Pressefreiheit
AFP

Weiter Kritik an Ermittlungen gegen Journalisten

U-Ausschuss-Obleute fordern Änderung von Strafgesetzbuch.

Berlin (AFP) - Angesichts der Ermittlungen gegen Journalisten wegen Berichterstattung über den BND-Untersuchungsausschuss hat die Opposition eine Änderung der Rechtslage gefordert. Im Strafgesetzbuch müsse geregelt werden, dass Journalisten wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat nicht bestraft würden, forderten die Obleute von FDP und Linker im BND-Ausschuss, Max Stadler und Wolfgang Neskovic, gegenüber der "Neuen Presse" vom Samstag. Die Grünen schlossen sich der Forderung an. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), rechtfertigte erneut die Ermittlungen.

Neben Stadler und Neskovic forderte auch Grünen-Chef Reinhard Bütikofer eine Änderung der Rechtslage. "Da muss einfach Klarheit geschaffen werden durch den Gesetzgeber", sagte Bütikofer in der ARD. Die laufenden Verfahren seien ein "absoluter Skandal" und müssten sofort eingestellt werden. Grünen-Chefin Claudia Roth nannte die Ermittlungen gegen die Journalisten einen "Angriff auf die Pressefreiheit, der wirklich beispiellos ist". Zugleich übte sie im ZDF scharfe Kritik am Ausschuss-Vorsitzenden Kauder. Sie sei sehr empört über dessen Verhalten, sagte Roth. Er mache "sich viel mehr Gedanken, wie man die Geheimniskrämerei weiter fortsetzt" als für Transparenz im Ausschuss zu sorgen.

Kauder sagte der "Neuen Presse", das Bundeskanzleramt hätte ihn vor den Ermittlungen darauf hingewiesen, "dass es dem Ausschuss keine als geheim eingestuften Akten mehr zur Verfügung stellen würde, wenn das so weiter geht". Er habe sich gezwungen gesehen zu reagieren. "Mir ging es darum, die Schotten dicht zu machen. Ich möchte herausfinden, wer der oder die Informanten sind."

Auch der stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Michael Hartmann (SPD) verteidigte Kauders Vorgehen. Er habe Kauder "durch tätiges Nichtstun" bei der Einleitung der Ermittlungen unterstützt, weil er "in gewisser Weise Verständnis hatte für Kauders Problem", sagte Hartmann der Zeitung "Rheinpfalz".

Neskovic wehrte sich gegen den Eindruck, dass allein Ausschussmitglieder oder deren Mitarbeiter die Dokumente weitergereicht haben könnten: "Zu diesen Akten hatten bestimmt mehr als 100 Leute Zugriff, auch Regierungsbeamte", sagte er. In der "Thüringer Allgemeinen" bezeichnete er die Ermittlungen als "Missbrauch staatsanwaltschaftlicher Ressourcen".

Der Verleger Alfred NevenDuMont bezeichnete die Ermittlungen in Beiträgen für "Frankfurter Rundschau" und "Kölner Stadt-Anzeiger" als "grotesken Vorgang". Es sehe so aus, als sollten die "zweifelhaften Vorgänge, die jetzt aufgedeckt worden sind, statt den Verursachern der Presse in die Schuhe geschoben werden."

Losgetreten wurden die Ermittlungen von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der Mitte April die Staatsanwalt ermächtigt hatte, zu ermitteln. Im Zuge dessen nahm die Staatsanwaltschaft nicht nur gegen Abgeordnete und andere Amtsträger Ermittlungen auf, sondern auch gegen Helfer wie Büropersonal oder Journalisten. Es wird gegen 17 namentlich benannte Journalisten ermittelt.