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Wie man mit einem unerwarteten Job-Angebot umgehen sollte

Wie man mit einem unerwarteten Job-Angebot umgehen sollte Attila Albert

Viele Redaktionen stellen sich im zweiten Corona-Jahr neu auf. Insbesondere spezialisierte Medienprofis erhalten deshalb jetzt oft ein unerwartetes Job-Angebot, das aber nicht immer passt oder erwünscht ist. Mediencoach Attila Albert sagt, ob es Ihnen schadet, wenn Sie ablehnen.

Berlin – Der Politikredakteur eines Magazins war seit Jahren angeödet von seiner Arbeit. Jedes Thema hatte er unendlich oft bearbeitet, alles schon einmal geschrieben. Zudem war sein Eindruck, dass es mit der Branche und seinem Arbeitgeber qualitativ ständig abwärts ging. Daher wollte er weg aus dem Journalismus und entschied sich nach langem Überlegen für die PR. Während er mit ersten Agenturen den Kontakt aufnahm, erhielte er ein unerwartetes Angebot: Das konkurrierende Magazin suchte einen Ressortleiter und bot potentiell 30 Prozent mehr Gehalt. Sollte er dafür nun doch weiter im Politikjournalismus bleiben?


Die Chefreporterin einer Regionalzeitung bekam von ihrem Vorgesetzten den Hinweis auf eine offene Stelle im Hauptstadtbüro. Sie solle sich möglichst sofort bewerben, er würde auch ein Wort für sie einlegen. Die Position sei besonders angesehen, danach stünden ihr "alle Türen offen". Nur wollte die Chefreporterin nicht nach Berlin ziehen und ihren Partner nur noch als Pendlerin sehen, zudem lieber weiter täglich unterwegs sein anstatt in einem Korrespondentenbüro zu sitzen. Doch sie zögerte, den Vorschlag abzuweisen: "Verschließe ich mir damit nicht alle zukünftigen Wege und bekomme gar keine Angebote mehr?"

 

Das Corona-Jahr 2020 hat in vielen Redaktion erst zu einer Schockstarre und dann zu hektischen Anpassungen (z.B. Homeoffice, Kurzarbeit) geführt. Im Frühjahr 2021, die Krise geht erkennbar weiter, ordnen sich viele Redaktionen. Stellen ganze Teams neu auf, starten verschobene Projekte nun doch oder testen ganz neue Ansätze, um Abo- und Werbe-Einnahmen wieder zu erhöhen. Insbesondere spezialisierte Medienprofis erhalten jetzt in dieser Phasen oft überraschende Job-Angebote. Das ist immer eine Ehre, führt aber oft auch zu einem Konflikt, wenn sie die Stelle gar nicht wollen.

 

Auch höfliches Ablehnen hat oft Konsequenzen

Selbstverständlich kann man immer höflich ablehnen, dafür auch sachliche Argumente anführen (z.B. nicht erwünschter Umzug, keine inhaltliche Entwicklung). Aber wer das schon einmal gemacht hat, erlebt oft erstaunliche Reaktionen. Manche Vorgesetzte sind darüber so verärgert, dass sie mit dem Mitarbeiter monatelang nicht mehr sprechen. Etwa, weil der Wechsel bereits als "Ringtausch" mit weiteren Personalien durchgeplant war, nun scheitert. Mehr oder weniger offen wird signalisiert, dass man mit dieser Einstellung "nicht mehr auf der Liste" stehe, da man es mit der Karriere ja wohl doch nicht so ernst nehme.

 

Sie müssen also damit rechnen, dass Ihnen das Ablehnen eines unerwarteten Angebotes schaden kann. Etwa einen Vorgesetzten verstimmen oder einem anderen Arbeitgeber den Eindruck vermitteln, dass Sie im Ernstfall kneifen. Zwar gern mal Ihren Marktwert testen wollen, aber dann doch nicht wechseln. Das sind durchaus unangenehme Konsequenzen, die ein Jahr oder länger nachhallen können. Sie sollten deshalb, wenn Sie ein Angebot erhalten, es auf jeden Fall gründlich und offen bedenken – und nur absagen, wenn es stichhaltige Gründe gibt. Langfristige Folgen, die den kurzfristigen Ärger überwiegen.


