxis nur sehr wenig über die Qualität von Lehr-Lern-Prozessen aus.

 

Ursula Wienken ist Geschäftsführende Gesellschafterin der MedienQualifizierung GmbH - Akademie für Hörfunk und Medien. Als Inhaberin von WIE.QM führt sie Zertifizierungen durch und begleitet Organisationen auf dem Weg zur Zertifizierung. Ihre Erfahrungen, wie sinnvoll solche extern angeordneten Zertifizierungen inhaltlich sind, sind so auch sehr unterschiedlich. Sie hat bereits Qualitätsmanagementstrukturen in Redaktionen eingeführt, dabei konnte sie übergreifend feststellen, dass das Thema systematische Personalentwicklung in vielen Medien noch nicht angekommen ist.

 

Anders ist es mit einem sinnvoll gestalteten und gut aufgesetzten Qualitätsmanagementsystem, das seine Wirkung im Zweifel auch dann entfaltet, wenn es nicht extern zertifiziert ist. Qualitätsmanagementstrukturen einzuführen ist nach meiner Erfahrung immer sinnvoll.

Braucht es aber das Prüfinstrument externe Zertifizierung für die Anbieter von journalistischer Weiterbildung? Aus meiner Sicht – nein.

Die von uns anvisierte Zielgruppe ist klein und kritisch, Weiterbildungseinrichtungen, die nicht den Anforderungen von Auftraggebern und Teilnehmern entsprechen, werden schlicht nicht mehr gebucht. Es besteht also eine innere Notwendigkeit, Qualität im Sinn der Teilnehmer und Auftraggeber anzubieten.

Was der Szene eigentlich fehlt ist nicht ein Zertifizierungsverfahren für Weiterbildungseinrichtungen, sondern eine (Selbst-)Verpflichtung der Redaktionen, ihren Mitarbeitern regelmäßig Fort- und Weiterbildungen zu ermöglichen.

Solange keine Einigung darin besteht, dass guter Journalismus gut aus- und vor allen Dingen regelmäßig und systematisch weitergebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter braucht, solange bei der Erteilung von Lizenzen und der Vergabe von Frequenzen die „Ressource Personal“ nicht kritisch hinterfragt wird oder Verfahren für systematisches Personalmanagement inklusive Personalentwicklung eingefordert werden, ist eine Zertifizierung der Anbieter  von Aus- und Weiterbildung im Journalismus aus meiner Sicht überflüssig.

Gemeinsame Überlegungen dagegen, welche Kompetenzen und Qualifikationen ein guter Journalist heute braucht, welche Ausbildungswege sinnvoll sind, wie gute Weiterbildung diese Anforderungen aufgreifen muss, welche Möglichkeiten der inhaltlichen Zusammenarbeit es zwischen Anbietern von journalistischer Weiterbildung und den Medienunternehmen gibt, sollten sehr viel mehr und sehr viel aktiver angestellt werden.

Ursula Wienken

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