Journalistenpreise
Newsroom

„Die 500“: Melanie Croyé hatte nie ein journalistisches Vorbild

Wer sind die Kolleginnen, die die Medien bewegen? Newsroom.de präsentiert „Die 500“, Medienmacherinnen aus den verschiedenen Bereichen, bei denen Leidenschaft für Medien mit dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zusammenkommen. Dazu gehört Melanie Croyé.

Berlin - Ich möchte spannende Geschichten erzählen, Trends aufspüren und andere an etwas teilhaben lassen, was sie sonst nicht unbedingt erleben könnten", sagt Melanie Croyé.

Zur Person: Melanie Croyé, 29, Freie Wirtschaftsjournalistin, Onlineredakteurin Deutschlandradio Kultur, Gründerin BizzMiss

 

"Für mich ist eine Festanstellung kein Ritterschlag", sagt  Melanie Croyé "Ich bin froh, frei zu sein..."

 

 

Ausbildungsweg und berufliche Stationen: Absolventin der Kölner Journalistenschule, Abschluss: Fachjournalistin für Politik und Wirtschaft

Studium der Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre, Abschluss: Diplom-Politologin

Seit Anfang 2010: freie Journalistin in Berlin

Seit Sommer 2010: Onlineredakteurin Deutschlandradio Kultur

Welche Erwartungen standen am Auftakt Ihrer beruflichen Laufbahn?

Melanie CroyéDas vorwiegende Gefühl in meinem Leben war immer die Neugier: Wie Menschen ticken, warum sie wie handeln, welche Einfluss das auf den Lauf der Dinge hat, das herauszufinden, treibt mich an. Und weil ich zudem ein starkes Mitteilungsbedürfnis habe, fiel mir die Berufswahl letztlich einfach: Ich möchte die Welt und die Menschen in ihr verstehen und ich möchte dazu beitragen, dass auch andere sie verstehen.

Ich hatte nie ein journalistisches Vorbild und finde es selbst vollkommen irrelevant, welcher Autor hinter einem Text steht. Mir ging es um Inhalte und um die besondere Fähigkeit, mit einem Text zu fesseln und gleichzeitig zu informieren. Ich bin weder mit dem Ziel, für ein bestimmtes Medium zu arbeiten, noch mit der Erwartung, eine bestimmte Rolle zu erfüllen, in meine Karriere als Journalistin gestartet.

Mit meiner Ausbildung an der Kölner Journalistenschule habe ich 2004 begonnen, der neue Markt war gerade gescheitert, der erste Hype verflogen und dem Journalismus ging es nicht mehr gut. Keine gute Zeit, diesen Beruf zu erlernen – so hat man uns zumindest gesagt. 2008 war ich mit der Journalistenschule fertig, die Finanzkrise schlug zu - und die Stimmung in der Branche kippte abermals. Ich habe dann zunächst mein Studium beendet und bin nach Berlin gezogen, um als Freie zu arbeiten.

In den letzten 10 Jahren, seit ich in diesem Beruf aktiv bin, hat sich das Berufsbild gewandelt. Das Internet hat nicht nur die Welt, sondern auch unser Jobprofil verändert. Gefühle und Erwartungen, die also früher entwickelt habe, wurden vermutlich im Laufe der Jahre so oft erfüllt wie enttäuscht  - und sie haben sich mit der Branche verändert. Eines hatte ich jedoch nie: Angst.

Was bewegt und motiviert Sie heute in Ihrem Beruf?

Melanie CroyéMich bewegt eigentlich noch dasselbe wie früher: Ich möchte spannende Geschichten erzählen, Trends aufspüren und andere an etwas teilhaben lassen, was sie sonst nicht unbedingt erleben könnten. Das klingt ichbezogen – ist es vermutlich auch. Dennoch liegt mein Ziel nicht darin, mich selbst zu produzieren. Ich bin ein neugieriger Mensch, ich frage nach, ich probiere aus und ich will erleben. Und dann schreibe ich das auf.

