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Türkische Denkfabrik stellt deutsche Journalisten an den Pranger

Türkische Denkfabrik stellt deutsche Journalisten an den Pranger Regierungsnahe Denkfabrik stellt deutsche Journalisten an den Pranger.

Die regierungsnahe Denkfabrik „Seta“ wirft deutschen und internationalen Journalisten vor, „regierungsfeindlich“ zu berichten. Sie nennt Journalisten namentlich und zeigen Screenshots ihrer Twitter-Aktivitäten.

Istanbul − Eine regierungsnahe türkische Denkfabrik wirft deutschen und internationalen Journalisten vor, „regierungsfeindlich“ zu berichten. In einer neuen, 202 Seiten langen Studie des Think Tanks „Seta“ nehmen die Autoren vor allem die türkischsprachige Berichterstattung von sieben Medienhäusern unter die Lupe, darunter die der „Deutschen Welle“ (DW), der britischen „BBC“, des russischen Senders „Sputnik“ und des US-Senders „Voice of America“. Sie nennen dabei Journalisten namentlich und zeigen Screenshots ihrer Twitter-Aktivitäten. Der DW allein sind rund 30 Seiten gewidmet. Der Bericht liest sich teilweise wie eine Anklageschrift.

Es geht den Autoren vor allem um Berichte zu sensiblen Themen wie zur Wirtschaft oder zum Putschversuch von 2016. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Monaten internationale Medien mehrfach für ihre „negative“ Berichterstattung, unter anderem über die schlechte wirtschaftliche Lage, kritisiert. Zwei Journalisten der Agentur Bloomberg wurden wegen eines Artikels zur Währungskrise angeklagt. Türkische Medien sind seit dem Putschversuch zu einem großen Teil unter Regierungskontrolle.

Über die Berichterstattung der „Deutschen Welle“ heißt es in dem Bericht zum Beispiel: „Generell verfolgt sie eine Politik der Nachrichtenproduktion, die auf Schwächen bei Pressefreiheit und Menschenrechten in der Türkei gerichtet ist.“

Die „Deutsche Welle“ wies die Vorwürfe umgehend zurück. „Natürlich muss ein internationales Medienhaus wie die „DW“ auch mit Kritik leben. Aber was hier mit der sogenannten wissenschaftlichen Studie geschieht, ist der Versuch, unsere Journalisten zu verunglimpfen und an den Pranger zu stellen“, sagte Sprecher Christoph Jumpelt der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Die „Deutsche Welle“ werde weiterhin sachlich und objektiv über die Entwicklungen in der Türkei berichten.

Eine Interessenvereinigung internationaler Journalisten in Istanbul, die „Foreign Media Association“ (FMA), ließ per Twitter verlauten, sie sei besorgt über den Bericht, der Journalisten namentlich nenne und porträtiere. Journalisten sollten ihren Beruf ausüben können, ohne Einschüchterungsversuchen oder Druck ausgesetzt zu sein.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte ebenfalls via Twitter am Nachmittag, dass der Bericht die Verfolgung von Korrespondenten ausländischer Medien auf eine neue Ebene bringe. Sie verurteilte den „Einschüchterungsversuch“.