Pressefreiheit
DAPD

Klage eines Burschenschaftlers gegen "Spiegel Online" vor Gericht

Abwägung zwischen Persönlichkeitsrechten und Pressefreiheit.

Braunschweig (dapd-nrd). Ein Artikel über das Innenleben von deutschen Burschenschaften auf "Spiegel Online" beschäftigt die Justiz. Hintergrund ist ein Link auf der Nachrichtenseite, der es ermöglicht, die Email-Korrespondenz eines Mitglieds der Burschenschaft Tuiskonia Karlsruhe mit anderen Burschenschaftlern einzusehen. Das Braunschweiger Landgericht wird nun ab Mittwoch in einem Zivilverfahren zu klären haben, ob dies rechtens ist.

Der Burschenschaftler aus Karlsruhe will mit der Klage die Unterlassung der Verlinkung auf der Nachrichtenseite erwirken. Nach Angaben des Landgerichts begründete er die Klage mit der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Die Publikation der Emails auf der verlinkten Seite sei ohne seine Zustimmung auf rechtswidrige Weise erfolgt.

Medien können sich auf Pressefreiheit berufen

Ob der Burschenschaftler Erfolg mit seiner Klage haben wird, hänge vor allem vom Inhalt der Mails ab, sagt der Berliner Medienrechtsanwalt Niko Härting. "Es stellt sich immer die Frage, ob es ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung gibt", sagt er. Es herrsche das weitverbreitete Missverständnis, dass Emails ein heiliges Gut sind. "Es gibt aber keinen absoluten Vertraulichkeitsschutz für Emails", sagt Härting. "Liegt kein Rechtsverstoß vor, können sich Medien bei einer Veröffentlichung auf die Pressefreiheit berufen", erklärt er.

Weil es nach Ansicht des Landgerichts ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung gab, wies es bereits in einem vorangegangenen Verfahren einen Antrag desselben Burschenschaftlers im August ab. Er hatte gegen "Die Tageszeitung" (taz) geklagt, weil diese im Juli Auszüge seiner Mails in einem Internetartikel veröffentlichte, die der "taz" vorlagen. Das überwiegende Informationsinteresse begründete das Gericht damit, dass es in den Mails teilweise um die internen Vorgänge innerhalb der Burschenschaften im Zusammenhang mit dem Burschenschaftstag ging, der im Juni stattfand.

Klagen, in denen das Gericht zwischen den Persönlichkeitsrechten und der Pressefreiheit abwägen muss, kämen häufiger vor, sagt Härting. In den Entscheidungen gäbe es aber durchaus Unterschiede. "Es kommt immer auf den Einzelfall an", sagt er. Je höher die Instanzen sind, desto stärker würde in den Entscheidungen aber auf den Artikel fünf des Grundgesetzes, also die Meinungs- und Pressefreiheit, Bezug genommen, sagt Härting.

Abstammung sollte maßgeblich für Aufnahme sein

Das Interesse der Medien an den Burschenschaften wurde geweckt, nachdem eine konservative Burschenschaft aus Bonn forderte, den Zugang zu den deutschen Burschenschaften von der Abstammung abhängig zu machen. Darüber hinaus wollte sie am Burschenschaftstag im Juni den Ausschluss der Burschenschaft Hansea Mannheim aus dem Verband Deutsche Burschenschaft (DB) durchsetzen, weil diese einen chinesischstämmigen Studenten in ihre Reihen aufgenommen hatte. Beide Vorhaben konnte die Burschenschaft allerdings nicht durchsetzen.

Der Artikel auf "Spiegel Online", auf den sich der Kläger bezieht, beschäftigt sich mit Interna aus den Burschenschaften, die aufgrund eines Datenlecks an die Öffentlichkeit gelangt sind. Laut der Nachrichtenseite sollen sie unter anderem rechtsextreme Tendenzen von einzelnen Burschenschaften im Verband zeigen.

Für die Prozessbeteiligten besteht am Mittwoch keine Anwesenheitspflicht vor dem Braunschweiger Landgericht, sagte eine Gerichtssprecherin. Unklar ist, ob es dann schon zu einer Entscheidung kommen wird.