Der Beruf stellt mich immer wieder vor neue Herausforderungen: Inhaltlich lerne ich regelmäßig neue Welten kennen, entwickle Themen weiter und bilde mich fort. Strukturell nehme ich mir jedes Jahr Ziele vor, wie ich mich weiter entwickeln möchte. Stillstand ist langweilig.

Wenn jemand meine Texte liest und hinterher etwas schlauer ist und dabei auch noch unterhalten wurde, dann habe ich meine Aufgabe erfüllt. Mich selbst sollte man in den Texten nicht finden. Ich will für andere schreiben. Wenn das Thema nicht interessiert, dann ist es auch kein Thema.

Wer wäre Ihre Wunschverabredung für ein Geschäftsessen? Was stünde ganz oben auf der Gesprächsagenda?

Melanie Croyé: Eine nahezu unmögliche Frage. Ich finde Geschäftsessen meist aufgesetzt und langweilig. Wenn man sich über ehrliche, tiefgreifende Inhalte unterhält, hat man kaum die Chance, auf das Essen zu achten. Das finde ich eine Verschwendung. Zu einem Drink treffen möchte ich mich eigentlich mit fast allen erfolgreichen Menschen und mir ihre Geschichte anhören. Ich glaube, dass fast jeder genug zu erzählen hat, wenn man ein bisschen bohrt, dass sich das auch lohnt.

 

Newsroom.de präsentiert im Rahmen der Aktion "Die 500" engagierte Medienfrauen aus Journalismus, Verlagswesen, Medienmanagement, Öffentlichkeitsarbeit, PR und Marketing, aus Print, TV, Web und Hörfunk. Ein Baustein für den Erfolg von Frauen in der Medienbranche ist auch ihre Sichtbarkeit. Diese Sichtbarkeit der Medienmacherinnen wollen wir mit "Die 500" steigern.

 

 

Ein Meilenstein meines bisherigen Lebens war...

Melanie Croyé… erfolgreich als freie Journalistin zu arbeiten und zu erkennen, dass ich das kann und letztendlich auch nichts anderen möchte. Für viele Kollegen ist die Festanstellung nach wie vor das oberste Ziel – und bekommt auch die größte Anerkennung. Für mich ist eine Festanstellung kein Ritterschlag, im Gegenteil: Ich bin froh, frei zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes.

Diese Ansicht musste ich mir jedoch erst erarbeiten, musste mehrfach über meinen Schatten springen, musste mich immer wieder motivieren. Bis zum heutigen Tag habe ich oft das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen. Daran arbeite ich. Ich bin stolz darauf, es als Freie geschafft zu haben.

Man sagt mir nach, ich sei...

Melanie Croyé: ... … auffällig. Ich fürchte, das ist in jedem Fall war. Ich bin sehr groß für eine Frau, ich habe kurze Haare – alleine damit falle ich auf. Zudem bin ich nicht unbedingt zurückhaltend. Das hat den Charme, dass ich meist schnell bekomme, was ich möchte, dass mich Ansprechpartner wahr, aber auch ernst nehmen. Dennoch muss ich manchmal aufpassen, dass ich mich nicht zu schnell mit meinem Gegenüber verbrüdere und die Distanz verliere. Letzten Endes halte ich es aber für eine Stärke, schnell Zugang zu anderen zu finden und in deren Gedächtnis zu bleiben.

Frauen sind die...

Melanie Croyé: … … netteren Verbündeten, aber auch die fieseren Gegner. Ich finde immer wieder schade, wie eigenbrödlerisch die Branche tickt. Gerade in Berlin gibt es so viele Freiberufler, so viele Journalisten – die sich kaum vernetzen. Dabei machen wir alle ähnliches durch, stellen uns dieselben Fragen, stoßen auf dieselben Probleme. Ich möchte das aufbrechen. Interessanterweise stoße ich dabei vor allem auf Frauen, die genauso ticken.

Die Fragen an Melanie Croyé stellte Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.