Vermischtes
dpa - Deutsche Presseagentur GmbH

Beschwerde von türkischen Journalisten nimmt in Straßburg erste Hürde

Zuletzt waren die Hoffnungen auf ein baldiges Urteil aus Straßburg zum Putschversuch in der Türkei gestiegen. Mit den Beschwerden von Journalisten geht es nun tatsächlich voran, aus dem Staatsdienst Entlassene müssen dagegen noch eine Weile warten.

Straßburg (dpa) − Eine erste Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Zusammenhang mit dem Putschversuch in der Türkei hat eine wichtige Hürde genommen. Die Straßburger Richter übermittelten der türkischen Regierung am Montag Fragen zur Beschwerde von zehn inhaftierten Journalisten der Zeitung „Cumhuriyet“. Ankara hat bis zum 2. Oktober Zeit für eine Antwort. Eine solche Bitte um Stellungnahme ist in der Regel Voraussetzung für ein inhaltliches Urteil. (Beschwerde-Nr. 23199/17)


Es ist das erste Mal, dass sich der Gerichtshof zu einer Klage von Medienvertretern im Zusammenhang mit dem Putschversuch äußert. Auch der in der Türkei inhaftierte deutsch-türkische „Welt“-Journalist Deniz Yücel hat sich an den Menschenrechtsgerichtshof gewandt.

 

Erst am Vormittag hatte der Gerichtshof erneut eine Beschwerde als unzulässig abgewiesen. Geklagt hatte ein Lehrer, der aufgrund eines Notstandsdekrets entlassen worden war. Er muss sich nun zunächst vor einer neu eingerichteten Kommission in der Türkei gegen seine Entlassung wehren. (Beschwerde-Nr. 70478/16)

 

Es sei an den Betroffenen, die Grenzen des neuen Rechtsmittels zur Überprüfung von Entlassungen zu testen, argumentierten die Straßburger Richter. Der Gerichtshof habe keinen Grund zur Annahme, dass das neue Rechtsmittel den Beschwerden des Klägers nicht angemessenen abhelfen könne. „Oder dass es keine vernünftigen Erfolgschancen bietet.“

 

Entscheidungen der Kommission sollen von den Verwaltungsgerichten und schließlich vom Verfassungsgericht kontrolliert werden können. Erst dann will das Menschenrechtsgericht Klagen gegen Entlassungen nach dem Putschversuch inhaltlich prüfen. Bisher hat die im Januar eingerichtete Kommission ihre Arbeit allerdings nicht aufgenommen.

 

Die zehn Journalisten müssen nun möglicherweise ein Urteil des türkischen Verfassungsgerichts über ihre Inhaftierung nicht abwarten.

 

Insgesamt waren in Straßburg bis Ende Mai 17 630 Beschwerden im Zusammenhang mit dem Putschversuch eingegangen. Dabei geht es neben Inhaftierungen, vor allem um Entlassungen. Seit der Niederschlagung des Putsches wurden Zehntausende Menschen inhaftiert und rund 100 000 Staatsbedienstete entlassen.

 

Für den Putschversuch vom Juli vergangenen Jahres macht die türkische Regierung den im Exil in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen verantwortlich. Unterstützer oder vermeintliche Anhänger Gülens werden seither von der Türkei verfolgt.