Pressefreiheit
dpa

Ungarns Außenminister weist Ausspäh-Vorwürfe zurück

Wie die ungarische Recherchegruppe „Direkt36“ berichtete, soll es in Ungarn mehr als 300 potenzielle Überwachungsziele gegeben haben.

Komarom/Budapest (dpa) − Ungarns Außenminister Peter Szijjarto hat einem Medienbericht zufolge Vorwürfe zurückgewiesen, nach denen sein Land Journalisten oder Aktivisten mit der Pegasus-Software des israelischen Herstellers NSO überwacht haben soll. Der Direktor des Geheimdienstes IH habe auf Anfrage bestritten, dass der Dienst die Software einsetze, sagte Szijjarto nach einem Bericht des Nachrichtenportals „Telex.hu“ am Montag im nordungarischen Komarom. Der seinem Ministerium unterstellte Dienst sei bereit, dem Sicherheitsausschuss des ungarischen Parlaments darüber Auskunft zu geben. Die Opposition will zu den Vorwürfen eine Sondersitzung des Gremiums einberufen.

 

IH ist einer der fünf ungarischen Geheimdienste. Ob möglicherweise eine andere Behörde Menschen über Pegasus überwacht haben könnte, wollte Szijjarto nicht sagen, wie „telex.hu“ weiter berichtete. Die ungarische Justizministerin Judit Varga sagte in Brüssel: „Lasst uns nicht lächerlich sein. Jedes Land braucht solche Mittel.“

 

Ein internationales Journalistenkonsortium hatte zuvor neue Vorwürfe gegen NSO veröffentlicht. Nach diesen sollen auf 37 Smartphones von Journalisten, Menschenrechtlern, deren Familienangehörigen und Geschäftsleuten Spuren von Angriffen mit der Pegasus-Software des Unternehmens gefunden worden sein. Die Nummern seien Teil eines Datensatzes von mehr als 50 000 Telefonnummern, den die Journalisten gemeinsam mit den Organisationen Forbidden Stories und Amnesty International auswerteten. Die Nummern sollen den Berichten zufolge offenbar von NSO-Kunden als potenzielle Ausspähziele ausgewählt worden sein. NSO hatte die Vorwürfe am Sonntag zurückgewiesen.

 

Wie die ungarische Recherchegruppe „Direkt36“ berichtete, soll es in Ungarn mehr als 300 potenzielle Überwachungsziele gegeben haben. Nachweislich seien vier ungarische Journalisten und ein Fotograf überwacht worden, außerdem mehrere Geschäftsleute und Ex-Politiker. „Direkt36“ ist nach eigenen Angaben Teil des Journalistenkonsortiums.

 

Ungarns Regierung unter Viktor Orban verfolgt seit ihrem ersten Amtsantritt 2010 eine international kritisierte, restriktive Medienpolitik, die sich gegen die Oppositionspresse richtet.