Pressefreiheit
Newsroom

Sind Deniz Yücel und Mesale Tolu Kriminelle und Terroristen?

Sind Deniz Yücel und Mesale Tolu Kriminelle und Terroristen? Deniz Yücel. Am Donnerstag geht der Prozess gegen ihn in der Türkei weiter.

Reporter ohne Grenzen fordert von der Türkei, Deniz Yücel und Mesale Tolu endlich freizusprechen.

Berlin – Vor der nächsten Gerichtsverhandlung im Prozess gegen Deniz Yücel am Donnerstag (13.02.) fordert Reporter ohne Grenzen (ROG) erneut den Freispruch des deutsch-türkischen Journalisten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit“ vor.

 

ROG fordert zudem den Freispruch der aus Ulm stammenden Journalistin Mesale Tolu. Am 25. Februar geht in Istanbul der Prozess gegen sie weiter. Die Staatsanwaltschaft wird an dem Tag vermutlich verkünden, welches Strafmaß sie fordert. Tolu wird „Terrorpropaganda" und „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation" vorgeworfen.

 

„Auch rund zwei Jahre nach ihrer Freilassung bleiben Deniz Yücel und Mesale Tolu in den Augen der türkischen Justiz Kriminelle, obwohl sie nur ihre Arbeit gemacht haben. Wie lange soll diese Farce noch andauern? Deniz Yücel und Mesale Tolu müssen endlich freigesprochen werden“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wir hören nicht auf, die Freilassung aller in der Türkei wegen ihrer Arbeit inhaftierten Medienschaffenden zu fordern.“


Ende Februar 2017 ordnete ein Haftrichter Untersuchungshaft gegen Yücel an, der seit Mai 2015 als Türkei-Korrespondent für die „Welt“ arbeitete. Der Richter stützte sich dabei auf Artikel, die Yücel geschrieben hatte. Einer der Artikel war ein Interview mit einem PKK-Anführer aus dem Jahr 2015. Yücel saß insgesamt ein Jahr und zwei Tage im Gefängnis, davon rund zehn Monate in Isolationshaft. Der Journalist war im Februar 2018 freigelassen worden und nach Deutschland zurückgekehrt. Ende Juni 2018 begann der Prozess in Istanbul in seiner Abwesenheit.

 

Der Termin am Donnerstag ist bereits die sechste Verhandlung seit Prozessbeginn. Im Mai 2019 hat Yücel seine Verteidigungsschrift im türkischen Strafverfahren vor dem Berliner Amtsgericht Tiergarten eingereicht. Darin berichtet der Journalist von körperlichen Angriffen des Wachpersonals im Hochsicherheitsgefängnis Silivri. So sei er über mehrere Tage hinweggeschlagen, bedroht und entwürdigt worden. Ende Juni 2019 entschied das türkische Verfassungsgericht, dass die Verhaftung Yücels rechtswidrig war und das Recht auf persönliche Sicherheit und Freiheit sowie das Recht auf Meinungsfreiheit verletzt worden sei.

 

Mesale Tolu war Ende April 2017 in Istanbul festgenommen worden und saß ab dem 5. Mai mehr als sieben Monate im Frauengefängnis Bakirköy. Der Prozess gegen sie hat im Oktober 2017 begonnen, rund zwei Monate später wurde sie unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen. Im August 2018 durfte sie nach Aufhebung der Ausreisesperre in ihre Heimat Deutschland zurückkehren.

 

Gleichzeitig erinnert ROG an das Schicksal der mindestens 22 vor Ort wegen ihrer Arbeit inhaftierten Journalistinnen und Journalisten, die einem willkürlichen Justizsystem ausgesetzt sind. Die Türkei gehört neben China, Saudi-Arabien, Ägypten, Syrien, Iran und Vietnam zu den Ländern, in denen weltweit die meisten Medienschaffenden wegen ihrer journalistischen Tätigkeit im Gefängnis sitzen.