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dpa

Zensurvorwürfe erschüttern öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Polen

Ein regierungskritischer Song hat die Chart-Spitze des dritten Rundfunkprogramms „Trojka“ erreicht. Kurz darauf verschwand die Hitliste von der Internetseite des Senders.

Warschau (dpa) − In Polen sieht sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit Zensurvorwürfen konfrontiert. Hintergrund ist, dass ein regierungskritischer Song die Chart-Spitze des dritten Rundfunkprogramms „Trojka“ erreicht hatte. Doch kurz darauf verschwand die Hitliste mit dem Song „Dein Schmerz ist besser als meiner“ von der Internetseite des populären Senders. Der Leiter des Programms, Tomasz Kowalczewski, wies die Vorwürfe am Donnerstag vor der Sitzung eines Senatsaussschusses zu dem Thema zurück. Er habe „nichts zensiert“, sagte er dem Nachrichtensender TVN24.

 

Die liberale Zeitung „Gazeta Wyborcza“ präsentierte indes eine möglicherweise inkriminierende SMS des Sender-Leiters an den Leiter der Musikdirektion, Piotr Metz. „Piotr, sorge dafür, dass das Lied, von dem wir gesprochen haben, nicht auf Sendung geht“, heißt es darin. Es sei dabei nicht um das fragliche Lied des Punkrock-Sängers Kazik Staszewski gegangen, entgegnete Kowalczewski. In den sozialen Medien stieß dieses Argument indes überwiegend auf Unglauben.

 

Der Protestsong spielt auf eine politische Affäre um Jaroslav Kaczynski an, ohne ihn namentlich zu nennen. Der Vorsitzende der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte am 10. April das Grab seiner Mutter in Warschau besucht, obwohl Friedhöfe wegen der Coronavirus-Pandemie geschlossen worden waren.