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Bertelsmann zum Verkauf von RTL-Aktien bereit

Bertelsmann will aber weiter eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 75 Prozent der RTL- Anteile halten.

Gütersloh (dpa) - Europas größter Medienkonzern Bertelsmann ist bereit, bis zu 15 Prozent seiner Anteile an der börsennotierten Fernsehsparte RTL Group für einen Zukauf im TV-Geschäft einzusetzen. Das sagten Vorstandschef Hartmut Ostrowski und Finanzvorstand Thomas Rabe am Donnerstag. Bertelsmann werde aber weiter eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 75 Prozent der RTL-Anteile halten, sagte Rabe. Derzeit ist Bertelsmann im Besitz von mehr als 90 Prozent der RTL-Aktien. Im Dezember 2007 hatte das Unternehmen angekündigt, RTL zu 100 Prozent übernehmen zu wollen, diesen Plan aber wegen Rechtsunsicherheiten am RTL-Sitz Luxemburg aufgegeben. RTL ist mit Abstand der größte Umsatz- und Gewinnbringer des Konzerns.

RTL selbst begrüßte die Ankündigung seines Hauptanteileigners. "Wenn wir eine größere Chance sehen, die mit unserer Strategie übereinstimmt und Werte für unsere Eigner schafft, dann sind wir gerüstet, sie zu nutzen", sagte am Donnerstag ein RTL-Sprecher auf Nachfrage. Das enthalte auch die Möglichkeit, in RTL-Aktien zu bezahlen. Es müsse aber das "richtige Ziel, zum richtigen Preis zur richtigen Zeit" sein. Derzeit gebe es keine konkreten Optionen. Ein Einstieg bei der britischen Sendergruppe ITV sei "Spekulation", sagte Bertelsmann-Finanzvorstand Thomas Rabe.

Bertelsmann hatte im ersten Halbjahr 2008 - nach dem Amtsantritt des neuen Vorstandsvorsitzenden Hartmut Ostrowski, die Zusammensetzung des Konzerns deutlich verändert. Neben der Musiksparte Bertelsmann Music Group (BMG) wurden auch die Clubgeschäfte in Nordamerika verkauft. Nach Rabes Angaben hat Bertelsmann seinen Schuldenstand von bisher 7,4 Milliarden Euro um rund eine Milliarde Euro gemindert.

Ostrowski kündigte am Donnerstag an, Bertelsmann werde sich nun neuen Wachstumspotenzialen widmen und nannte erneut den Bildungsbereich als mögliche Option eines Zukaufs. "Wir sind aber überhaupt nicht unter Zeitdruck", sagte Ostrowski. Er bestätigte auch Interesse der Zeitschriftensparte Gruner + Jahr an dem Fachzeitschriften-Verlag Reed Business Information. Gruner + Jahr habe ein nicht bindendes Angebot abgegeben. Über die Höhe machte er keine Angaben.

Im ersten Halbjahr 2008 hatte Bertelsmann beim Umsatz und beim operativen Gewinn vor allem wegen konjunktureller Probleme in vielen Ländern sowie aufgrund von Wechselkursverlusten Einbußen beim Umsatz und beim operativen Ergebnis verbucht. Der Umsatz auf Basis der fortgeführten Geschäfte sank von 7,73 auf 7,64 Milliarden Euro, das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen von 739 auf 681 Millionen Euro. Mit Ausnahme der Druck- und Dienstleistungssparte Arvato hatten alle Bereiche eingebüßt. Wegen im Vorjahreszeitraum angefallener Wertberichtigungen, Kartellstrafen und eines teuren Vergleichs im Streit um die Musiktauschbörse Napster, die 2008 nicht mehr zu Buche schlugen, stieg der Konzerngewinn in der ersten Hälfte 2008 deutlich von 51 auf 372 Millionen Euro.

Bertelsmann, dessen Dienstleistungssparte Arvato einer der größten Betreiber von Call-Centern in Deutschland ist, hat die Bundespolitik zum Handeln im Skandal um illegalen Datenverkauf aufgefordert. Der Gesetzgeber müsse die Gesetzgebung an die neuen technischen Möglichkeiten des Internets anpassen, sagte Ostrowski. Er verlangte, "schwarze Schafe in der Branche konsequent" zu verfolgen. Bertelsmann ist über seine Tochterfirma BC Bonus Club in den Datenskandal verwickelt, sieht sich selbst aber als Opfer unseriöser Subunternehmer.