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Das "Quartett" hat ihn berühmt gemacht: Hellmuth Karasek wird 80

Zwölf Jahre lang prägte er neben Marcel Reich-Ranicki die ZDF-Sendung "Das literarische Quartett".

Hamburg (dpa) - "Ich wollte Journalist werden, natürlich auch, um die Großen dieser Welt zu interviewen, sprechen, kritisieren und bewundern zu können", schreibt Hellmuth Karasek in seiner Autobiografie "Auf der Flucht". Und das ist ihm auch gelungen: Ob Hollywood-Regisseur Billy Wilder, Schauspiellegende Marlene Dietrich oder der exzentrische Woody Allen - Karasek hat sie alle getroffen. Ein breites Publikum kennt ihn aber vor allem aus der ZDF-Sendung "Das literarische Quartett", die er zwölf Jahre lang neben Marcel Reich-Ranicki prägte. Am 4. Januar wird Karasek 80 Jahre alt.

"Billy Wilder, mit dem ich fünf Sommer lang an seiner Biografie geschrieben habe, und Marcel Reich-Ranicki, mit dem ich zwölf Jahre lang im "Literarischen Quartett" zusammenarbeitete, sind beruflich die wichtigsten Menschen in meinem Leben gewesen", sagt der Kritiker, Autor und Moderator.

Woody Allen nahm ihn in New York mit zum Dreh einer Sexszene. "Da kroch ein Mann mit einer Frau unter die Decke, das war's", sagt Karasek im dpa-Interview. "Früher hätte ich die Szene selbst gespielt", habe Allen erklärt - die Beruhigungsmittel dafür hatte er in der Hosentasche. Das Telefon-Interview mit Marlene Dietrich war da schon etwas komplizierter. Die Diva landete zunächst beim Pförtner vom "Spiegel", der die Privatnummer erst nicht rausrücken wollte. Später ging Karaseks Tochter ans Telefon, die die unverwechselbare Stimme sofort erkannte. Ein wahrer Freund war ihm Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der im September 2013 starb. Mit ihm war er mehrmals in Urlaub gefahren. "Literatur war sein Leben, und damit hat er jeden mitgerissen."

Geboren wurde Hellmuth Karasek 1934 als eines von fünf Kindern im mährischen Brünn. Ende des Zweiten Weltkrieges floh die Familie vor der Roten Armee nach Bernburg/Saale in Sachsen-Anhalt. Nach dem Abitur übersiedelte Karasek 1952 aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik und studierte in Tübingen Germanistik, Geschichte und Anglistik. "Ich habe in zwei Diktaturen gelebt. Die erste habe ich gemocht und erst später gemerkt, dass das ein Schweineregime war. Die zweite habe ich von Anfang an gehasst."

Seine journalistische Laufbahn begann Karasek bei der "Stuttgarter Zeitung", danach war er Theaterkritiker bei der Wochenzeitung "Die Zeit" in Hamburg. Es folgten 22 Jahre im Kulturressort beim "Spiegel", bis 1991 in verantwortlicher Position. Seine Erfahrungen verarbeitete Karasek in dem Roman "Das Magazin", was ihm viele übel nahmen. Bis 2004 war er Mitherausgeber des Berliner "Tagesspiegel". Neben zahlreichen Büchern ("Süßer Vogel Jugend", "Soll das ein Witz sein") schreibt Karasek heute für Zeitungen wie "Die Welt" und das "Hamburger Abendblatt" - wo auch regelmäßig seine Glossen erscheinen.

"Das Fernsehen hat mein Leben am meisten verändert", versichert Karasek. Seitdem kennen die Menschen sein Gesicht, auch wenn sie ihn manchmal mit Literaturnobelpreisträger Günter Grass verwechseln. Noch immer geht er auf Lesereise, schreibt im Moment wieder an einem neuen Buch. "Darüber rede ich erst, wenn es fertig ist - sonst schreiben Sie nachher, "Karasek schreibt Faust III"", sagt er. Seitdem er keine Kritiken mehr schreiben muss, lese er lieber Sachliteratur als Belletristik, gehe lieber in die Oper als ins Schauspiel. Den Lesereisen will er treu bleiben. "Die Leute sagen zwar: Warum tust du dir das an? - Aber ich möchte mich nicht langweilen mit mir selber."

Die künstlerischen Gene hat Karasek, der in zweiter Ehe mit der Kulturredakteurin Armgard Seegers verheiratet ist, an seine vier Kinder weitergegeben: Sohn Daniel (54) aus erster Ehe ist Intendant am Theater in Kiel, Tochter Laura (31) hat im vergangenen Jahr ihren ersten Roman ("Verspielte Jahre") veröffentlicht. "Sie wollte einen künstlerischen Beruf ergreifen, aber ich habe zu ihr gesagt: Lerne was Anständiges - und da hat sie Jura studiert." Als sie ihm die ersten hundert Seiten ihres Romans vorgelegt habe, war er jedoch überzeugt: "Das musst du unbedingt weitermachen!" Auf die Rolle des Großvaters freut er sich: "Ich habe schon eine erwachsene Enkeltochter, aber ich hoffe auf noch mehr Enkelkinder."

Von Carola Große-Wilde