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"Klaro Safaro"-Chefredakteurin: "Kinder lesen gerne Kurioses"

Wie können gerade Kinder an die Tageszeitung herangeführt werden? Als Chefin der Bremer Agentur für Kindermedien kennt Judith Roth die Vorlieben von Mädchen und Jungen, weiß, was die Jüngsten wie lesen möchten.

Bremen - Seit 2007 bietet Roth als Chefin des Nischenangebotes Nachrichten für Kinder an - gerne als ganze, aktuelle Seite, gerne aber auch in Häppchen, als Nachrichtenticker für die jüngsten Leser, die Zeitungen verwenden können, erzählt sie im Gespräch mit Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.

Newsroom.de: Frau Roth, Kinder lesen keine Zeitung, interessieren sich nur noch für Internet und Spielekonsolen, sagen zumindest die Pessimisten in der Medienbranche. Ihre Agentur hilft Zeitungen, beliefert sie mit Kindernachrichten. Wie ist die Resonanz?

 

Kontakt zu Dr. Judith Roth - Agentur für Kindermedien 

Humboldtstraße 17

28203 Bremen

Telefon (0421) 6 20 21 84

mail@kindermedienagentur.com

 

Judith Roth: Kinder lesen Zeitung, wenn sie entsprechend aufbereitet ist. Sie müssen ein Angebot finden, das für sie gemacht ist. Es muss in ihrer Denke und Sprache daherkommen und eines schaffen: Es muss ihnen das nötige Wissen an die Hand geben, um verstehen zu können, was auf der Welt passiert. Texte für Erwachsene können das nicht leisten. Wir haben Kinder, die seit fünf Jahren jede Woche bei unserem Preisrätsel mitmachen. Sie werden Zeitung lesen, wenn sie groß sind. Verlage profitieren daher von unserem Angebot.


Newsroom.de: Welche Themen kommen besonders gut an bei Mädchen und Jungen?


Judith Roth: Mädchen und Jungen unterscheiden sich beim Lesen, dennoch haben sie Gemeinsamkeiten: Kinder lieben Texte über Unglücke und Katastrophen. Sie lesen gern Kurioses. Sie mögen Umwelt, Natur und Tiere. Sie interessieren sich für Stars oder Sport. Aber auch für andere Kinder. Oftmals ist das ein guter Ansatzpunkt, um auch schwere Themen zu vermitteln, zum Beispiel Armut oder Krieg.


Newsroom.de: Und was ist tabu?


Judith Roth: Wir haben wenige Tabus. Es ist wichtig, Kinder aufzuklären und ihnen zu sagen, was passiert ist, anstatt sie damit allein zu lassen. Wir ordnen ein und achten bei besonders schwierigen - sprich emotionalen - Themen stets darauf, Hilfen mit an die Hand zu geben.


Newsroom.de: Wie muss ein Artikel geschrieben sein, damit ihn Kinder lesen?

Judith Roth: Kinder müssen sich über Text und Bild angesprochen fühlen. Wir beachten daher ihre Lebenswelt. Ob Hartz IV, Rente oder ein neuer König – Kinder haben einen Bezug dazu oder wir können ihn für sie herstellen. Wir schaffen Neugierde über Texteinstiege, und vor allem, wir führen unsere Leser. Wir erklären, wo es nötig ist. Aber wir lassen es, wo wir Wissen voraussetzen dürfen. Wir nehmen unsere Leser ernst und holen sie da ab, wo sie stehen. Dabei bekommen sie ein Produkt, das dem der Erwachsenen sogar stark ähnelt. Auch wir bringen zu Beginn die Nachricht und nicht am Schluss. Im Ergebnis sind unsere Texte einfach zu lesen.

Newsroom.de: Also einfach schreiben, keine Fremdworte verwenden - viele Journalisten tun sich aber durchaus schwer mit solchen Einschränkungen. Meinen Sie, dass jeder Journalist kindgerecht schreiben kann?


Judith Roth: Doch, doch, wir verwenden durchaus Fremdworte, aber wir erklären sie. Die Kunst für Kinder zu schreiben, steckt in der Tat in der Vereinfachung. Denn sie birgt jede Menge Fallen. Es scheint auf dem Papier richtig zu sein, doch ist es das dann auch? Unsere Autoren sind darauf trainiert, jeden Satz mehrmals zu überdenken, damit alles korrekt ist. Wer sich das erste Mal an unserer Arbeit versucht, merkt sehr schnell, dass es schwieriger ist, als gedacht. Kindertexte sind einfach zu lesen, aber nicht einfach zu schreiben.

Newsroom.de: Sie haben jetzt lange mit der Nachrichtenagentur dapd kooperiert. Wie verlief die Zusammenarbeit?

Judith Roth: Meine Agentur hat die Kooperation im März gelöst, weil dapd in den bekannten Schwierigkeiten steckte. Ohne diese Entwicklung wäre es nicht zum Ende der Zusammenarbeit unsererseits gekommen. Vor dem endgültigen dapd-Aus die nötigen Schritte eingeleitet und unseren Vertrieb neu aufgestellt.

 

Dr. Judith Roth in ihrem Büro in Bremen.

 

Newsroom.de: Wie reagieren die Medienhäuser, die Sie nun direkt ansprechen?


Judith Roth: Die Medienhäuser reagieren sehr gut. Für sie haben sich die Produkte nicht geändert. Sie bekommen denselben Service wie zu dapd-Zeiten. Sie können bei uns weiterhin einen täglichen Nachrichtenticker im selben Umfang wie früher beziehen. Und sie erhalten ein Mal in der Woche bei uns die Kinderseite Klaro Safaro.

Newsroom.de: Wie viele Nachrichten produzieren Sie täglich von Bremen aus?

Judith Roth: Wir produzieren jeden Tag so viel, dass Zeitungshäuser eine eigene Kinderseite, Kinderspalten und wöchentliche Kinderzeitungen füllen können. Unsere Stärke ist unsere Flexibilität. Wir finden für jeden Kunden das passgenaue Angebot. So haben wir neben dem großen Kinderticker auch kleinere Pakete – je nach Bedarf können wir zuliefern.


Newsroom.de: Ein Chefredakteur einer Regionalzeitung erzählte mir einmal, dass seine Kinderseite auch exzellente Kritiken von seinen älteren Lesern erhalten würde. Glauben Sie, dass die Kinderseite die ganze Familie ansprechen kann?


Judith Roth: Kindernachrichten lesen alle gern. Erwachsene haben sich bei uns des Öfteren bedankt und gesagt, dass sie den Krieg in Afghanistan nun auch verstehen. Für uns ist das ein schönes Lob.


Die Fragen an Dr. Judith Roth, Inhaberin der Bremer Agentur für Kindermedien und Chefredakteurin von Klaro Safaro, stellte Newsrom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.

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