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Was "Fragen-Stress" für Interviews bedeutet

Johannes Prokopetz vom Bayerischen Fernsehen gibt in der Internetzeitschrift Message wertvolle Anregungen zu Fragestrategien in Interviews. Mario Müller-Dofel, Leiter des ABZV-Portals "Gesprächsführung", hat den langen Text für die schnelle Anwendung in der Praxis zusammengefasst.

München - Prokopetz hat sich mit dem Thema befasst, weil er in Bezug auf Interviewfragen keine verbreitete Systematik sieht, die Praxisorientierung bietet.

Dies falle vor allem in der journalistischen Aus- und Weiterbildung auf, wo "journalistisches Fragen vor allem am Gegensatz offene vs. geschlossene Fragen und ansonsten ‚aus dem Gefühl heraus‘ und ohne klare Strategie" vermittelt wird. Müller-Dofel widerspricht dieser Behauptung, hält Prokopetz‘ Ansatz aber dennoch für wertvoll, weshalb er den 20.000-Zeichen-Text in gekürzter Fassung übersichtlich wiedergibt.


Gefahr des Kontrollverlustes als Maßstab


Prokopetz‘ Systematisierungsansatz basiert auf der Frage: "Was machen Interviewfragen mit dem Befragten?". Er setzt voraus, dass Interviewer immer das Interesse des Publikums an nicht oder nur selten Offenbartem vertreten. Dagegen, so Prokopetz, versuchen Antwortende, ihre Offenbarungen zu dosieren, was bei ihnen Stress auslöst. Diese gegensätzlichen Interessen sieht er in allen Interviews – von investigativen bis zu bunten, harmlosen. Alle Interviews sind demnach bestimmt davon, wie stark Interviewer ihre Gesprächspartner mit Fragen bedrängen und wie sehr sie Interviewte unter Stress setzen, weil diese Kontrollverlust fürchten.


Der Stress-Effekt bei Interviewten bewirkt, dass sie alarmiert werden, wie Prokopetz es nennt: minimal bei harmlos erscheinenden Fragen und heftig bei konfrontativen. Immer würden Fragen neue emotionale Situationen schaffen. Fühlt sich der Interviewte mit der Frage bestätigt, relevant, bewundert? Oder fühlt er sich bedrängt, angegriffen, verachtet? Meint er, den Interviewer mit seiner Antwort enttäuscht oder zufriedengestellt zu haben? Und wie empfindet er daraufhin seine Beziehung zum Interviewer?


Nonverbales wichtiger als Frageinhalte


Prokopetz macht klar, dass die Wirkung von Interviewfragen auf den Interviewten nicht nur von den Frageinhalten, sondern noch mehr von Gestik, Mimik, Tonfall, Lautstärke und Kontext beeinflusst wird. Sind diese Faktoren hochgradig bedrängend, wirken auch harmlose Fragen bedrängend. Dagegen könne eine von der wörtlichen Formulierung her konfrontativ anmutende Frage in einem Kontext der Harmlosigkeit durchaus nur minimal alarmieren. (B.Ü.)


Newsroom.de-Service: Lesen Sie eine Übersicht der Prokopetzschen Fragenkategorien samt ihrer Merkmale auf dem Portal „Gesprächsführung“ der Akademie Berufliche Bildung der deutschen Zeitungsverlage.

 

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