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Radio als Lebenselixier

Sylvia Gawehn leitet den Offenen Kanal Radio Funkwerk - Feier zum zehnjährigen Bestehen.

Erfurt (ddp-lth). Radio ist ihre Leidenschaft, dabei ist Sylvia Gawehn selbst fast nie zu hören. Seit dem Start vor zehn Jahren leitet sie den Offenen Kanal Radio Funkwerk mit Sitz in Erfurt. "Es fasziniert mich immer noch, wie durch dieses Medium Bilder im Kopf entstehen", sagt die 50-Jährige.

Das Funkwerk-Team betreut die Nutzer des Senders, der von der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) ins Leben gerufen wurde. Über 4000 Nutzer haben sich im ersten Jahrzehnt angemeldet. "Offene Kanäle sind für jeden zugänglich. Es gibt keine Zensur, wir leiten gern an und bieten Schulungen", erläutert Gawehn.

Wenn am Freitag der Geburtstag des Senders gefeiert wird, werden auch viele "Funkwerker" erwartet, etwa Redakteure der Seniorensendung "Kaffeezeit" und der Jugendredaktion. "Mich freut es, dass die Generationen bei uns auch gemeinsame Projekte planen. Die Generationen der Enkel und der Großeltern haben beispielsweise Sendungen zu Jugendträumen und zum Tod vorbereitet", berichtet Gawehn.

Die Hälfte der Nutzer sind Mädchen und Frauen, das Durchschnittsalter liegt bei 27 Jahren. In den Studios am Erfurter Gagarin-Ring sind laut Statistik jedes Jahr rund 1500 Hobby-Moderatoren und deren Studiogäste "mit der Lizenz zum Senden" aktiv, einige von ihnen schon seit zehn Jahren.

Gawehn kann sich noch genau an den Sendestart vor zehn Jahren erinnern. "Die erste Sendung hat ein junger Mann moderiert, der eigentlich Biochemie studieren wollte", erzählt die Funkwerk-Chefin, die vor ihrer Radiozeit zehn Jahre am Theater in Jena arbeitete. Die erste Funkwerk-Stimme war die des damaligen Gymnasiasten Andreas Kolbe. Der Erfurter studierte später Journalismus und arbeitet heute als Redakteur für den Deutschlandfunk.

Das Funkwerk-Programm ist vielfältig: So gibt es russischsprachige Sendungen oder spezielle Sendungen für Behinderte. Das Archiv verfügt über rund 7000 Musiktitel. Das neueste Projekt ist der "Fledermausfunk", eine halbstündige Sendung für Kinder. "Wir wollen helfen, die Welt mit den Ohren zu sehen. Radio ist ein unglaublich kluges Medium, das die Phantasie anregt und direkt Emotionen wecken kann", sagt die studierte Germanistin Gawehn.

30 Prozent aller Thüringer können Radio Funkwerk empfangen. Mit den beiden nichtkommerziellen Lokalradios, Radio F.R.E.I in Erfurt und Radio Lotte Weimar, sowie dem Studentenradio der Bauhaus Universität Weimar teilt sich Funkwerk die Frequenzen. Thüringenweit gibt es sieben Offene Kanäle und zwei nichtkommerzielle Lokalradios.

"Hinter der Errichtung von Offenen Kanälen steckt ein Ausgleichsgedanke: Themen, die im öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk nicht ausreichend berücksichtigt werden, können im Offenen Kanal zum Zuge kommen", sagt TLM-Direktor Jochen Fasco. Radio Funkwerk habe sich schon nach kurzer Zeit zum Kompetenzzentrum für den Radiobereich im Bürgerrundfunk entwickelt.

Fasco sieht eine gute Zukunft für die Offenen Kanäle in Thüringen: "Das Interesse an lokaler Identität und damit an lokaler Öffentlichkeit wird mit zunehmender Globalisierung ungebrochen sein". Zudem spiele die Vermittlung von Medienkompetenz eine große Rolle. Offene Kanäle blieben "Orte, die den Bürgern eine Stimme geben, Orte der bürgerlichen Teilhabe und Orte, wo Demokratie gelebt wird".