Falsche Richtung und verletzte Werte

Der häufigste Grund: Das Angebot führt Sie in eine falsche Richtung – vor allem, wenn Sie inhaltlich endlich einmal etwas anderes machen wollen. Da die meisten Arbeitgeber sehr risikoscheu nach Kompetenzen (was können Sie schon) rekrutieren, nicht nach Potential (was könnten Sie Neues tun), erhalten Medienprofis fast immer Angebote, die sehr ihrer bisherigen Tätigkeit ähneln. Mancher fühlt sich nach vielen erfolglosen Bewerbungen auf andere Jobprofile fast schon gefangen im bisherigen Job. Hier hilft Ihnen eine Absage dabei, weiter auf einen echten Wechsel fokussiert zu bleiben, Ihre Bemühungen sogar zu verstärken.

 

Ähnlich sieht es aus, wenn Ihre grundlegenden Werte verletzt würden. Typisches Beispiel: Ihnen ist eine enge Partnerschaft oder Familie besonders wichtig. Sie würden deshalb nie allein an einen neuen Arbeitsort ziehen oder wochenweise pendeln. In diese Kategorie fällt auch der Fall, dass für Sie ethische oder moralische Grenzen überschritten wären. Sie etwa wegen Ihrer politischen oder weltanschaulichen Überzeugungen grundsätzlich nicht für das anfragende Medium arbeiten würden. Hier ersparen Sie sich mit einer Absage einen zermürbenden inneren Kampf, den der beste Vertrag nicht lange ausgleichen würde.

 

Pro forma bewerben als Ausweg

Selbstverständlich sollten Sie eine notwendige Absage so diplomatisch und feinfühlig formulieren, wie Sie es sich wünschen würden, wenn Ihnen einmal ein Wunschkandidat absagen sollte. Drücken Sie Ihr Bedauern aus, dass Sie die Tätigkeit sehr interessiert hätte, es aber „zum derzeitigen Zeitpunkt” aus schwerwiegenden Gründen leider nicht passt. Dass Sie dem Arbeitgeber wünschen, dass er trotzdem einen Kandidaten findet, der optimal auf das Profil passt. Das wird nicht jede Verärgerung beseitigen, kann aber manche Reaktion abmildern und dafür sorgen, dass man Sie trotz allem in guter Erinnerung behält.

 

Falls Sie eine offene Absage als zu schroff empfinden würden, ist eine elegante Option, sich zwar zu bewerben, aber im Prozess mit großer Wahrscheinlichkeit auszuscheiden. Indem Sie zwar prüfen, inwieweit man Ihren Wünschen oder Forderungen nachkommen würde. Möglicherweise wird das Angebot für Sie dann doch noch attraktiv, und wenn es nur als zeitlich begrenzte Übergangslösung (z.B. um Geld anzusparen) oder als besserer Ausgangspunkt für spätere Bewerbungen ist. Zugleich können Sie im Prozess immer noch "mit dem größten Bedauern" absagen, wie es Arbeitgeber auch regelmäßig tun.

 

Im Zweifel empfehle ich immer, sich genau klar zu machen, dass am Ende Sie mit dem Job leben müssen – nicht derjenige, der Sie dazu drängt. Oft kommt es sogar vor, dass der Vermittler schon gar nicht mehr da ist, wenn Sie anfangen. Sie können Ihr Leben auch nicht ausschließlich nach HR-Bedürfnissen ausrichten, wenn Sie halbwegs glücklich leben wollen. Sehen Sie unverhoffte Job-Angebote daher als unerwartete Gelegenheit, auch eigentlich nicht geplante oder unbedingt erwünschte Wechsel zu erwägen. Aber nicht, Ihr Leben gegen Ihren Willen umwerfen zu lassen.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne 10 Praxistipps: So befreien sich Journalistinnen und Journalisten vom Perfektionismus

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.

 

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