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Steuererleichterungen, Stiftungsmodelle und Nothilfe-Fonds: Politik will kriselnder Zeitungsbranche helfen

Steuererleichterungen, Stiftungsmodelle, Fonds für Not leidende Journalisten: Die Liste der Vorschläge von Medienpolitikern zur Sicherung des Qualitätsjournalismus' angesichts der Zeitungskrise ist lang. Der Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck, forderte die Bundesregierung auf, maroden Zeitungen ebenso zu helfen wie Pleite-Banken. Holger Mehlig berichtet aus Berlin.

Berlin (dapd) -  "Solange sich der Staat für den Erhalt von maroden und korrupten Banken finanziell engagiert, die eine Beschädigung der Demokratie in Kauf nehmen, sollte er erst recht Verantwortung für diejenigen Zeitungen tragen, welche für ein funktionierendes Gemeinwesen unerlässlich sind", sagte er in Berlin in einem dapd-Interview. Der Staat könne bestimmte Erleichterungen erwägen, beispielsweise steuerliche. Es gebe gute Gründe, "gegen alle Widersprüche" den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit seinem Kultur- und Bildungsauftrag zu erhalten und zu verteidigen, sagte Staeck und fügte hinzu: "Warum sollte nicht gleiches für Qualitätszeitungen gelten?"

Dagegen sprach sich der medienpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Wolfgang Börnsen (CDU), gegen Steuererleichterungen aus. Staatsferne garantiere die Unabhängigkeit der Medien, sagte er. Börnsen verwies zudem darauf, dass auf Presseerzeugnisse bereits nur der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gezahlt wird. Er sprach sich für einen Fonds aus, um guten Journalisten, die in Not geraten seien, unter die Arme zu greifen. Ein solcher Fonds könnte von Verlegern und dem Bund aufgelegt werden.

BDZV hält Steuererleichterungen für gerechtfertigt

Aufgeschlossen für eine weitere Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Presseerzeugnisse und einer steuerlichen Absetzbarkeit von Zeitungsabos ist dagegen der SPD-Medienpolitiker Martin Dörmann. Er wies in einem dapd-Interview auf einen Antrag der SPD-Fraktion hin: Dort sei unter anderem ein Prüfauftrag an die Regierung formuliert, inwieweit der Branche mit einer indirekten Förderung geholfen werden könne. Verwiesen werde unter anderem auf Stiftungsmodelle in Skandinavien.

Auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger hält steuerliche Erleichterungen für Zeitungen für gerechtfertigt. "Direkte Subventionen lehnen die Verlage aus Gründen der Wahrung ihrer Unabhängigkeit allerdings ab", sagte Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff.

Die Grünen schlugen vor, eine staatlich unabhängige Stelle zur Förderung von Journalisten zu gründen. Diese könnte Gelder für Online-Geschäftsideen vergeben, einzelne journalistische Projekte fördern oder Verlagen bei Investitionen im digitalen Bereich aushelfen, sagte die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Tabea Rößner. Darüber hinaus könne diskutiert werden, ob Verlage bei der Aus- und Weiterbildung von Journalisten unterstützt werden könnten. Eine steuerliche Förderung, zum Beispiel eine Mehrwertsteuersenkung, werfe allerdings rechtliche Fragen auf.

Die Linke fordertet angesichts der jüngsten Hiobsbotschaften für Printmedien "eine staatsferne, öffentliche Finanzierung von Qualitätsjournalismus" Dazu zähle sie aber auch gehaltvolle Beiträge in Blogs und Autorennetzwerken, sagte die medienpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Kathrin Senger-Schäfer, und fügte hinzu: "Es wäre zugleich eine Verlagerung weg vom Verbreitungsweg und hin zu den Kreativen."

Staeck sieht Zukunft für Zeitungen

In der Zeitungsbranche reihten sich in den vergangenen Monaten die Hiobsbotschaften aneinander: Die "Financial Times Deutschland" wird eingestellt und veröffentlicht an diesem Freitag, 7. Dezember, ihre letzte Ausgabe. Die "Frankfurter Rundschau" hat Insolvenz angemeldet, dem Berliner Verlag drohen Stellenkürzungen. Bei der Nürnberger "Abendzeitung" gingen Ende September die Lichter aus. Im Oktober hatte die Nachrichtenagentur dapd Insolvenz angemeldet.

Staeck sieht dennoch eine Zukunft für die Zeitungsbranche. "Solange sich Menschen noch als analoge Wesen verstehen, wird es auch ein Bedürfnis nach bedrucktem Papier geben", erklärte der 74-jährige Grafikdesigner, der der Akademie der Künste in Berlin seit 2006 vorsteht. Deshalb würden Zeitungen in absehbarer Zeit nicht zum bloßen Nischenprodukt mutieren. Natürlich sei Kreativität gefragt, um sich aktiv mit der digitalen Konkurrenz zu messen.

Holger Mehlig