Pressefreiheit
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Speckrollen-Affäre offenbart Frankreichs begrenzte Medienfreiheit

In Frankreich selbst scheinen die Grenzen der Presse für europäische Verhältnisse relativ eng gesteckt zu sein. Da passiert es etwa, dass der Präsident aus seinem amerikanischen Urlaubsort persönlich bei der Zeitung "Le Monde" anruft und die Redaktion auffordert: "Schreiben Sie nicht über Cécilia."

Paris (dpa) - Die "Rolle des Mannes" über der Badehose ist kein hübscher Anblick, auch wenn sie dem sonst gut durchtrainierten französischen Präsidenten gehört. Das mögen sich die Redakteure der Zeitschrift "Paris Match" gedacht haben, die ein Urlaubsfoto von Nicolas Sarkozy mit seinem Sohn im Kanu ins Blatt nehmen wollten. Kurzerhand retuschierten sie das Profil des paddelnden Präsidenten. Besser nicht das Risiko eingehen, Sarkozy zu verärgern - schließlich wurde vor zwei Jahren der Chefredakteur gefeuert, als "Paris Match" ein Bild von Sarkozys Frau Cécilia mit einem anderen Mann an ihrer Seite veröffentlichte. Das Verhältnis zwischen Macht und Medien ist in Frankreich derzeit angespannt.

Zwar ist Paris der Sitz der Organisation Reporter ohne Grenzen, die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt, doch in Frankreich selbst scheinen die Grenzen der Presse für europäische Verhältnisse relativ eng gesteckt zu sein. Da passiert es etwa, dass der Präsident aus seinem amerikanischen Urlaubsort persönlich bei der Zeitung "Le Monde" anruft und die Redaktion auffordert: "Schreiben Sie nicht über Cécilia." Dies geschah, kurz nachdem Cécilia Sarkozy eine persönliche Einladung der US-Präsidentengattin Laura Bush wegen Krankheit abgesagt hatte und am nächsten Tag beim Stadtbummel beobachtet wurde.

Nie zuvor stand ein französischer Präsident samt Familie derart im Rampenlicht der Medien. Allerdings hat Sarkozy selbst kräftig dazu beigetragen. Schließlich war er es, der Cécilia ohne weitere Absprachen nach Libyen schickte, um mit Revolutionsführer Muammar al- Gaddafi über die Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern zu verhandeln. In seinem noch vor der Wahl veröffentlichten Buch "Témoignages" enthüllt er freiwillig Details seiner zweiten Ehe mit Cécilia. "Wir haben uns wieder gefunden und dieses Mal ist es zweifellos für immer", ist dort über die vorübergehende Trennung der beiden zu lesen.

Die zurückhaltende Kritik mancher französischen Medien an der Regierung erklärt sich auch durch das enge Verhältnis, das Sarkozy etwa zu Verlegern pflegt. Arnauld Lagardère etwa, zu dessen Zeitschriftenimperium neben "Paris Match" auch die Zeitung "Journal du Dimanche" gehört, nennt Sarkozy seinen "Bruder". "Journal du Dimanche" entfernte nach der zweiten Wahlrunde kurz vor dem Andruck einen Artikel aus dem Blatt, in dem zu lesen war, dass Cécilia Sarkozy auf ihre Stimmabgabe verzichtet hatte.

Kürzlich zeigte Bernard Arnault, Chef der Luxusindustrie-Gruppe LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) und Sarkozys Trauzeuge, Interesse am Kauf der Wirtschaftszeitung "Les Echos". Die Redakteure wehrten sich dagegen und betonten in einem offenen Brief, dass die Abhängigkeit einer Zeitung von einem Wirtschaftskonzern zur Selbstzensur führe. "Vor allem eine Wirtschaftszeitung würde dadurch zuerst ihre Glaubwürdigkeit, dann ihre Leser und schließlich auch Geld verlieren." Außerdem geriete Arnault, dem bereits die Wirtschaftszeitung "La Tribune" gehört, in den Verdacht der Monopolisierung.

Wie manche französischen Politiker und Unternehmer ihr Verhältnis zur Presse sehen, verdeutlicht eine Bemerkung des Rüstungsindustriellen Serge Dassault, der die Zeitung "Le Figaro" besitzt und ebenfalls mit Sarkozy befreundet ist: "Warum sollte ein Eigentümer oder ein Großaktionär nicht in seiner Zeitung schreiben dürfen, was er denkt?" Die schlichte Antwort darauf lieferte das Satireblatt "Le Canard Enchaîné": "Weil er keinen Presseausweis hat."