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Serbien bremst deutsche Medienunternehmer aus

Das Balkanland Serbien sucht händeringend nach ausländischen Investoren. Doch der Mediensektor ist gesperrt. Viele Millionen Euro Kapital und Hunderte geplante Arbeitsplätze liegen auf Eis. Aus Belgrad Thomas Brey.

Belgrad (dpa) - Die Zuschauer in Serbien sind schon lange unzufrieden mit ihren Fernsehprogrammen. Endlose Wiederholungen von Serien, preiswerte Musiksendungen, ausufernde Diskussionen. Aus Geldmangel werden internationale Fußballübertragungen oft nicht gezeigt. Seit zwei Monaten mischt der mit deutschem Geld finanzierte TV-Sender Nova die Branche auf: Von Top-Grafikern entwickeltes Design, für Serbien einzigartige virtuelle Studios, moderne Serien mit enormer Zuschauergunst, viele Eigenproduktionen sowie Bildungsfernsehen über nationale Geschichte, die im Land eine große Rolle spielt. Doch der bisher nur über Kabel empfangbare Sender wurde ausgebremst. Die in Serbien dringend nötige landesweite Antennenfrequenz bleibt verwehrt.

Hinter Nova stecken der frühere ProSieben-Geschäftsführer Dejan Jocic und sein Geldgeber, der deutsche Investor Bernd Dietel. Der hat bisher sechs Millionen Euro lockergemacht. Mehr als 18 Millionen sollen es werden. 450 Arbeitsplätze stehen im Businessplan.

Nach Beschluss der staatlichen Rundfunkbehörde (RAA) war der neue Sender nicht gut genug, die eigentlich freie landesweite Sendefrequenz zu erhalten. Mehr noch: Die Frequenz solle lieber ganz aus dem Verkehr gezogen werden, riet ein RAA-Vertreter.

Mehr als 300 Tage lang wurde der neue Sender im Genehmigungsverfahren hingehalten, während die bestehenden TV-Anstalten über Nacht ihre Lizenzen verlängert bekamen. Der entscheidende RAA-Beschluss Ende vergangener Woche war schon bekannt, bevor überhaupt abgestimmt wurde: Vier Stimmen dafür, vier dagegen und eine Enthaltung. Dabei hat das die Bürger vertretende Gremium genau deswegen neun Mitglieder, damit eine Entscheidung in jedem Fall zustande kommt.

Von "Frequenz-Zirkus" und "Mission impossible" sprach die größte heimische Zeitung "Blic". Die Hintergründe sind in Belgrader Medienkreisen ein offenes Geheimnis. Der neue Sender stand nicht wie alle anderen unter dem Druck und Einfluss der Regierung. Während die bisherigen Fernsehstationen oft massive Regierungspropaganda ausstrahlen, versuchte "Nova" eine kritische Distanz. Wie in den TV-Sendern werden auch in der Boulevardpresse die Opposition oder politische Gegner im Regierungslager mit üblen Kampagnen überzogen.

Die aktuelle Blockade deutscher Medienunternehmer hat eine Vorgeschichte. Vor Jahren schaffte es Europas führender TV-Konzern RTL Group nicht, in Serbien Fuß zu fassen. Die Luxemburger mussten sich von den Behörden Vorwürfe anhören, sie verstünden nichts vom Fernsehen. Stattdessen erhielten zum Teil zwielichtige Unternehmer den Zuschlag, die noch nie Fernsehen gemacht hatten.

Zuletzt wurde die Essener Funke-Gruppe (WAZ) von Politikern regelrecht aus dem Land geworfen, obwohl sie schätzungsweise schon 120 Millionen Euro investiert hatte. "Ein verheerendes Signal für alle ausländischen Investoren", sind sich Regierungskritiker einig.

Thomas Brey