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dpa

Iranische Zeitung wegen kritischen Corona-Berichts geschlossen

„Dschahan Sanaat“ hatte ein Interview mit einem Epidemiologen veröffentlicht, der angab, dass die Corona-Fallzahlen im Iran aus politischen und sicherheitstechnischen Gründen manipuliert würden.

Teheran (dpa) − Die iranische Tageszeitung „Dschahan Sanaat“ ist ihrem Chefredakteur zufolge wegen eines kritischen Berichts zu den amtlichen Corona-Fallzahlen geschlossen worden. Das Blatt hatte am Sonntag ein Interview mit einem Epidemiologen veröffentlicht, der angab, dass die Corona-Fallzahlen im Iran aus politischen und sicherheitstechnischen Gründen manipuliert würden und die wahren Zahlen, insbesondere die der Toten, Zwanzigmal höher seien als vom Gesundheitsministerium veröffentlicht. „Mir wurde telefonisch mitgeteilt, dass auf Anordnung des Medienaufsichtsrat unsere Zeitung „Dschahan Sanaat“ wegen eines Interviews über Corona geschlossen worden ist“, sagte Chefredakteur Mohammed-Resa Saadi am Montag.

 

Der Epidemiologe sagte in dem Interview außerdem, dass der Ausbruch der Pandemie früher als Ende Februar begonnen habe. Dies sei aber wegen der Parlamentswahl (21.2.) und des Jahrestages der Revolution (11.2.) geheimgehalten worden.

 

Das Gesundheitsministerium hat den Bericht dementiert und das Blatt als unprofessionell kritisiert. Einerseits sei der Epidemiologe in dem Interview gar nicht -wie angegeben − Mitglied des Corona-Krisenstabs, andererseits seien seine Aussagen unsachlich und die Angaben falsch.

 

Die im Jahr 2004 gegründete Tageszeitung „Dschahan Sanaat“ (Industriewelt) ist eigentlich ein Wirtschaftsblatt. Ihre Berichterstattung galt als seriös und sachlich.

 

Es gibt im In- und Ausland Zweifel, dass die amtlichen Angaben im Iran richtig sind. Die Rede ist von über 40 000 Toten. Zitiert werden meistens anonyme Quellen, daher können die Angaben nicht unabhängig überprüft werden.

 

Aktuell liegt die Zahl der Corona-Toten im Iran bei 18 616, die der nachgewiesenen Infektionen bei 328 844, so das Gesundheitsministerium am Montag.