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Mehr Gehalt oder Umsatz: Wie Medienprofis lernen, sich besser zu verkaufen

Mehr Gehalt oder Umsatz: Wie Medienprofis lernen, sich besser zu verkaufen Attila Albert

Wer sein Einkommen steigern will, kommt nicht darum herum: Er muss sein professionelles Profil und Angebot klären, Interessenten ansprechen und verhandeln, bis der Vertrag unterschrieben ist. Mediencoach Attila Albert über Hürden und Hemmungen – und wie sie sich überwinden lassen.

Berlin – Wer als Angestellter einen neuen Arbeitsvertrag aushandelt, tut es ebenso wie ein Selbstständiger, der einen Auftrag diskutiert. Wer als Journalist einen Beitrag möglichst attraktiv gestaltet, tut es ebenso wie ein Anzeigenberater: Verkaufen – mal Arbeitsleistung, mal Einzelkäufe, Abos oder Werbung. Das geschieht so selbstverständlich, dass man nur selten weiter darüber nachdenkt. Wer am Wirtschaftsleben teilnimmt, verkauft immer etwas. Umgekehrt kauft er mit dem verdienten Geld von anderen, was er für sich benötigt.

 

Gleichzeitig wird vielen Medienprofis dieses Thema unangenehm, sobald sie gezwungen sind, sich bewusst damit zu beschäftigen. Der übliche Grund: Sie brauchen oder wollen mehr Geld, müssen also mehr verkaufen bzw. einnehmen. Das Gehalt soll steigen oder der Umsatz. Auf einmal kommen Unsicherheiten hoch, auch moralische Zweifel. „Eigentlich will ich mich gar nicht verkaufen‟, denkt der eine, der eine besser bezahlte Stelle sucht. „Es geht mir doch nur um guten Journalismus”, meint der andere, der mehr Abonnenten braucht.

 

Mehr erfolgsabhängige Gehälter
In meinem neuen Dossier „Fokus auf den Abschluss” geht es um diesen Themenkomplex. Es liegt Kress Pro 2024 #3 bei, ist aber auch einzeln erhältlich. Zwar sind in den Medienhäusern zuerst die Führungskräfte für den Umsatz verantwortlich, aber jeder einzelne Mitarbeiter hat einen Anteil daran. Stellenprofile werden zunehmend stärker auf den individuellen Erfolgsbeitrag ausgerichtet, Redakteure z. B. danach bewertet und vergütet, wie gut ihre Themen und Artikel „konvertieren”, also zu Abo-Abschlüssen führen.

 

Daneben ist jeder Medienprofi sowieso immer Führungskraft in eigener Sache. Hier misst sich der persönliche Verkaufserfolg im Einkommen, also Gehalt oder Gewinn, aber auch in Zufriedenheit. Wer andere von seinen Ideen überzeugen, etwa ein interessantes Projekt „gut verkaufen” kann, hat mehr Freude als derjenige, der immer nur umsetzen muss, was andere entschieden haben. So liegt es ganz im eigenen Interesse, Unklarheiten, Ängste und Selbstzweifel rund um das Thema Verkaufen anzugehen und zu beseitigen.

 

Eigenes Angebot und Preise klären
Das beginnt mit der Einsicht, dass „Verkaufen” keine üble, zumindest zweifelhafte Taktik gerissener Geschäftemacher ist, sondern eine Selbstverständlichkeit. Jeder Medienprofi vergleicht in seinem Privatleben ständig Angebote und Preise und entscheidet sich dann. Als Anbieter muss er ebenso klar wissen, was andere brauchen, wie er ihnen das verständlich und überzeugend anbieten kann, welche Preise angemessen sind. Es müssen nicht die niedrigsten sein, im Gegenteil: Auch privat bezahlt man für Wertigkeit.

 

Diese Klärung ist reines Handwerk, für Angestellte ebenso wie für Freie: Ein Katalog an Produkten und Dienstleistungen (was erledigen Sie für andere), dazu die Preise (was erwarten Sie dafür finanziell). Ein eigenes „Markenprofil” hilft Ihnen, sich von anderen abzugrenzen: Wie wollen Sie wahrgenommen werden, was soll man in Ihnen sehen? Auch hier geht es um Klarheit und Konsistenz. Wollen Sie viel verdienen, müssen Sie sich an Kunden richten, die zahlungskräftig und -willig sind und ihnen entsprechend gegenübertreten.

 

Finanziellen Frust überwinden
Wer als freier Journalist vielleicht nur 1300 Euro Monatsumsatz hat, wie es gar nicht so selten vorkommt, kann sich über seine bisherigen Auftraggeber empören und sich über sich selbst ärgern. Oder überlegt und systematisch vorgehen: Welche Auftraggeber wären besser, was brauchen und bezahlen sie, wie spreche ich sie an und überzeuge sie? Auch darauf folgt Handwerk: Eine neue Angebots- und Preisliste, eine neue Webseite (oder überhaupt endlich eine), ein Flyer, Kontaktaufnahme, Beratungs- und Verkaufsgespräche.

 

Genauso verhält es sich für Angestellte. Ein Beispiel dazu: Eine langjährige Redakteurin, die teilweise sogar Leitungsaufgaben übernimmt, verdient nur 45 000 Euro im Jahr. Sie hat mit wenig angefangen und war immer froh über die Stelle, was sie aber davon abhielt, mehr zu fordern – oder zu wechseln. Auch hier beginnt die Veränderung mit Klärungen: Wer würde mehr zahlen, mit welchem Angebot und Auftreten würde man dorthin passen, womit und wie überzeugen? Kurz: Ein klassischer Verkaufsprozess, hier von Arbeitsleistung.

 

Mentale Blockaden lösen
Ausführlich gehe ich im neuen „Kress-Pro-Dossier“ auf häufige psychologische Hürden ein. Dazu gehören Lethargie („Wenn jemand etwas will, meldet er sich schon‟), Selbstzweifel („Ich bin wohl nicht der Typ dafür‟) und Scheu („Ich will niemanden belästigen‟). Niemand wird als guter Verkäufer – für das Unternehmen oder sich selbst – geboren, sondern lernt und übt es. Keiner muss dafür laut, fordern oder dreist auftreten. Introvertierte, behutsame Menschen schaffen oft eine besondere Vertrauensbasis und sind damit auf ihre Art erfolgreich.

 

Sobald das Einkommen eine gewisse Höhe und Zuverlässigkeit erreicht hat, steigt die Versuchung, sich zurückzulehnen. Der langjährige Angestellte bewirbt sich kaum noch anderswo und stellt sich nirgendwo mehr vor. Der langjährige Freie kümmert sich immer wieder um dieselben Kunden und Aufträge. Beides garantiert einen unmerklichen Abstieg, finanziell ein Schrumpfen des Realeinkommens. Dagegen hilft immer wieder die Frage an sich selbst: Bin ich auf der Höhe der Zeit, ist mein Angebot noch aktuell?

 

Auch das empfinden nur Medienprofis, die innerlich blockiert sind, als weitere Bürde: „Kann denn nichts mal so bleiben, wie es ist”, obwohl sie vielleicht seit zehn Jahren dasselbe machen und damit nicht einmal besonders glücklich sind. Suchen Sie sich Arbeit- bzw. Auftraggeber bzw. Aufgaben, die Sie interessieren und begeistern, bei denen Sie selbstverständlich Neues ausprobieren und dazulernen. Das Geld muss dabei stimmen, mehr noch: Leidenschaft und Freude sind Voraussetzungen für den finanziellen Erfolg.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Medienprofis mit Geld

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.