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Der Fall Jörg Kachelmanns Vergewaltigungsprozess beendet eine beispiellose Karriere

Auch ein Freispruch kann die TV-Karriere des Wettermoderators nicht mehr retten.

Berlin (dapd). Die TV-Karriere des Wettermoderators Jörg Kachelmann liegt bereits in Scherben, daran würde ein Freispruch nichts mehr ändern. "Ich werde nach all dem keine Wettersendungen mehr moderieren können", sagte der 52-jährige Schweizer der "Bild"-Zeitung. Der Prozess wegen Verdachts der besonders schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zieht sich noch mindestens bis Ende März hin. Ihm droht eine Haftstrafe von fünf Jahren und mehr. Die Verteidiger haben schon klar gemacht, dass sie nach einer Verurteilung Revision beim Bundesgerichtshof einlegen würden.

Dann müsste Kachelmann zwar die Strafhaft nicht antreten, aber möglicherweise wieder in Untersuchungshaft zurückkehren. Wenn die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Mannheim ihn am Ende von den Anklagevorwürfen frei spricht, müsste er immer noch fürchten, dass die Staatsanwaltschaft in Revision ginge.

Es ist bald ein Jahr her, dass der prominente ARD-Wettermoderator buchstäblich aus allen Wolken fiel: Nach seinem Rückflug von den Olympischen Spielen in Kanada nahmen Beamte der hessischen Landespolizei ihn am 20. März 2010 am Frankfurter Flughafen fest, weil seine Exfreundin aus Schwetzingen ihn angezeigt hatte. Kachelmanns Anwälte bezeichnen deren Vorwürfe als frei erfunden und setzen sich für seine "Rehabilitierung" ein. Kachelmann sieht seinen Ruf aber auch dadurch beschädigt, dass "Staatsanwaltschaft und Medien mein angebliches Privatleben gewaltsam öffentlich gemacht haben". Das Kapitel Fernsehen "ist dadurch für mich beendet worden", sagte er der "Bild"-Zeitung.

In der Fernsehwelt ist er ein Unikum: Aus eigener Kraft hatte er den Aufstieg vom Hobby-Meteorologen zum Besitzer einer Firma mit 100 Beschäftigten und zum prominentesten deutschen Wettermoderator geschafft. Der am 15. Juli 1958 in Lörrach (Baden-Württemberg) geborene Sohn eines Eisenbahners wuchs in der Schweizer Kleinstadt Schaffhausen auf und war nach eigenen Worten schon als Kind fasziniert von der Wetterbeobachtung. Die Weichen für seine Medienkarriere legte er in den 80er Jahren. Als Student in Zürich produzierte er seine erste Wetterkarte für eine Zeitung. Sein Geografie-Studium in Zürich brach er ab und arbeitete einige Jahre als Journalist, ehe er sich 1990 mit einer vollcomputerisierten Wetterstation in seinem Bauernhaus in Bächli bei St. Gallen selbstständig machte und die Firma Meteomedia gründete.

Zwtl: Als "weatherman" populär

Monatelang schickte er seine Wetterprognosen unaufgefordert per Fax an den Südwestfunk. Dem populären Radiosender SWF 3 (inzwischen SWR) passten die locker-flockigen Wetterplaudereien des Schweizers bestens ins Programm. Kachelmann wurde als "weatherman" populär. Mit dem Start des ARD-Morgenmagazins im Jahr 1992 begann seine Fernsehkarriere. Im September 1994 kam der moderierte Wetterbericht kurz vor der "Tagesschau" hinzu. Kachelmann übernahm 1996 auch noch die Programmdirektion des neuen Kabelsenders "Wetterkanal". Dieser musste aber im Frühjahr 1998 seinen Betrieb einstellen.

Kachelmann wurde auch als Moderator von Unterhaltungssendungen geschätzt. Jahrelang gehörte er zum Team der MDR-Talkshow "Riverboat" und trat 1998 trat er in die Fußstapfen von Hans-Joachim Kulenkampff mit der Neuauflage der ARD-Quizshow "Einer wird gewinnen", doch nach drei Ausgaben war Schluss, weil die Quotenerwartungen nicht eintrafen. Ab 2000 präsentierte er im MDR-Fernsehen "Kachelmanns Spätausgabe". Darin unterhielt er sich jeweils mit einem Gast.

Seine Firma Meteomedia produziert seit 1994 den Wetterbericht vor der 20-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau". 2002 hatte Kachelmann eine genauere Orkanwarnung als der Deutsche Wetterdienst gegeben, und kurz danach beauftragte ihn die ARD auch mit dem Wetterbericht nach den "Tagesthemen". 2003 kündigte der Senderverbund den Vertrag mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD).

Die ARD stellt den Vertrag mit Meteomedia bisher nicht öffentlich infrage. Die dafür zuständige WDR Mediagroup hatte erklärt, vor dem Ende des Prozesses gegen Kachelmann seien keine Gespräche zu erwarten. Die Moderatoren Claudia Kleinert und Sven Plöger übernahmen Kachelmanns Einsätze auf dem Bildschirm, später ist Alexander Lehmann hinzugekommen. Nach Angaben seines Unternehmens bleibt Kachelmann Präsident des Verwaltungsrats und lässt seine Position als Verwaltungsrat ruhen. Er hat selbst angekündigt, dass er künftig nur noch als Redakteur bei seiner Firma arbeiten will.