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dpa

Wie Mark Zuckerberg die Welt verbessern will

Nein, er wolle nicht US-Präsident werden, sagte Mark Zuckerberg in Interviews zu seinem neuen politischen Manifest. Aber dem Gründer und Chef von Facebook schwebt stattdessen eine noch gewichtigere Rolle vor: Das weltgrößte Online-Netzwerk soll die Welt verbessern.

Menlo Park (dpa) − Mit bald zwei Milliarden Nutzern hat Facebook eine beispiellose weltweite Gemeinschaft zusammengebracht. Dass man diese Reichweite in viele Milliarden Werbedollar umwandeln kann, hat Facebook bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt.


Nun macht sich Gründer und Chef Mark Zuckerberg Gedanken über die soziale Rolle der Plattform. Und seine Ideen sind nicht allein wegen der schieren Größe des weltgrößten Online-Netzwerks relevant. Die vergangene Präsidentenwahl in den USA zeigte, wie die Einstellung von Facebook und anderer Online-Medien am Ende das Leben aller beeinflussen kann.


Der Text − den Zuckerberg laut US-Medien wirklich selbst geschrieben hat − ist lang. Und auf den ersten Blick voller Sprechblasen. Da ist viel von einer globalen Gemeinschaft die Rede, zu der sich die Menschheit vereinen müsse, von der Einbeziehung aller, und natürlich gibt es Beispiele, wie Facebook schon jetzt die Menschen verbinde und die Welt Stück um Stück besser mache. „Wir haben vielleicht nicht die Macht, die Welt, die wir haben wollen, sofort zu erschaffen − aber wir alle können heute anfangen, daran auf lange Sicht zu arbeiten.“

 

Das Manifest, der Zuckerberg am Donnerstag bei Facebook veröffentlichte, bietet den bisher tiefsten Einblick in die Gedankenwelt und politischen Ansichten des 32-Jährigen Milliardärs. Die Idee hinter dem künftigen Facebook, das er beschreibt, ist so etwas wie die Vereinten Nationen − aber nicht auf Ebene von Staaten, sondern einzelner Facebook-Nutzer. Die vielleicht beste Lösung, um Gedankenaustausch zu verbessern, sei vielleicht, „einander als Menschen kennenzulernen statt als Vertreter von Meinungen“, heißt es an einer Stelle. „Das ist etwas, wozu Facebook auf einzigartige Weise in der Lage sein könnte.“

 

Und − wahrscheinlich wenig überraschend für den Chef eines Silicon-Valley-Konzerns − glaubt Zuckerberg fundamental an die Lösung von Problemen mit Hilfe von Technologie. Künstliche Intelligenz ist immer wieder das Stichwort, egal ob es um den Kampf gegen Hassrede und Belästigungen, Alarmsignale bei Selbstmordgedanken oder den Kampf gegen den Terrorismus geht. Facebook wirft viele Ressourcen ins Programmieren selbstlernender Software, doch Zuckerberg räumte ein, dass es noch ein langer Weg sei. „Es wird viele Jahre dauern, diese Systeme voll zu entwickeln.“

 

Beispiel Terrorbekämpfung: Jetzt fange Facebook gerade erst damit an, der Software beizubringen, zwischen Medienartikeln über Terrorismus und terroristischer Propaganda zu unterscheiden. „Das ist technisch schwierig, weil man dafür künstliche Intelligenz aufbauen muss, die Nachrichten lesen und verstehen kann, aber wir müssen daran arbeiten, um beim weltweiten Kampf gegen den Terror zu helfen.“ In US-Medien sickerte die Idee aus einem frühen Entwurf durch, in der davon die Rede war, dass die Software sogar bei direkten Unterhaltungen zwischen Terroristen Alarm schlagen könnte. In dem von Zuckerberg veröffentlichten Text war der Satz nicht drin.

 

Zugleich macht es sich Zuckerberg bei Weiten nicht immer so leicht, wie es das gelegentlich allzu forsche Durchgreifen des Online-Netzwerks etwa bei Kunstwerken oder historischen Fotos mit Nacktheit vermuten lassen könnte − für das Facebook auch jedes Mal öffentlich gescholten wird. „Das ist schmerzhaft für mich, weil ich oft mit denen einverstanden bin, die uns für Fehler kritisieren“, räumte Zuckerberg ein.

Einerseits sei es die Masse von 100 Millionen geprüften Beiträgen pro Monat, die Fehler unvermeidbar mache. Andererseits soll Facebook aber auch nicht der globale Moral-Richter sein. „Hier in Kalifornien sitzend, sind wir nicht in der besten Position, um die kulturellen Normen rund um die Welt zu identifizieren“, schrieb Zuckerberg überraschend demütig. Stattdessen soll wiederum Software helfen, die angezeigten Inhalte an die Einstellung jedes einzelnen Nutzers etwa zu Nacktheit oder Gewalt anzupassen.

 

Zuckerbergs Polit-Programm kommt nach monatelanger Kritik an Facebook dafür, dass im US-Wahlkampf Propaganda und gefälschte Nachrichten, die Stimmung für Donald Trump machten, sich scheinbar ungehindert im Online-Netzwerk ausbreiten konnten. Und in Europa verstummen trotz aller Anstrengungen von Facebook nicht die Forderungen aus der Politik, härter und schneller gegen ausländerfeindliche Hetze vorzugehen. „Im vergangenen Jahr hat die Komplexität der Probleme unsere bestehenden Verfahren zur Verwaltung der Gemeinschaft überfordert“, räumte Zuckerberg ein.

 

Wie geht es jetzt aber nach dem fast 6000 Worte langen Text weiter? Die entscheidende Frage für die Zukunft sei, ob Facebook „dieses massive Mark-Manifest“ nur mit Geld und langen Briefen unterstützen werde, schrieb Branchen-Kennerin und -Kritikerin Kara Swisher im Technologieblog „Recode“. „Oder wird es fundamental die Art verändern, wie es funktioniert − als Spielautomat, der Aufmerksamkeit und Geld verwandelt − um Zuckerbergs Ideen zu untermauern.»